Ein Maerchenprinz aus dem Orient
Trost.
Bethanne lief in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Dann warf sie sich aufs Bett und blinzelte die Tränen weg. Bloà nicht weinen. Doch der Kummer lieà sich nicht einfach verdrängen. Rashid war so wütend gewesen. Warum? Er hatte doch von Anfang an gewusst, dass sie ihren Vater suchte. Hätte sie ihm nur nicht ihre Liebe gestanden. Er lieà keine Gefühle an sich heran. Vermutlich lachte er sie nun aus.
Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher als Rashids Liebe. Sie hätte sich ebenso gut die Sterne vom Himmel wünschen können.
Einige Zeit später betrat Minnah das Zimmer und überbrachte Bethanne die Nachricht, dass der Scheich am nächsten Morgen um sechs Uhr nach Marokko fliegen wolle.
Bethanne war sich bewusst, dass ihr Aufenthalt in Quishari damit zu Ende ging. Sie würde Rashid zu dem wichtigen Treffen bringen und nach ihrer gemeinsamen Rückkehr die Villa verlassen.
Sie begann zu packen und achtete darauf, nur die Sachen mitzunehmen, die sie sich selbst gekauft hatte. Noch einmal lieà sie die Hand über die eleganten Kleider im Schrank gleiten. Wie eine Prinzessin hatte sie sich gefühlt, als sie sie getragen hatte. Nun würden sie vermutlich bei einer Wohltätigkeitsorganisation oder im Müll landen.
Nachdem sie mit ihren Vorbereitungen fertig war, nutzte sie die verbleibende Zeit für einen letzten Spaziergang am Strand. Die körperliche Bewegung half ihr, ihr inneres Gleichgewicht einigermaÃen wiederzuerlangen. Sie dachte darüber nach, wie sie am besten nach Quraim Wadi Samil gelangen konnte. Als sie aufsah, erblickte sie Rashid, dessen Miene sehr ernst war. Ihr Herz begann heftig zu klopfen.
âStimmt etwas nicht?â, fragte sie, als er näher kam.
âMeine Mutter gibt heute ein kleines Abendessen und besteht darauf, dass wir teilnehmen.â Er presste die Lippen zusammen, während seine Augen vor Zorn funkelten.
Damit hatte sie nicht gerechnet.
âSag ihr doch die Wahrheit über uns. Dann erwartet sie nicht mehr, dass wir kommen.â
âDer Minister und seine Frau sind ebenfalls eingeladen. Noch ist der Vertrag nicht unterschrieben. Ich kann also nichts riskieren.â
âNatürlich, der Vertrag. Alles andere ist ja nebensächlich.â
âEs hat sich nichts geändert. Wenn du heute Abend nur ein Wort über die wahre Natur unserer Beziehung fallen lässt, wirst du es bereuen.â
âWas hast du dann vor? Mich zurück nach Amerika schicken? Mich des Landes verweisen? Ich verschwinde sowieso von hier.â Nun ritt sie der Teufel. Er sollte sie begehren. So wie abends am Strand, als er sie leidenschaftlich geküsst hatte. Auch wenn er sie nicht liebte. Ihr Pech war, dass sie ihre Gefühle nicht unter Kontrolle hatte. Sie würde sich jedoch nicht so ohne Weiteres nach Hause verfrachten lassen.
âFordere mich nicht heraus, Bethanne.â
âDu kannst mir etwas bieten, und ich kann dir etwas bieten. SchlieÃen wir ein Geschäft ab.â
âDu hast mir nichts zu bieten.â
âMein Schweigen und mein Schauspieltalent. Soll ich heute Abend in Anwesenheit des Ministers die verliebte Braut spielen oder nicht?â
Er blickte aufs Meer hinaus.
âIm Gegenzug verlange ich einen Flug nach Quraim Wadi Samil. Abgemacht?â
Er schwieg so lange, dass sie befürchtete, er würde ablehnen. Sie hatte alles auf eine Karte gesetzt. Wenn er nicht darauf einging, musste sie das Grab allein finden. Sofern es tatsächlich existierte.
âAbgemacht.â
Die Antwort überraschte sie. Bevor er seine Meinung ändern konnte, streckte sie ihm die Hand entgegen, doch er packte sie bei den Schultern und zog sie an sich, um sie heftig und voller Zorn zu küssen. Dabei bohrte er ihr die Finger in die Schultern. Ehe sie begriff, wie ihr geschah, lieà er sie auch schon wieder los.
âDamit ist es also besiegeltâ, sagte er, drehte sich um und ging schnellen Schritts zurück zur Villa.
âIch hole dich um halb sieben abâ, rief er über die Schulter zurück.
Bethanne fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Lippen. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie wollte von ihm geküsst werden, aber nicht so brutal. Würde sie je vergessen, wie zärtlich sie sich noch vor wenigen Tagen hier an diesem Strand umarmt hatten? Sicher nicht. Kein Mann, dem sie in Zukunft begegnen würde, könnte einem Vergleich mit
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