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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Haar und dem Tick, den Kopf beim Sprechen immer leicht zur Seite zu rucken, als säße ihm eine Fliege im Gesicht. Er trug einen grauen Dreiteiler. Aus der Weste hing eine silberne Uhrkette, und um den Kragen war eine dunkelblaue Seidenkrawatte gebunden. Die Arme verschränkt, den rechten Fuß leicht vorgeschoben, im Gesicht den Ausdruck gelassener Kampfbereitschaft, wirkte er gegen den rotbraunen Hintergrund der Bücherwand wie ein etwas zu kurz geratenes Herrscherportrait - Eberhard Schmitz, der König vom Bahnhofsviertel.
    Ich zeigte unbeholfen Richtung Buch, »… hab gelesen - sehr spannend…«, und nickte dabei.
    Er lächelte. Dann ging er um den Tisch herum, setzte sich mir gegenüber und zog ein silbernes Etui aus der Westentasche. Mit dezentem Klick öffnete sich der Verschluß, und er hielt mir eine Sammlung verschiedener Zigarettenmarken entgegen. »Möchten Sie?«
    Das Kopfrucken hatte bei ihm etwas geradezu Respekteinflößendes. Ich entschied mich für eine Filterlose, deren Namen ich nicht kannte. Während der folgenden Prozedur, in der er selbst eine Zigarette wählte, sie festklopfte, mir Feuer gab, sich Feuer nahm und das Feuerzeug wegsteckte, ließen mich seine gelben Augen keine Sekunde los. Schließlich nahm er die Zigarette aus dem Mund und bemerkte mit kurzem Blick auf das Buch: »Es freut mich, daß Gärtner noch was anderes als Rasenmähen im Kopf haben.«
    »Tja…«, wieder nickte ich, »… das Problem ist nur, ich kann nicht beurteilen, ob Gärtner noch was anderes im Kopf haben.«
    »Sie wollen sagen, mit Gärtnern haben Sie soviel gemeinsam wie ich mit jemand, der keine Konsequenzen zieht, wenn Fremde sich unerlaubt auf seinem Grund und Boden aufhalten?«
    »So in etwa. Wenn ich auch nicht weiß, wen Sie meinen.«
    »Ich meine Sie.«
    »Ich darf also davon ausgehen, daß die Leute, deren Spuren ich in Gellersheim gefunden habe, für Sie keine Fremden waren, sondern mit Ihrem Wissen einquartiert wurden?«
    Pause. Er streifte Asche ab, lehnte sich zurück und fuhr mit der Hand über die Tischkante, als wollte er ihre Schärfe prüfen.
    »… wer sind Sie?«
    »Kemal Kayankaya, Privatdetektiv.«
    »Privatdetektiv…« Er nahm einen Zug und verschwand einen Augenblick hinter Nebel. »Das sind doch diese schmutzigen Subjekte, die ihr Geld vorwiegend mit Erpressung verdienen.«
    »Gauner gibt’s überall. Das ist bei Privatdetektiven nicht anders als bei Hausbesitzern. Sogar bei der Heilsarmee habe ich gesehen, wie sich jemand die Sammelbüchse in die eigene Tasche…«
    Ungeduldig schnitt er mir das Wort ab. »Kommen wir zur Sache!«
    Ich drückte die Zigarette aus, dann holte ich die protzige Uhr aus der Tasche und schob sie über den Tisch.
    »Das war an dem Toten in Ihrem Haus. Außerdem stand für’n halbes Regiment Suppe rum. Sagen Sie mir, wo die Leute hin sind, und ich lasse Ihnen Zeit, die Leiche wegzuschaffen.«
    Nachdem er die Uhr von allen Seiten in Augenschein genommen hatte, legte er sie sorgfältig zurück und schüttelte den Kopf.
    »Das Haus steht seit drei Jahren leer. Nur der Gärtner besitzt einen Schlüssel.«
    »Bei Ihrem Sekretär hat das anders geklungen.«
    »Das muß ein Mißverständnis gewesen sein.«
    »Und der Tote?«
    Er betonte jedes Wort einzeln: »Auch das war ein Mißverständnis.«
    »Von mir aus. Dann gehe ich jetzt zur Polizei, um sämtliche Mißverständnisse zu klären.«
    Ich langte nach der Uhr, aber er war schneller, »… die bleibt hier.«
    »Finden Sie die so schön? Ich kann Ihnen verraten, wo’s die gibt, und gar nicht teuer.«
    Ohne mich zu beachten, ließ er die Uhr in der Innentasche seines Jacketts verschwinden und zog statt dessen ein Scheckheft heraus. »Sie werden nicht zur Polizei gehen. Ich kann im Moment keine Publicity - sei sie auch noch so weit hergeholt - gebrauchen.« Während sein Zigarettenstummel im Aschenbecher verglühte und ich überlegte, ob er mich wohl so einfach wieder gehen lassen würde, schrieb er einen Scheck über zwanzigtausend Mark aus.
    Als ich das Papier in den Händen hielt, fiel mir die Kinnlade runter. »Donnerwetter! Muß aber ’n großes Mißverständnis sein.«
    Er bedachte mich mit einem leichten Lächeln, verstaute Füllfederhalter und Scheckheft, schob sich vom Tisch ab und stand auf. »Ich bin solche Sachen gewohnt und weiß, daß ich mir mit ein paar Pfennigen viel Ärger ersparen kann. Pfennige - verstehen Sie?«
    Ich nickte, »Klar, Pfennige«, und faltete das Papier zusammen. Er wartete, bis

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