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Ein Mann fürs Grobe

Ein Mann fürs Grobe

Titel: Ein Mann fürs Grobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Yaiza Teetzmann schwärmte ihm vor, welches wunderschöne Haus Fabios Eltern in Amalfi hatten.
    «Heirate ihn, zieh hin und lade mich und Heike ein. Die hat da mal in den Armen anderer Fabios wunderschöne Tage und Nächte verlebt, und der Papst kann gleich ’n bißchen Italienisch lernen.»
    «Du, da steht ’n Zelt!» rief die Kollegin.
    Mannhardt mißverstand das. «Ich will nicht am Lotzinsee zelten, sondern in Amalfi wohnen.»
    «Quatsch! Ich meine, ob in dem Zelt da nicht der Mindermann...?»
    «Das wär ja ’n Ding...!»
    Sie näherten sich langsam, und Mannhardt fühlte sich ebenso an seine Jugend wie seine vorherige Karl-May-Lektüre erinnert. Es war immer auch etwas albern, wenn man als Erwachsener Polizist zu sein hatte.
    «Herr Mindermann... ?» rief Mannhardt leise.
    «Wir hätten Sie gerne in der Mordsache Wuttkowski gesprochen», fügte Yaiza Teetzmann hinzu, die lupenreines Hochdeutsch sprechen konnte, wenn es denn nötig war.
    Keine Antwort. Das Zelt bewegte sich zwar, aber das konnte auch der auffrischende Wind gewesen sein. Sie sahen sich an, zogen ihre Waffe heraus und stürmten das Zelt.
    «Leer!» stellte Mannhardt fest.
    «Aber Sachen liegen drin.»
    Es roch nach Hasch. Hier war zweifellos in letzter Zeit reichlich gekifft worden. Unter Kleidungsstücken, Eßwaren aller Art, Zeichenblöcken und diversen Malutensilien fanden sie auch einen Studentenausweis der HdK, der Hochschule der Künste – ausgestellt auf Daniel Mindermann.
    «Funna!» rief Mannhardt und strahlte.
    Yaiza Teetzmann ließ ihre Hand vor der Stirne kreisen. «Spinnste nu völlig?»
    «Nee, das hat mein Sohn als Zweijähriger immer gerufen, wenn er Ostereier entdeckt hatte: Funna!»
    «Nu biste ja schon ’n bißchen älta als der – oda?»
    «Ja, das ist die Regression, ich regrediere. Aber das ist doch das Höchste, was ein Mensch erreichen kann: zum Kinde zu reifen, denn nur Kinder können doch wirklich glücklich sein.»
    «Ach, du Scheiße: Wat meinste, wie oft ick als Kind unglücklich jewesen bin.»
    Mannhardt grinste. «Klar, als junge Pionierin: Immer mit dem blauen Tuch um’n Hals, auch wenn du gar keine Halsschmerzen hattest...»
    «Det hat doch nüscht mit der DDR zu tun, du Arsch!»
    Wenn sie so war, dann liebte Mannhardt sie fast so sehr wie Heike. «Und was machen wir nun: Kriechen wir beide ins Zelt und warten da auf Mindermann?»
    «Det könnte dir so passen.»
    «Dir vielleicht auch.»
    «Komm!»
    Mannhardt tat so, als wollte er sie in die Arme nehmen. «Ja, gerne.»
    Yaiza Teetzmann wich ihm aus. «Mann, wir müssen den suchen: Vielleicht hatta Selbstmord begangen und liegt hier irgendwo im Wald oder im Wasser. Wenn er wirklich Wuttkowski auf’m Gewissen hat und nach der Flucht hierher durchgeknallt is...»
    Mannhardt gab sich nun wieder dienstlich-sachlich. «Ich bin eher dafür, daß wir uns auf den Hochsitz drüben setzen und das Zelt im Auge behalten.»
    Sie fügte sich, wenn auch nur murrend, und so hockten sie von 17 Uhr 33 an auf dem wackligen Ding, das von irgendwelchen Hobbyjägern eilig zusammengezimmert worden war. Mannhardt war das gar nicht einmal unlieb so, denn wenn sie «es» hier oben wirklich getan hätten, wären sie garantiert zusammengekracht und mit gebrochenen Knochen ins Krankenhaus gekommen.
    Genau 18 Uhr 20 näherte sich Daniel Mindermann, von Westen kommend, wahrscheinlich aus der Ortschaft Schluft, seinem Zelt. Nach Umfang und Schwere seines Rucksacks zu schließen hatte er sich Proviant für mindestens eine weitere Woche besorgt.
    Mindermann war ein eher schmächtiges Kerlchen, ein «schmales Handtuch», wie die Berliner sagten, und er trug scheinbar schwer an seiner Last. Nicht nur an der auf seinem Rücken, sondern auch an der des Lebens. Ernst sah er aus, fast schon verhärmt. Mit seinem blassen schmal-ovalen Gesicht erinnerte er Mannhardt ein wenig an den gekreuzigten Jesus. Das schwarze Haar war zu einem Zopf zusammengebunden. Zu schwarzen, kurz über dem Knie abgeschnittenen Jeans trug er ein schwarzes Hemd und darüber eine braune Lederweste. Auffällig waren auch seine blassen, aber stark behaarten Beine, die etwas Affenhaftes an sich hatten.
    Sie warteten, bis er das Zelt aufgeklappt hatte und hineingeschlüpft war. Vorsichtig stiegen sie vom Hochstand herab, erst Mannhardt, dann Yaiza, und gingen zu ihm hin.
    «Keinen Schreck kriegen!» rief Mannhardt aus etwa dreißig Meter Entfernung. «Wir sind’s nur.» Was zwar gut gemeint, aber doch etwas schwachsinnig war,

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