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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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sollte und mehrheitlich auch wollte, in dem sich aber Mannhardt und andere Westberliner noch immer fast so wie im Ausland fühlten, in Österreich etwa. Wenn die Bauern hinter ihren Zäunen standen, mißtrauisch guckten und den Westler witterten, kam er sich zuweilen auch so vor, als wanderte er durch Länder, in denen die Nazis mal gewütet hatten. Überschrift: Wenn Blicke töten könnten...
    Gleichviel, mit ihm zog die neue Zeit, und die Schorfheide war ein wunderschönes Waldrevier von fast schon amerikanischen Maßen, wenn auch manchmal etwas monoton und vom Namen Göring noch immer geschändet. Der hatte hier mit Karinhall seine Residenz gehabt.
    Sie kamen die B 109 herauf und passierten Orte mit so klangvollen Namen wie Klosterfelde, Lottsche, Zerpenschleuse oder Sperlingsaue, bis sie hinter Groß Schönebeck auf Nebenstraßen zweiter Ordnung gerieten.
    In der Nähe von Altlotzin, das man mit nur einem leicht verfallenen Anwesen nicht mal mehr als Weiler bezeichnen konnte, parkten sie ihren Audi 80 und suchten unweit des Sees ein Plätzchen, wo sie sich auf die Decke legen konnten und den Weg am Ufer im Auge hatten, ohne selber gesehen zu werden.
    «So ’n Arbeitsurlaub ist doch was Schönes», sagte Yaiza Teetzmann, packte ihren Yoghurt aus und blätterte in der «Berliner Zeitung».
    Mannhardt holte sich eine «Ba r na r ne» aus der Tasche und vertiefte sich in den Karl-May-Band Nr. 5, der den Titel «Durch das Land der Skipetaren» trug. Auf der Seite 302 fand er den schönen Satz: «Bei uns ist kein Verbrecher so schlau, daß nicht irgendein Polizist noch viel schlauer wäre.» Wobei Kara Ben Nemsi natürlich Deutschland gemeint hatte. Nun, sonderlich schlau war es vielleicht nicht, hier zu liegen und auf Daniel Mindermann zu warten, aber bequem. Und vielleicht war das ja auch gar kein Verbrecher.
    Jedenfalls tauchte Daniel Mindermann in der nächsten Stunde nicht am Ostufer auf. Der Große Lotzinsee war alles andere als groß und zog sich lediglich in einer Länge von nicht ganz anderthalb Kilometern als schmaler Schlauch leicht gekrümmt von Nord nach Süd, sah auf Mannhardts Karte wie eine Krabbe aus.
    «Wenn wir ihn einmal umrunden, sind das gerade mal drei Kilometer...»
    «Was willsten damit sagen?» Sie sah von ihrer Modezeitschrift auf, die sie ebenfalls mitgebracht und mit leuchtenden Augen verschlungen hatte.
    «Daß wir wohl nicht länger warten können, daß er uns in die offenen Arme läuft.»
    Yaiza Teetzmann maulte ein wenig. «Und wenna nu gar nich hier is, sind wa völlig umsonst jelatscht,.. Vielleicht haben sich die sehr geehrten hiesigen Kollegen auch jeirrt.»
    «Der Heidereiter will ihn anhand des Fotos von Claudia Wuttkowski ganz genau erkannt haben.»
    «Heidereiter? Kenn ick nich.»
    Mannhardt belehrte sie. «Ein Heidereiter, das war früher ’n Art Landpolizist. Das hab ich nur im übertragenen Sinne gemeint. »
    Yaiza Teetzmann stand auf und reckte sich. «Du, det hab ick mir schon imma jewünscht, det mal zu wissen. Wie gehn wa denn nu um’n See rum: links oder rechts?»
    «Losen wir’s aus.» Er riß zwei Schnipsel von ihrer Zeitung ab und schrieb auf den einen ein L und auf den anderen ein R. «Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie die Entscheidungsfindung bei der Berliner Kriminalpolizei im Zeitalter der Hochtechnologie modernsten Erkenntnissen Rechnung trägt. Zieh mal.»
    Sie tat es und popelte das Papierkügelchen wieder auseinander. «Rechts.»
    «Wenn die Götter es so wollen...»
    Sie verschlossen ihre Sachen im Wagen und machten sich auf den Weg um den See. Zuerst machte es Spaß, doch hinter der Nordspitze begann ein sumpfiges Stück, und sie holten sich, da der letzte Gewitterregen noch nicht gänzlich abgeflossen und verdunstet war, gehörig nasse Füße. Zudem rutschte Yaiza noch aus und fiel hin.
    «Meine schönen hellen Jeans!»
    «Sieht aus, als wenn du eingepullert hättest.»
    «Danke für den Hinweis...» Sie zog sich ins Gebüsch zurück.
    Mannhardt, ganz Kavalier, ging weiter, wenn auch leise stöhnend. Wenn er sich so vorstellte, wie sie da... Plötzlich ein Schrei. Er fuhr herum. «Was is’n!?»
    «Nur ’n Mückenstich und die Bremsen...»
    «Ich kann mich auch kaum noch bremsen.»
    «Wie?»
    «Nichts.» Er bückte sich und suchte nach eßbaren Beeren, doch bis Yaiza wieder an seiner Seite war, hatte er weder Erd- noch Him-, Brom- oder Blaubeeren gefunden. «Na: alles gut abgelaufen?»
    «Ja, danke für die Nachfrage.»
    Sie gingen weiter, und

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