Ein Mann für alle Fälle
…“
„Nein“, unterbrach Mitch sie so scharf, dass Mae verdutzt den Kopf hob. „Gehen Sie, und zwar sofort.“
Barbara öffnete den Mund und holte tief Luft, dann schnappte sie sich ihre Handtasche, warf Mitch einen bitterbösen Blick zu und stöckelte aus der Bibliothek. Der Notar folgte ihr so eilig, dass er fast mit ihr zusammengeprallt wäre.
„Die Hälfte des Hauses und die Hälfte dessen, was drin ist.“ Mae schüttelte immer wieder den Kopf und schluckte. „Das ist nicht genug. Das reicht vielleicht für fünf Jahre, aber nicht für den Rest ihres Lebens. June und Harold brauchen eine Leibrente. Ich muss einen Weg finden …“
Mitch setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. „Wir werden einen Weg finden. Morgen.“
Er drückte ihren Arm, und sie legte kurz den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Einen Moment später jedoch stand sie auf, und er erhob sich ebenfalls.
Zeit zu gehen. Lust dazu hatte er allerdings überhaupt nicht.
6. KAPITEL
I ch möchte Hummer, bitte.“ Stormy strahlte den Kellner an, und der strahlte beglückt zurück. „Ich liebe Hummer.“
Sie saßen im „Levee“, und Mae hatte mit Blick auf die Speisekarte resigniert feststellen müssen, dass selbst der bescheidene Salat, den sie sich bestellt hatte, ein großes Loch in ihren schmalen Geldbeutel reißen würde.
„Armand ist nicht so oft mit mir hierher gekommen.“ Stormys Gesicht verdunkelte sich, und ihre vorhin noch leuchtenden Augen füllten sich mit Tränen. „Er war lieber zu Hause.“
Weil er geizig war, dachte Mae, aber natürlich sagte sie es nicht. Alles, was sie sagen konnte, war: „Das muss aber schön gewesen sein.“
„Mir gefällt es hier besser.“ Während Stormy sich umsah, lächelte sie bereits wieder. „Dalton hat mich diese Woche schon dreimal ins ‚Levee‘ ausgeführt.“
„Ach, Sie treffen sich mit Dalton“, tat Mae interessiert, froh darüber, sich einem anderen Gesprächsgegenstand als Armand zuwenden zu können. So würde sie zumindest von Stormys Tränen verschont bleiben. „Wie nett.“
Stormy lehnte sich leicht über den Tisch. „Es macht Ihnen doch hoffentlich nichts aus, nein?“
„Was? Dass Sie sich mit Dalton verabreden? Oh nein, keineswegs. Tun Sie sich bloß keinen Zwang an.“
„Nun, er ist immerhin Ihr Exmann. Ich dachte, vielleicht …
Sie haben meinen Segen, wirklich“, gab Mae mit Bestimmtheit zurück. „Dalton ist definitiv raus aus meinem Leben.“
Stormy stützte den Ellbogen auf und sah Mae nachdenklich an. „Und was ist mit Mitch?“
„Mit Mitch?“, wiederholte Mae, der die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, gar nicht behagte.
„Gehen Sie mit ihm aus?“
„Nein.“ Mae nahm ein Stück Weißbrot aus dem Brotkorb und biss hinein. „Ich habe ihn engagiert“, sagte sie und schluckte. „Das ist alles.“
„Ich dachte ja nur. Er ist wirklich sehr sexy“, meinte Stormy. „Dabei könnte ich gar nicht sagen, warum. Eigentlich sieht er gar nicht so gut aus - zumindest nicht so gut wie Dalton, aber er hat irgendetwas …“
„Dann treffen Sie sich doch mit beiden und nehmen sich von jedem das, was Ihnen am besten gefällt.“ Mae bemühte sich, sich ihre Verärgerung nicht anmerken zu lassen. Im Grunde genommen war es doch nur zu begrüßen, wenn Stormy einen Blick auf Mitch geworfen hatte. Das würde ihn mit Sicherheit nicht kalt lassen, und es würde bestimmt nicht lange dauern, bis er anbiss. Das wiederum bewahrte sie, Mae, davor, etwas zu tun, was sie hinterher bestimmt bereuen würde. „Von mir aus können Sie ihn gern haben“, fügte sie hinzu und zermalmte einen weiteren Bissen des knusprigen Weißbrots zwischen den Zähnen.
„Nun, ich weiß nicht recht. Natürlich treffe ich mich auch noch mit anderen Männern. Gerade gestern habe ich …“ Stormy hielt inne und wartete, bis der Kellner ihre Salate serviert hatte. „Vielen Dank.“
Ihr Lächeln war wirklich hinreißend. Der Kellner starrte sie verzückt an. Stormy bedachte ihn mit einem unschuldigen Augenaufschlag.
Mitch hatte keine Chance. Er würde ihr verfallen wie schon unzählige andere seiner Geschlechtsgenossen vor ihm. Mae seufzte und stieß die Gabel in ihren Salat.
„Aber keiner ist so wie Armand“, sagte Stormy traurig, und Mae widerstand der Versuchung, Stormy darauf hinzuweisen, dass diese Tatsache ein eindeutiges Plus war. „Immer fragen mich alle, was ich will. Armand hat mir gesagt, was ich tun soll. Das hat mir viel
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