Ein Mann für alle Sinne - Roberts, N: Mann für alle Sinne
ihnen nie gegeben, als hätte das spontane Verstehen zwischen ihnen nie existiert. Man sollte meinen, sie würde ihn nicht mit der gleichen Intensität begehren, mit der er sie begehrte.
Doch er wusste es besser. Oder nicht?
Ihre willige, rückhaltlose Reaktion auf ihn war ihm nur allzu gut in Erinnerung geblieben. Mund an Mund, Körper an Körper. Gleichgültigkeit hatte es nicht gegeben, als sie die Arme um ihn geschlungen hatte. Nein, nur Stärke, Anschmiegsamkeit, Nachgiebigkeit, Verlangen, definitiv keine Gleichgültigkeit. Doch jetzt ...
Zwei Tage hatten sie fast jede Minute des Tages miteinander verbracht, aber in ihren Augen, in ihrer Stimme hatte er kein einziges Zeichen erkennen können, das darauf hinwies, dass sie mehr als eine höfliche Geschäftsbeziehung zueinander führten. Sie aßen, reisten, arbeiteten zusammen. Sie taten praktisch alles gemeinsam ... außer zusammen schlafen.
Carlo hatte genug von Höflichkeit. Aber von Juliet hatte er nicht genug.
Er dachte an sie. Es tat seinem Stolz keinen Abbruch, wenn er zugab, dass er sogar sehr häufig an sie dachte. Schließlich beschäftigten Frauen oft seine Gedanken, und warum auch nicht? Wenn ein Mann nicht an eine Frau dachte, war er tot besser dran.
Er wollte sie. Es beunruhigte ihn auch nicht, dass er sie immer stärker begehrte, je öfter er an sie dachte. Er hatte viele Frauen begehrt. Wenn ein Mann kein Begehren für eine Frau empfand, dann war er tot.
Aber ... Carlo fand es seltsam, dass so häufig ein Aber folgte, wenn er an Juliet dachte, ganz gleich, was er über sie dachte. Zudem grübelte er öfter über sie nach, als er bis vor Kurzem noch als gesund erachtet hätte. Und das Begehren nach ihr bereitete ihm mehr Schmerzen, als er als normal und erträglich empfand.
Sie gab sich so verdammt gleichgültig.
Und wenn er nichts anderes tat in der kurzen Zeit, die ihnen noch in Dallas verblieb – das würde er ändern.
Der Lunch fand mit blütenweißem Leinen, schwerem Silberbesteck und hauchfeinen Kristallgläsern statt. Der Raum war in frostigem Rosa und Pastellgrün gehalten, die Konversation blieb zurückhaltend leise.
Carlo bedauerte, dass sie sich nicht in einem kleinen Texmex-Restaurant bei Chili und Nachos mit der Reporterin hatten treffen können. Im Kopf machte er sich einen knappen Vermerk, dass er das in Houston nachholen würde.
Ihm fiel kaum auf, dass die Reporterin jung und nervös war, als sie sich gemeinsam an den Tisch setzten. Er hatte nämlich beschlossen, dass er Juliets Schild der Höflichkeit durchstoßen würde, bevor sie wieder aufstanden, ganz gleich, was dazu nötig war. Selbst wenn er unfair spielen musste.
„Wir sind alle glücklich, dass Sie Dallas in Ihre Tour mit eingeschlossen haben, Mr Franconi“, hob die junge Reporterin an und musste schon nach ihrem Wasserglas greifen, um ihre staubtrockene Kehle zu benetzen. „Mr Van Ness lässt sich vielmals entschuldigen. Er hatte sich sehr darauf gefreut, Sie persönlich kennenzulernen.“
Carlo lächelte die junge Frau an, während seine Gedanken ausschließlich bei Juliet waren. „Ja?“
„Mr Van Ness ist der Redakteur des Lifestyle- und Ernährungsteils der Tribüne.“ Juliet breitete die Serviette über ihren Schoß und wiederholte die Informationen, die sie Carlo vor zehn Minuten schon einmal gegeben hatte. Sie lächelte ihr freundlichstes Lächeln und hoffte inständig, dass er die Stacheln darin fühlte. „Miss Tribly wird das Interview an seiner Stelle führen.“
„Und ich bin überzeugt, sie wird es sehr charmant machen“, bügelte er seine momentane Unaufmerksamkeit aus.
Als Frau war Miss Tribly nicht unempfänglich für die samtene Sahnestimme, als Journalistin war ihr bewusst, wie wichtig ihr Auftrag war. „Im Moment geht alles drunter und drüber.“ Sie musste sich die feuchten Handflächen an der Serviette abwischen. „Mr Van Ness bekommt ein Baby. Ich meine natürlich, seine Frau. Die Wehen haben vor Kurzem bei ihr eingesetzt.“
„Na, dann sollten wir auf sie anstoßen.“ Carlo winkte den Kellner heran. „Margaritas?“ Er betonte die Frage wie eine Feststellung, erhielt ein kühles Nicken von Juliet und ein dankbares Lächeln von der Reporterin.
Fest entschlossen, ihren ersten großen Auftrag kompetent und gut zu erledigen, zog Miss Tribly diskret ihren Notizblock hervor und legte ihn sich auf den Schoß. „Wie hat Ihnen Ihre Tour durch Amerika bisher gefallen, Mr Franconi?“
„Ich muss sagen, ich genieße meine
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