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Ein Mann - Kein Wort

Ein Mann - Kein Wort

Titel: Ein Mann - Kein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Weingardt
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bekommen hatte, noch hatte er, bevor er es seinerseits wieder dem Sohn schenkte, überhaupt gründlicher hineingeschaut – sonst hätte er zumindest die Widmung bemerkt. 41
    Vaterlose Söhne
    Und wie war und ist es mit den vielen Söhnen, die
ohne
Väter aufwachsen mussten und müssen? Sie haben einerseits den Schmerz dieser Lücke oder dieses Verlusts zu verkraften – andererseits ist das Fehlen eines männlichen Vorbilds auch eine Chance. Der heranwachsende Junge ist, so überraschend sich das anhören mag, zwar ohne väterlichen Beistand und väterliches Modell, gleichzeitig ist er dadurch jedoch auch
freier
in der Entwicklung seiner eigenen Geschlechtsrolle.
    Mir selbst fällt in der Freundschaft mit einigen Männern, die ohne Vater aufgewachsen sind (und die von ihren Müttern nicht in die Rolle des Partnerersatzes gedrängt wurden), auf, dass diese eher ihre »weichen« Seiten – wozu auch weiche Gefühle gehören – mitteilen und zeigen können als Männer, die mit emotional eher verschlossenen oder harten Vätern aufwuchsen. In dem Mangel steckt also durchaus auch eine Chance, vor allem, wenn stellvertretende männliche Modelle die »Vaterlücke« teilweise in positiver Weise kompensieren konnten (z.B. Verwandte, engagierte Lehrer oder Freizeitgruppenleiter u.a.).
    Doch auch Kinder, die
mit
Vätern aufwachsen, erleben diese heute oft zu wenig seelisch präsent – selbst wenn sie zu Hause sind. Die oben beschriebene Überlastung mit eigenen Problemen (dazu möglicherweise weitere familiäre Verpflichtungen) und nicht zuletzt die schlichte psychische Erschöpfung hindern Väter daran, nach Feierabend oder in der Freizeit ihren Kindern einfühlsame Gesprächspartner, liebevolle Helfer oder emotional fröhliche Spielgefährten zu sein. 42 Man ist froh, wenn die Kinder irgendwo »untergebracht« sind, vor ihrem Computer oder Fernseher sitzen und keine großen Anforderungen an die Eltern stellen. Dies gilt natürlich potenziell auch für voll erwerbstätige Mütter, und es gilt in höchstemMaß für Alleinerziehende, ob Männer oder Frauen, die viele, allzu viele Belastungen alleine tragen müssen, sodass die Kraft zur emotionalen Empathie und Präsenz gegenüber den Kindern schlichtweg oft nicht mehr reicht.
    Wenn Eltern sich trennen
    Wie aber steht es mit Scheidungskindern, die ja in der Regel seelisch – und oft auch räumlich – zwischen Mutter und Vater hin- und herpendeln? Abgesehen davon, dass eine Scheidung oder Trennung oft die zwar bittere, aber unter den gegebenen Umständen bessere Lösung für die Eltern ist, darf man die emotionale Belastung, die auf die beteiligten Kinder zukommt, nicht ignorieren oder gar bagatellisieren. 43
    Zwar wenden hier die nicht anwesenden Elternteile – mehrheitlich sind dies die Väter – nicht selten viel Energie auf, um ihre Kinder regelmäßig zu sehen 44 , doch sind diese Begegnungen von vornherein durch schwere Hypotheken auf beiden Seiten überschattet: Der Vater trägt in seine Beziehung zum Kind fast zwangsläufig all die unverarbeiteten oder noch anhaltenden Verletzungen und Konflikte mit der Mutter des Kindes hinein (umgekehrt die Mutter ebenso). Schon durch die Art der »Übergabe« und die Art, wie mitund übereinander geredet wird, erfährt das Kind, in welcher Spannung die Eltern zueinander stehen, und ist dementsprechend selbst emotional angespannt und eingeschüchtert.
    Dazu kommt, dass Kinder grundsätzlich im tiefsten Inneren der verlorenen Einheit der Eltern nachtrauern und in Gegenwart jedeseinzelnen Elternteils permanent die enorme Verdrängungsleistung bringen müssen, ihrem Schmerz über die Trennung und ihrem Wunsch nach Nähe oder gar Wiedervereinigung der Eltern keinen Ausdruck verleihen zu dürfen, weil dies die eh schon belasteten Eltern ja noch mehr belasten würde. Kinder wollen jedoch Anerkennung, Harmonie und Frieden, und sie verleugnen sich lieber selbst, als dass sie diese Harmonie mit den einzelnen Elternteilen gefährden. Sie sagen sich unbewusst: »Wenn Papa und Mama schon so viele Probleme haben und nicht miteinander klarkommen, dann muss
ich
wenigstens funktionieren.« Und wie oft hört das Kind, wenn es doch einmal seinem Schmerz über die allwöchentlichen oder vierzehntägigen Trennungen Ausdruck verleiht, dass es doch vernünftig sein solle, schließlich habe man es doch so mit ihm abgesprochen?! Und man biete ihm doch so vieles?! – Damit wird der Schmerz abgewürgt, aber nicht wirklich gelindert.
    Es ist nicht nur

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