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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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der andere endlich in die Steckdose unterm Lichtschalter greift. Auf dem rechten Tisch lag ein Stapel Tageszeitungen, auf dem linken stand das Foto einer Familie am Schießstand.
    Der jüngere nickte mir zu und sagte »Tag«.
    »Tag. Kommissar Höttges?«
    Er wies mit der Hand auf sein Gegenüber, das mit entschiedener Bewegung einen Ordner zuklappte. Sein hageres, dünnlippiges, mit kantigen Kinn-  und Backenknochen versehenes Gesicht wandte sich mir zu. Einen Moment schien er zu prüfen, ob er mich gleich rausschmeißen oder erst meine Dummheiten anhören sollte.
    »Was gibt’s?«
    »Mein Name ist Kayankaya, Privatdetektiv. Ich wollte fragen, ob etwas über eine Paßfälscherbande bekannt ist, die gezielt abgelehnten Asylbewerbern und Illegalen ihre Dienste anbietet?«
    »Gezielt?« Seine kalten grauen Augen ruhten auf meinen. »Wie soll das gehen?«
    »Indem man sich zum Beispiel bei Flüchtlingsorganisationen über die aktuellen Härtefälle informiert.«
    »Und warum interessiert Sie das?«
    »Ich suche eine Frau, die auf das Angebot eingegangen ist.«
    »Der Name?«
    »Erika Mustermann.«
    Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Inspektor Klaase, der amüsiert herüberschaute. Höttges verzog keine Miene.
    »Sehr komisch.«
    »Kaum mehr als Ihre Frage.«
    »So eine Bande gibt es nicht.«
    »Sie meinen, Sie haben keine Ahnung?«
    Er schloß den Mund, als wollte er ihn bis zum Feierabend nicht mehr öffnen, und sah auf seine über dem Tisch gefalteten Hände. Die Daumen tippten gegeneinander.
    »… nein, das meine ich nicht.«
    »Na, schön. Aber vielleicht haben Sie in letzter Zeit einen verstärkten Umlauf falscher Papiere registriert oder einen Hinweis erhalten auf einen Ort oder eine Werkstatt, wo sich regelmäßig und ohne erkennbaren Grund Nichtdeutsche einfinden - in so was ist die Bevölkerung doch groß.«
    Höttges antwortete nicht, und eine Weile war nur das gedämpfte Schreibmaschinenklappern vom Nebenbüro zu hören. Gerade als ich beschloß, den Besuch zu beenden, räusperte sich der Inspektor und bemerkte mit aller Vorsicht: »Da war doch diese Sache mit Gellersheim…«
    Höttges Blick traf ihn wie der Blitz, und ohne den Inspektor aus den Augen zu lassen, nahm Höttges die Arme vom Tisch, stützte eine Hand auf die Lehne und zupfte sich mit der anderen am Ohrläppchen. Ich hätte nicht geglaubt, daß so eine Angewohnheit etwas derart Bedrohliches haben könnte.
    »Haben Sie nichts zu tun, Klaase?«
    »Aber Chef, ich…«
    »Kommissar!«
    Einen Moment ließ der Inspektor den Mund offen, seufzte dann, langte nach einer Akte und vergrub sich im Sessel.
    »Und was Sie betrifft, Herr…«
    »Kayankaya.«
    »… Ihre Besuchszeit ist beendet.« Ich nickte. »Schon kapiert.«
    Mit einem Blick über den Aktenrand drückte mir Inspektor Klaase sein Mitgefühl aus. Ich zwinkerte ihm zu, zog zwei Visitenkarten aus der Tasche und steckte jedem eine an die Schreibtischlampe, »… falls Sie irgendwann bessere Laune haben und sich sagen, Mensch, dieser nette Kerl von heute morgen, den müssen wir unbedingt noch…«
    »Raus!«

6
    Schon von weitem sah ich, wie der inzwischen wieder aufgekommene Regen in meine Wohnung platterte. Ich mußte am Morgen vergessen haben, die Fenster zu schließen. Eilig parkte ich den Wagen, rannte über die Straße und stieß die Haustür auf. Wie so oft, trat im selben Moment der Gemüsehändler vom Erdgeschoß aus seiner Wohnung am Flurende. Um dem üblichen Gekeife wegen zu lautem Radio, Dreck neben der Mülltonne oder Duschen nach zweiundzwanzig Uhr zu entkommen, beeilte ich mich, die Treppe zu erreichen. Doch vor dem rettenden Absatz sauste er hinter mir um die Ecke und rief zum ersten Mal in unserer gemeinsamen Leidensgeschichte ein freundliches »Guten Morgen, Herr Kayankaya!«. Fast wäre ich der Länge nach hingeknallt. Langsam drehte ich mich um und musterte ihn skeptisch.
    »Geht’s Ihnen nicht gut?«
    »Ganz im Gegenteil…« Mit hastigen Schrittchen, die Hände ineinander wurschtelnd, kam er die Treppe herauf.
    »… ich wollte Sie nur um einen kleinen Gefallen bitten.« Ich überlegte, ob man ihm was in den Kaffee getan hatte.
    »Jetzt machen Sie mal halblang. So ’ne Wörter kennen Sie doch gar nicht.«
    »Aber, Herr Kayankaya…« Er lächelte versöhnlich. »…
    vergessen wir doch die alten Geschichten.«
    »Tun wir nicht. Außerdem läuft meine Wohnung über.«
    »Nur einen Augenblick noch!«
    Er machte einen Schritt, daß wir auf gleicher Stufe standen und ich

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