Ein Mann fürs Grobe
hat. Als er wieder zur Besinnung kommt, merkt er, daß er damit auch sein Leben ruiniert und nichts zu Claudias Heilung beigetragen hat. Im Gegenteil: Die schlimme Sache ist nur noch schlimmer geworden. Was bleibt ihm da anderes, als an Selbstmord zu denken.»
«Noch issa nich jefunden word’n!» Yaiza Teetzmann sah das ganz pragmatisch.
«Das Schwarze Loch Berlin schluckt vieles», sagte Mannhardt in Anspielung auf Heikes vielbeachteten Artikel.
«Apropos schlucken: Ich hab Durst.»
«Trink deinen Urin, den haste schließlich immer bei dir.»
«Willste was ab?»
«Gehen wir lieber was essen und trinken in den Balkan-Grills, wo Wuttkowski immer war.» Mannhardt wies auf die herumliegenden Rechnungen.
«‹Serbisches Reisfleisch› – bäh! Wenn ick det Wort serbisch höre, krieg ick schon det große Kotzen.»
Mannhardt hob beschwichtigend die Hände. «Als Deutscher sollte man mit so was vorsichtig sein, und vielleicht sind es auch Kroaten, Slowenen oder Bosnier. Ich geh auf alle Fälle was essen.»
«Das Land Berlin is so arm, daß dit bestimmt nich uff Spesen jeht.»
«Komm mal trotzdem...»
Der Wirt des Lokals in der Hermannstraße war in der Tat Kroate und hieß Ivaniesevic, war aber im Gegensatz zum Tennisstar gleichen Namens untersetzt und mehr als dickbäuchig. Eine Hose für seine Bundweite hatte er noch finden können, sein Hemd aber ließ sich bei weitem nicht schließen. Er war völlig verschwitzt, und die wenigen schwarzen Haare lagen wirr auf seiner Platte, auch sonst paßte er wunderbar in die Zeiten Karl Mays, in die Schluchten des Balkans oder ins Land der Skipetaren. Es stellte sich heraus, daß er Wuttkowski ganz gut gekannt hatte.
«Wir haben immer viel Spaß mit Wutti gehabt, aber...»
Mannhardt blickte auf. «Aber...?»
«Er hat viel mit Menschen zu tun gehabt, die nicht gut waren.»
«Inwiefern?»
«Haben all gesessen, alle mit Dreck am Stecken.»
Yaiza Teetzmann blätterte weiter in der Speisekarte und schien das Ganze für wenig ergiebig zu halten. «Das bringt doch nischt hier, komm...»
Doch Mannhardt blieb stur. «Ich esse meinen Grillteller wie seit zwanzig Jahren.»
«Mit Rinderwahnsinn!»
«Wo alles Wahnsinn ist, kommt es auf den einen mehr oder weniger auch nicht mehr an...» Mannhardt fragte Ivaniesevic nach Wuttkowskis Freunden und bekam auch einige Namen genannt.
« Bluhm... Petschek... Bulkowski, der Bulli... Smigielski... Jesse...»
Als sie eine Stunde später zur ISVB-Abfrage am Computerbildschirm saßen, verriet ihnen das «Informationssystem Verbrechensbekämpfung», daß ein gewisser Martin Smigielski, wohnhaft Treptower Straße 79a, 12059 Berlin, eine klassische kriminelle Karriere hinter sich hatte: nichteheliches Kind, Vater ohne Beruf, aber dafür mit etlichen Haftstrafen, Mutter mehr oder weniger auf dem Strich, Heimaufenthalte, schon mit zwölf Jahren kleinere Delikte, Schule abgebrochen, Lehre abgebrochen, und dann fröhlich weiter im Text mit Diebstahl eines Portemonnaies im Freibad (Einstellung gem. Paragraph 45 JGG), unbefugte Kfz-Benutzung in TE mit Fahren o. Führerschein, Kfz-Diebstahl, Mitglied einer jugendlichen Autoknackerbande (ein Jahr Jugendstrafe), Urkunden- und Scheckfälschung, Einbrüche, räuberischer Diebstahl in TE mit gefährlicher Körperverletzung sowie zwölf Fälle des schw. Diebstahls (fünf Jahre Freiheitsstrafe).
«... und zuletzt wurde gegen ihn wegen des Verdachts ermittelt, Autos gestohlen und nach Polen verbracht zu haben.» Mannhardt ging zum Telefon, fragte den federführenden Kollegen, was denn damit sei, und erhielt die Auskunft, daß ein dringender Tatverdacht schon bestünde, man aber noch nicht die berühmten gerichtsverwertbaren Erkenntnisse hätte, die zu einem Haftbefehl benötigt würden.
«... und taucht da bei euch der Name Wuttkowski auf, Wolfgang Wuttkowski... ?»
«Der Taxifahrer, den sie... Ja, der ist mehrfach mit Smigielski in Kostrzyn gewesen. Angeblich nur als Tourist zum Einkäufen, aber...»
Mannhardt fand, daß man Smigielski schon mal etwas genauer nach seinen «geschäftlichen» Beziehungen zu Wuttkowski fragen sollte. «Der ist ja hier in Berlin mit seiner Taxe viel herumgekommen und konnte immer mal was ausbaldowern. Und irgendwann mag er der Gang zu gefährlich geworden sein, und sie haben ihn sicherheitshalber aus’m Verkehr gezogen...» .
«Du, det is hier keen Krimi aus ’er Vorabendserie», warnte Yaiza Teetzmann.
«Alles Leben ist nur noch Seifenoper.»
«Fahr’n wa zu
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