Ein Magier in Nöten
»Eure zauberischen Vorspiegelungen sind durchschaut!«
»Ja, Vater«, bemerkte meine belle d’après-midi. »Glaubst du nicht, daß du weit genug gegangen bist?« Sie blickte zu meinem Meister hinüber. »Vater verlangte es so heftig nach der Kontrolle über die neue Reich-Transit-Strecke; er wollte überall im Wald Zollstationen aufbauen und hat seinen einzigen Gefolgsmann für die Dienste von gewissen Wesen aus den Niederhöllen eingetauscht; mit ihrer Hilfe hoffte er, jeden abzuschrecken, der seinen Plänen im Weg stehen sollte.«
Sie wandte sich an den Drachen und sah ihn liebevoll an. »Glücklicherweise war eins dieser Geschöpfe Hubert!«
»Alea! Wie konntest du? Betrogen!« Der Herzog griff nach seinem Herzen. »Meine eigene Tochter!«
»Komm, Vater. Deine Taten sind gefährlich und falsch. Deine Gier wird noch ein Ungeheuer aus dir machen. Ich habe mir große Sorgen über meine Zukunft gemacht, nur mit dir und dieser Burg. Aber jetzt bin ich mir sicher.« Sie warf einen glücklichen Blick auf den Drachen. »Hubert und ich haben uns entschlossen, zur Bühne zu gehen!«
Ihren Vater riß es beinahe von den Beinen.
»Was?«
»Jawohl, mein lieber Herr«, ergänzte Hubert der Drache. »Ich habe bereits einige bescheidene Erfahrungen in diesem Bereich, und als ich mit Eurer Tochter ins Gespräch kam, wußte ich, daß sie genau die Partnerin ist, nach der ich schon immer gesucht habe.«
»Ja, Vater. Ein Leben auf der Bühne. Wieviel besser ist das, als in einer armseligen Burg herumzusitzen und darauf zu warten, daß man von einem linkischen jungen Mann befreit wird.«
Linkisch? Meine Welt zerbrach in Scherben. Der Wunsch, nicht befreit zu werden, war, wenn man die besondere Situation in Rechnung stellte, irgendwie verständlich. Aber mich linkisch zu nennen? Ich senkte meinen Stab und begab mich in Richtung Tür.
»Warte!« rief meine geheime Geliebte mir hinterher. Ich fuhr herum. Vielleicht hatte sie ihre harten Worte überdacht. Unsere langen gemeinsamen Nachmittage bedeuteten ihr also doch etwas!
»Du hast unsere Show noch nicht gesehen!« rief sie aus. »Leg den Takt vor, Drache!«
Sie begann hin und her zu tanzen, während der Drache mit seinem Schwanz den Takt dazu schlug. Dann sangen sie im Duett:
Wir machen Reklame
Für Drache und Dame,
Das beste Duo weit und breit.
Uns’re Fans werden rasen,
Sie klatschen sich Blasen
Für ein Reptil und seine süße Maid!
Der Drache blies Rauchringe am Ende jeder Zeile und kleinere Feuerstöße am Ende jeder Strophe. Sechs weitere Strophen folgten, die im Inhalt der ersten nicht unähnlich waren. Dann beendeten sie den gesanglichen Teil ihres Vortrags und gingen dazu über, zu zweit über das Parkett zu schieben.
Ihr Gespräch war dem Rhythmus angepaßt.
»Hey, Drache! Es tut gut, wieder ein Publikum zu haben.«
»Wie Ihr sagt, Fräulein. Ich bin schon ganz heiß!«
Sie hielten inne.
»Wie schön ist es in Burg Gurnish! Was könntet Ihr Euch mehr wünschen, mein Fräulein, als diesen sonnigen Tag!«
»Ich weiß nicht, Drache. Mit einem strahlenden Ritter wäre mir wahrscheinlich schon gedient.«
Sie machten eine zweite Pause.
»Liebe zwischen Reptilien kann ein ziemliches Problem werden.«
»Warum, Drache?«
»Wenn ich eine hübsche Drachin sehe, bringt das meine Schuppen total durcheinander!«
Und wieder begannen sie zu singen.
Wir machen Reklame
Für Drache und Dame –
»Ich halte es nicht mehr aus!« schrie der Herzog. »Schlabberjahn! Grimmzahn! Freßt sie alle auf, Trolle!«
Eine Geheimtür öffnete sich in einer Ecke des Fußbodens. Die Trolle betraten die Szene.
»Schnell, Wunt!« rief Ebenezum. »Aus dem Weg!« Doch bevor er auch nur mit dem Zauberspruch beginnen konnte, wurde er von einem unwiderstehlichen Niesanfall heimgesucht.
Die Trolle torkelten auf uns zu. Ich hieb einem den Stab über den Schädel. Der Stab brach entzwei.
»Sabber!« äußerte sich der Troll lautstark.
»Brrüüüll!« kam es aus der anderen Ecke der Halle. Der Drache stand, soweit die Ausmaße der Großen Halle das zuließen, aufrecht. Mit ausgesuchter Sorgfalt richtete er einen Flammenstoß auf jedes Trollhinterteil.
»Kein Sabber! Kein Schlabber!« befanden die Trolle und entschwanden durch die Geheimtür.
»Danke«, sagte Ebenezum, nachdem er sich die Nase geputzt hatte. »Das war sehr aufmerksam von dir.«
»Nicht der Rede wert«, erwiderte der Drache höflich. »Ich opfere niemals mein Publikum.«
»Und schließlich brachte
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