Ein Mann - Kein Wort
den Umgang und Austausch von Gefühlenmit ihren Kindern einzuüben und zu praktizieren. Oft ist dieses Bemühen getragen von der Erkenntnis, wie schmerzlich man in der eigenen Kindheit diese Nähe und Einfühlung vermisst hat.
Mütter und Söhne
In vielen Familien finden die Söhne bei den Müttern ein Gegengewicht zum Vater. Die Mütter sind emotional offen und ansprechbar und geben ihren Kindern, ob Söhne oder Töchter, Wärme und gefühlsmäßige Nähe. Sie ermuntern sie, über sich selbst und ihr Befinden zu sprechen, und gehen bei ihren Söhnen ebenso geduldig und aufmerksam auf deren Probleme ein wie bei ihren Töchtern. Oft sind es deshalb die Mütter, bei denen Söhne so etwas wie Emotionalität und Sprachfähigkeit in Sachen Gefühlen lernen. Dies kommt den späteren Partnerinnen dieser Söhne häufig zugute. Schwierig wird es allerdings, wenn auch die Mutter ausfällt.
Ich habe des Öfteren beobachtet: Wenn
beide
Elternteile eines Mannes für die Psyche und die Gefühlswelt des Kindes wenig Offenheit, Interesse und Verständnis aufbrachten und emotional eher unzugänglich und kühl waren, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Söhne ganz ähnliche Verhaltensmuster als Erwachsene an den Tag legen – und zwar sowohl ihren Partnerinnen als auch ihren Kindern und Freunden gegenüber. Sie sind in ihrem sozialen Verhalten sowie in ihrer Kommunikation auffallend distanziert und verschlossen – man hat das Gefühl, nicht wirklich an sie heranzukommen. Hinter einer dicken Panzerglaswand sind alle Gefühle eingeschlossen und fristen ein unterentwickeltes Schattendasein. Häufig geht damit eine narzisstische Störung einher. 37 War hingegen nur
ein
Elternteil emotional distanziert oder für den Sohn nicht erreichbar, während der andere Elternteil einfühlsam und warmherzig mit ihm umging, so genügt dies oft, um auch dem Kind einen einigermaßen offenen und reifen Umgang mit den eigenenGefühlen zu vermitteln – auch wenn das fehlende positive Vorbild des Vaters oder der Mutter damit nicht völlig kompensiert werden kann. Gleiches gilt natürlich auch für Töchter – auch hier kann ein warmherziger, empathischer Elternteil bis zu einem gewissen Grad den Mangel und die Verletzung durch einen emotional unzugänglichen Elternteil ausgleichen.
Mütter und Töchter
Mütter pflegen mit ihren Töchtern meist eine intensivere Kommunikation als mit ihren Söhnen. Die Töchter reagieren zugänglicher auf das Gesprächsangebot der Mutter, mit zunehmendem Alter legen sich viele gemeinsame Themen und Probleme nahe. Allerdings hat die große Vertrautheit zwischen Müttern und Töchtern auch ihre Schattenseiten, weil sie die emotionale Ablösung erschwert. Töchter haben nach meiner Erfahrung auffallend mehr das Problem, sich zur rechten Zeit und im rechten Maß von der eigenen Mutter abgrenzen zu können. Auch wenn sie äußerlich »auf eigenen Beinen stehen«, bleiben sie doch durch ein unsichtbares emotionales Band stärker an ihre viel gebenden, aber auch viel erwartenden Mütter gebunden, als dies bei Söhnen, zumal wenn sie geheiratet haben, der Fall ist. Man kann wohl sagen, dass Frauen einerseits im Umgang mit ihrer Mutter mehr Gelegenheit haben, die Kommunikation über emotionale und persönliche Befindlichkeiten zu üben und darin Nähe und Hilfe, Unterstützung und Wegweisung zu finden. Andererseits leiden sie jedoch unter größeren Hemmungen, diese gefühlsmäßige Nähe im späteren Leben so zu regulieren, dass sie von ihr nicht allzu sehr bestimmt, manipuliert oder gar erdrückt werden.
Die notwendige Auseinandersetzung mit der eigenen Emotionalität und Abhängigkeit von der Mutter findet bei diesen Frauen oft viel zu spät und nur unter erheblichen seelischen Schmerzen statt. Der Mut, die Erwartungen der Mutter zu enttäuschen, sich auch zugunsten des eigenen Partners, der eigenen Familie in heilsame Distanz zu ihr zu begeben, ist bei vielen Frauen nur ungenügendentwickelt, denn damit ist auch ein Stück eigenes Leid, eigene Trauerarbeit verbunden. Diese Arbeit wird gescheut. Das Bewusstsein für die eigenen Gefühle kann in diesem Fall auch für die Frauen ein Handicap sein, weil sie sich von diesen Gefühlen – vor allem Schuldgefühlen – zu stark in ihrem Handeln bestimmen lassen.
Väter und Töchter
Wie für Söhne die Mutter, so ist für Töchter der Vater das erste gegengeschlechtliche Wesen, mit dem sie vertraut werden – und dieses Wesen prägt natürlich die Einstellung zum
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