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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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Fahrpreis beteiligen…« Anscheinend war die Party zu Ende.
    Ich warf einen Blick an ihr vorbei zur Schmitz-Villa. Als erstes sah ich den silbernen Toyota-Jeep in der Einfahrt, dann Licht im Erdgeschoß. Ich entriegelte die Tür, während meine neue Bekanntschaft zufrieden »Vieln Dank« lallte, und sprang auf die Straße.
    »Tut mir leid. Wird besser sein, Sie suchen sich’n Taxi.« Dann spurtete ich los. Es war hundekalt, und Nieselregen schlug mir ins Gesicht. Über das Gatter der Personalauffahrt und den Alarmdraht, von Baum zu Baum und an der Terrasse vorbei, gelangte ich mit Kletterpartie und Laufschritt zur Schiebetür. Der Rolladen war heruntergelassen, und außer Lichtfäden war nichts zu sehen. Ich legte das Ohr an. Von irgendwoher kam leises Tab-tab. Nach zwei, drei Minuten kam das Tab-tab näher, drehte vor mir einen Kreis, hörte auf, und es rummste. Dann passierte lange nichts, bis eine gedämpfte Stimme sagte: »Hallo?… Ja, hab alles durchsucht.… Keine Spur. Muß’n Witz gewesen sein.… Soll ich noch mal hoch zum Sportplatz? Vielleicht wissen die was… Das Geschirr?! Bin doch keine Putzfrau. Außerdem ist das Mannes Arbeit.… Unsinn. Der wird schon wieder auftauchen.… Okay, okay, aber das laß ich mir von Manne bezahlen. Bis später.«
    Kurz darauf setzte das Tab-tab wieder ein, wurde leiser und verschwand. Ich richtete mich auf. Es gab zwei Möglichkeiten. Erstens, ich würde mit der Beretta in den Keller gehen und den Mann zu der Stimme zwingen, mich zu den Flüchtlingen zu bringen - aber dann hätte er mich gesehen, und auch wenn ich nicht gerade vor Angst zitterte, so nahm ich Schmitz’ Warnung doch ernst. Je weniger Kontakt mit seinen Leuten, desto besser. Also die zweite Möglichkeit. Schließlich wollte ich keine Stadt hochgehen lassen, sondern eine Frau finden.
    Ich schlich zum Opel zurück. Inzwischen war es fast hell.
    Der Motor verstummte. Auf der Rückbank schlief der Partyengel. Ich zog die Decke unter dem Beifahrersitz vor, lehnte mich nach hinten und deckte sie zu. Ihre Züge hatten sich geglättet, und mit fast zufriedenem Ausdruck lag sie zusammengerollt in der Landschaft aus herausgeplatztem Schaumstoff, Zeitungen, Wasserflaschen und einem Ölkanister. Sie gehörte zu der Sorte kühler Schönheiten, die früher in jedem zweiten Film zu bewundern waren und an deren Stelle heute sogenannte Charaktergesichter getreten sind. Die Wimpern breiteten sich wie Fächer über die Wangen, und um ihren Hals lag eine Perlenkette. Ich hätte nichts dagegen gehabt, sie nach Frankfurt mitzunehmen. Ich hatte auch nichts dagegen, daß sie in meinem Auto schlief. Ehe ich auf die Idee kam, etwas dagegen zu haben, in den naßkalten Morgen hinaus zu müssen, setzte ich mich zurück, nippte am Whisky und stieg aus.
    ›1. FC Gellersheim‹ stand in abgeblätterter roter Farbe am Vereinshäuschen. Eisenstäbe sicherten das Fenster des kleinen verstaubten Lokals mit einem Haufen billiger Pokale an der Wand. Ich drehte mich um und sah über das leere Spielfeld. Verrottete Holzbänke lagen umgestürzt auf den Seitenauslinien, die Eckfahnen waren abgebrochen, und ein zerrissenes Tornetz schwang im Wind. Grasbüschel erinnerten an einen Rasenplatz. Ich kickte eine leere Bierflasche über den Sand und ließ den Blick durch den umliegenden Wald schweifen. Bis auf ein kaum wahrnehmbares Brummen war kein Laut zu hören. Ich schob das Brummen auf meinen Kopf, überquerte den Strafraum und lief einen moddrigen Weg entlang. Bald waren rechts und links nur noch Bäume. Durch die Kronen drang kaum Licht. Ein menschenleeres, ästeknackendes Halbdunkel. Ich entschied, mit dem Sportplatz die schlechtere Möglichkeit gewählt zu haben und kehrte um. Diesmal passierte ich das Vereinshäuschen auf der Rückseite. Eine verfallene Umkleidekabine schloß sich an. Das Dach war zur Hälfte eingestürzt, und unter den Fensterhöhlen glitzerten Scherbenhaufen. Ich stutzte. Kein Kopf der Welt konnte so laut brummen. Was hier brummte, war ein Generator. Ich fand ihn hinter der Kabine unter einem Bretterdach. Wen oder was belieferte er mit Strom? Das Flutlicht, das es nicht gab? Oder die neben der Vereinstheke aufgeklappte Kühltruhe, die leer stand?
    Ich lief zurück zum Spielfeld, setzte mich auf die Kante einer umgestürzten Bank und nahm eine Zigarette. Als ich sie zur Hälfte geraucht hatte, flammten, etwa dreißig Meter in den Wald rein, zwei Scheinwerfer auf. Ich duckte mich.
    Der silberne Toyota-Jeep stand vor einer

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