Ein Maerchenprinz aus dem Orient
niemandem mehr etwas vorspielen. Er brauchte sie nicht mehr.
Seufzend drehte sie sich um und kontrollierte die Kabine. Sie war aufgeräumt und sauber, als hätte sich kein Passagier an Bord befunden.
Ein Mann in Arbeitsklamotten betrat die Maschine und sagte etwas auf Arabisch.
Sie antwortete auf Englisch, woraufhin er den Kopf schüttelte. Also versuchte sie es mit Französisch. Das verstand er. Er wolle den Jet reinigen, erklärte er. Sie gab ihm das Okay, beschloss aber zu bleiben, bis er fertig sein würde, denn sie wusste nicht, was sie nun tun sollte. Sie hatte keine Hotelreservierung. Vielleicht sollte sie einfach hierbleiben und auf dem Sofa die Nacht verbringen. Ausreichend Lebensmittel und Getränke befanden sich im Kühlschrank.
âUnd als ranghöchstes Crewmitglied habe ich das Sagenâ, murmelte sie vor sich hin. Als der Arbeiter schlieÃlich die Maschine verlieÃ, fuhr sie die Treppe ein und schloss die Tür. Dann zog sie eine Zeitschrift hervor und lieà sich aufs Sofa sinken. In weniger als zehn Minuten war sie eingeschlafen.
Rashid checkte im Hotel ein, reservierte ein zweites Zimmer für Bethanne und schickte den Chauffeur zurück, damit er sie holte. Ihm war bewusst, dass er sich kleinlich verhalten hatte, als er sie einfach zurückgelassen hatte, trotzdem war er immer noch wütend. Mehr auf sich selbst als auf sie. Da sie nach der Landung einiges zu erledigen hatte, würde sein Fahrer vermutlich gerade rechtzeitig wieder beim Flugzeug sein.
Rashid suchte sein Zimmer auf, das seinen Erwartungen vollends entsprach. Doch selbst wenn es nicht so gewesen wäre, hätte er es kaum bemerkt. Dann verlieà er das Hotel auf der Suche nach einem vernünftigen Restaurant, wo er ein frühes Abendessen einnehmen und seine Strategie für den kommenden Tag überdenken konnte.
Kurz nach zehn Uhr machte er sich zu Fuà auf den Rückweg. Er hatte in aller Ruhe gegessen und anschlieÃend ein Kaffeehaus aufgesucht, wo er die letzten Details des Vertrags überarbeitet hatte. Jetzt sog er förmlich die Atmosphäre von Marrakesch in sich auf. Als junger Mann hatte er einmal einen Sommerurlaub in der Stadt verbracht, und der Spaziergang lieà Erinnerungen in ihm aufsteigen.
Als er wenig später die Hotellobby auf dem Weg zum Lift durchquerte, sprach ihn der Empfangschef an: âIch habe eine Nachricht für Sie.â
Rashid nahm das gefaltete Blatt Papier entgegen, las es und blieb unvermittelt stehen.
âWann wurde das abgegeben?â, fragte er den Angestellten.
âKurz vor sechs. Die Uhrzeit steht auf der Rückseite.â
Er fluchte leise vor sich hin. Offensichtlich hatte der Chauffeur Bethanne nicht beim Flugzeug angetroffen. Die Tür war geschlossen gewesen, und niemand hatte sie seit der Ankunft gesehen.
Rashid ging zum öffentlichen Telefon, das sich in einer ruhigen Ecke der Lobby befand, um sich einen Leihwagen zu bestellen, doch es war wohl schon zu spät, denn es meldete sich niemand. Er zerknüllte das Papier, ging nach drauÃen und wies den livrierten Türsteher an, ein Taxi anzuhalten.
8. KAPITEL
Wo mochte Bethanne stecken? Sie kannte doch niemanden in Marrakesch. Zumindest wusste Rashid nichts davon. Natürlich hat sie auch ein Privatleben, gestand er sich widerwillig ein. Es war durchaus möglich, dass sie Bekannte in der Stadt hatte, auch wenn sie es ihm gegenüber nicht erwähnt hatte.
Der Taxifahrer reagierte unwillig, als Rashid ihn bat, zu dem abgelegenen Teil des Flugplatzes zu fahren. Doch ein in Aussicht gestelltes extra Trinkgeld überzeugte ihn schlieÃlich. Als er wenig später den Wagen neben den Jet lenkte, näherte sich ein Wachmann mit der Hand an einer Waffe, die in einem Gürtelholster steckte.
âWas machen Sie hier? Sie befinden sich auf Privatgeländeâ, sagte er laut, als Rashid ausstieg.
âDas ist mein Jet. Ich bin Scheich Rashid al Harum und heute Nachmittag hier angekommen.â
âUnd was führt Sie um diese Uhrzeit hierher?â, fragte der Mann noch immer argwöhnisch.
âIch suche meine Pilotin.â
Der Mann sah überrascht aus und blickte sich um. âHier ist niemand auÃer mir, und ich habe auch keine Frau gesehen.â
âIch muss wissen, wo sie hingegangen istâ, erklärte Rashid. âAn wen wendet man sich, wenn es ein Problem gibt?â
âIch werde telefonierenâ, antwortete der
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