Ein Mann - Kein Wort
über manche Probleme und Themen bei weitem nicht so oft und so ausführlich sprechen möchte, wie sie das gerne tun würde. Als Entlastungsmöglichkeit bieten sich hier gute Freundinnen an, die für Frauenthemen von Natur aus ein »offeneres Ohr« haben als ein Mann. Auch der
Zeitpunkt
, um solche intensiveren Gespräche zu führen, sollte von Frauen, auch mit Rücksicht auf die jeweilige Verfassung des Mannes, mit Bedacht gewählt werden.
Umgekehrt sollte ein Mann auch bereit sein, über manches Thema intensiv und ausführlich zu sprechen, weil er spürt, dass es seiner Partnerin ein großes Anliegen ist. Grundsätzlich gilt hier die Regel: Bei allem, was
beide
Partner und die Qualität ihrer Lebensgemeinschaft betrifft (das »Wir«), ist die abschmetternde Antwort »Das ist dein Problem« auf ein Anliegen oder eine Klage des Gegenübers
nicht zulässig.
Wenn mein Partner beispielsweise unter meiner häufigen Abwesenheit oder meinem sexuellen Desinteresse leidet, ist es ein Problem
in unserer Partnerschaft
, also muss es auch mein Problem sein. Das heißt nicht, dass ich mich seinen Wünschen vollständig unterordne, sondern dass ich mit ihm ins Gespräch darüber kommen muss, wie wir die Situation für beide Seiten befriedigender gestalten oder verändern können.
Wenn ich selbst es andererseits nicht mehr ertrage, jedes Weihnachtsfest oder jeden Urlaub mit den Eltern meines Mannes zu verbringen, so ist dies nicht allein mein Problem, sondern auch, sofernmein Partner an einer guten Beziehung mit mir interessiert ist,
unser Problem
, für das wir eine gemeinsame Lösung finden müssen. Angesichts der Unterschiedlichkeit von Mann und Frau wäre es zweifellos für einen Mann einfacher, unter Männern zu bleiben, und für eine Frau, nur unter Frauen zu leben. 79 Und es ist meines Erachtens auch unbedingt zu empfehlen, dass Frauen hin und wieder nur mit Frauen zusammen sind und ihre Weiblichkeit ungebremst ausleben können, und dass Männer hin und wieder nur unter Männern sind und ihre Männlichkeit ungehemmt leben können.
Doch wir alle spüren, dass in der Verschiedenheit und Fremdheit des Partners auch ein großer Gewinn liegt – er ergänzt uns, er fordert und fördert uns, er gibt uns mit seinem Interesse und seiner Zuneigung etwas, was wir uns selbst nicht geben können – was uns auch der beste Freund, die beste Freundin nicht geben kann. Damit meine ich nicht nur eine erfüllende Sexualität, sondern bewusst auch die geistig-seelische Ebene.
Natürlich handelt sich jede Frau, die einen Mann heiratet, und jeder Mann, der eine Frau heiratet, ein paar dauerhafte Probleme ein – und zwar unabhängig davon, wie groß die Liebe und Begeisterung füreinander anfänglich war und auf die Dauer ist. Die dauerhaften Probleme ergeben sich schlichtweg daraus, dass der andere
anders
ist, und zwar in mindestens vierfacher Weise:
Er/Sie hat ein anderes Geschlecht.
Er/Sie hat eine andere Persönlichkeit.
Er/Sie kommt aus einer anderen Familie mit anderen Prägungen und Werten.
Er/sie hat andere Verletzungserfahrungen und damit andere »Altlasten«, die er in die Beziehung mitbringt und die dort ihre Auswirkungen haben.
Allein aus diesen vier fundamentalen Verschiedenheiten ergibt sich
zwingend
, dass zwei eng und dauerhaft verbundene Menschen bei aller Liebe und allem Respekt sich immer wieder schmerzlich aneinander reiben, ja: aneinander Anstoß nehmen werden. Jede Frau, jeder Mann, die/der sich fest bindet, akzeptiert damit, immer wieder auch die Wirklichkeit des anderen Menschen als Schmerz zu erleben. Wer meint, eine Partnerschaft müsse immer »Spaß machen«, sollte sich nie auf eine solche einlassen. Wer sich hingegen darüber im Klaren ist – oder wird –, dass eine Partnerschaft tägliche Müh’ und Arbeit, schmerzliche Erfahrungen und bittere Enttäuschungen (mit sich und dem anderen) selbstverständlich mit einschließt, der wird schon eher für das große Abenteuer einer Lebensgemeinschaft gerüstet sein. Und wer darüber hinaus noch erkannt hat, dass all die Anstrengungen, Frustrationen und Verletzungen, die jede enge Gemeinschaft mit sich bringt, der Mühe wert sind, der hat große Chancen, in einer Partnerschaft glücklich zu sein. Warum sind sie der Mühe wert?
Weil wir uns nur so weiterentwickeln und unsere eigenen geistigen und seelischen Grenzen erweitern
Weil unser Leben dadurch farbiger und lebendiger wird
Weil wir nur so unseren angeborenen, naiven Egozentrismus
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