Ein Mann für alle Fälle
er wirklich.“
Ein Punkt für Gio, dachte Mitch und wehrte sich gleich darauf gegen diesen Gedanken. An Gio Donatello konnte man nichts gut finden. Zurück zu Harold. „Und Armand erlaubte Harold zu bleiben?“
Mae nickte. „Gio bezahlte ihm ja damals sein Gehalt. Deshalb störte es Armand nicht weiter - im Gegenteil, er hatte einen Butler umsonst. Und dann verliebten sich Harold und June ineinander, was für mich sehr schön war, denn nun hatte ich wieder richtige Eltern wie andere Kinder auch. Können wir jetzt endlich zu dem Tagebuch kommen?“
„Das erklärt aber noch nicht, warum Armand Sie noch immer hier wohnen ließ, auch als Sie bereits erwachsen waren.“ Mitch stand ihr in punkto Sturheit in nichts nach. „Vielleicht hing er ja doch an Ihnen und …“ Er hielt inne, weil sie nachdrücklich den Kopf schüttelte.
„An dem Tag, an dem ich ausgezogen wäre, hätten Harold und June das Haus ebenfalls verlassen.“ Sie machte sich über das nächste Stück Käse her. „Und er wollte sie nicht verlieren. Ich hätte es mir finanziell nicht leisten können, Harold und June zu unterstützen, und es wäre mehr als unwahrscheinlich gewesen, dass die beiden zusammen in einem anderen Haushalt eine Stelle gefunden hätten. Die beiden brauchen ein richtiges Zuhause.“
„Und Sie fühlen sich verantwortlich für sie?“
„Selbstverständlich“, betonte Mae. „Schließlich haben sie mich großgezogen. Ich schulde ihnen etwas.“
„Aha.“ Mitch nahm sich ein zweites Sandwich. „Irgendwie macht das alles für mich noch keinen Sinn. Warum wollten June und Harold nicht ohne Sie weiterhin bei Armand bleiben?“
„Weil sie ihn hassten.“ Mae warf ihm einen warnenden Blick zu. „Aber geben Sie sich keinen Illusionen hin. Sie hassten ihn nicht genug, um ihn umzubringen.“ Sie trank einen Schluck Milch und fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, um sich den weißen Milchschnurrbart abzulecken. Mitch vergaß für einen Augenblick all seine Fragen. Sie streckte die Hand aus und nahm sich einen Schokoladenkeks. „Jetzt also zum Tagebuch …“
„Sie können doch nicht mit dem Kuchen anfangen, bevor Sie mit Ihrem Sandwich fertig sind, Mabel.“ Mitch rückte den Kuchenteller außer Reichweite.
„Ich kann alles, was ich will.“ Mae beugte sich über den Tisch, um den Teller wieder näher zu sich heranzuziehen, doch Mitch war schneller und hielt ihn fest. Als sie beide daran zerrten, fiel Mitchs Sandwich zu Boden, wo Bob sich sofort höchst erfreut darüber hermachte und es hinunterschlang. Seine Gier brachte ihm einen heftigen Schluckauf ein. Mae klopfte ihm auf den Rücken, bis er sich wieder beruhigt hatte und sich erschöpft auf ihren Füßen zur Ruhe bettete.
Mitch schüttelte besorgt den Kopf. „Ist er okay?“
„Ja.“ Mae schaute liebevoll zu dem Hund hinunter. „Er ist zwar beschränkt, aber okay. Also los, gönnen Sie sich ruhig noch ein Sandwich.“
Mitch bediente sich. „Und warum wollen Sie unbedingt dieses angeblich verschwundene Tagebuch finden?“
„Weil der, der es an sich gebracht hat, meinen Onkel ermordet hat. Ich will nur der Gerechtigkeit zu ihrem Sieg verhelfen“, erwiderte Mae unschuldig, während sie sich noch einen Keks schnappte.
„Aha. Weil Sie ihn so sehr geliebt haben.“
„Das ist doch gar nicht der Punkt. Der Punkt ist …“
„Dass Sie das Tagebuch wollen. Ich weiß, ich weiß.“ Mitch legte sein angebissenes Sandwich auf seinen Teller. „Die Beerdigung findet übermorgen statt?“
Mae nickte.
„Werden viele Leute da sein?“
Sie zuckte die Schultern. „Einige Geschäftspartner, die Familie …“
„Stormy?“
„Richtig. Und wahrscheinlich noch ein paar seiner Exfreundinnen … Oh Gott!“ Mae, die gerade nach dem nächsten Schokokeks greifen wollte, hielt mitten in der Bewegung inne. „Barbara!“
„Barbara?“
„Barbara Ross. Sie hatte auch was mit Onkel Armand. Sie schwimmt in Geld.“ Mae sah plötzlich ganz elend aus. „Himmel, sie wird Stormy treffen! Arme Stormy, erst stirbt ihr Armand buchstäblich unter den Händen weg, und jetzt auch noch das. Es wird schrecklich werden. Für sie ist es eine furchtbare Katastrophe. Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen.“
„Wo wohnt Stormy?“
„Armand hat noch ein Haus ein paar Meilen von hier. Früher hat sie dort gewohnt, aber ich nehme an, dass sie mittlerweile ausgezogen ist.“
„Besitzen Sie einen Schlüssel?“
Mae nickte. „Harold hat einen. Er war gestern dort
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