Ein Mann - Kein Wort
kann – und die Chance auf Wachstum.«
»Ich gehe davon aus, dass im Bereich der Gefühle die Kategorien ›richtig‹ und ›falsch‹ vollkommen fehl am Platz sind. Es gibt keine richtigen und falschen Empfindungen. Ich kann dir Gefühle weder verbieten noch vorschreiben noch ausreden. Ich darf sie auch nicht lächerlich machen oder sonst in irgendeiner Form nicht ernst nehmen.«
»Das Ziel unserer Gespräche kann nur sein, das Denken und Fühlen, das Erleben und die Sichtweise des Gegenübers eingehend kennenzulernen und zu verstehen. Doch das Ziel darf keinesfalls sein, ihn von der größeren Richtigkeit der eigenen Sichtweise zu überzeugen!«
Wer auf der Basis dieser Grundhaltungen vertrauensvolle, offene Gespräche führt, erliegt nie der Gefahr, in eine unfruchtbare Debatte darüber zu geraten, welche Seite mehr im Besitz »der Wahrheit« ist. 78 Er kann sich mit seinem Partner darüber austauschen, wer was auf welche Weise gelernt, begriffen, erinnert oder erlebt hat, er kann – auch mit anderen Menschen – durchaus temperamentvoll und engagiert, aber innerlich dennoch gelassen über unterschiedliche politische, religiöse und sonstige Überzeugungen diskutieren. Wichtig ist:
niemals recht haben zu wollen, sondern sich zu bemühen, den anderen zu verstehen und von ihm verstanden zu werden, ihn zu achten und von ihm geachtet zu werden. Das genügt
.
»Ach, wie schön wäre es doch«, werden Sie nun möglicherweise sagen, »wenn ich das alles so leicht umsetzen könnte!« – Meine Antwort: Sie können es umsetzen, aber nicht leicht und nicht imHandumdrehn: »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen« gilt auch für die Kunst des guten Gesprächs.
Doch vielleicht sagen Sie auch: »Wie wunderbar wäre es, wenn es auf unserer Welt lauter solche besonnenen Gesprächspartner gäbe!« Dem ist aber nicht so, und die Frage ist: Wie sollen wir reagieren, wenn jemand uns das Recht auf unsere Meinung oder unsere persönlichen Eindrücke und Gefühle schlichtweg streitig machen möchte?
Ein Beispiel: Sie sagen zu Ihrem Partner: »Du wirkst in letzter Zeit so abweisend, wenn ich dich in den Arm nehme!« Wenn Ihr Partner daraufhin antwortet: »Das ist gar nicht wahr!«, so macht er schon den ersten Fehler: er gesteht es Ihnen nicht zu, sein Verhalten auf Ihre ganz persönliche Weise zu empfinden. Stattdessen will er Ihre Sichtweise als falsch erklären, mit anderen Worten: er will Ihnen Ihr Gefühl schlichtweg verbieten oder ausreden (»Du hast mich nicht als abweisend zu empfinden …!«). Dies ist aber nicht möglich, deshalb die Frage an Sie: Was wäre die angemessene Reaktion von ihm?
Angemessen wäre es, Ihr Gefühl erst einmal
wahrzunehmen, anzunehmen und ernst zu nehmen.
Mit anderen Worten: zu respektieren, dass Sie so empfinden.
Dies ist sozusagen die
erste Hürde
, die vom Gegenüber überwunden werden muss. In einem
zweiten Schritt
müsste ihr Partner nachfragen: »Wie kommst du darauf? Was an meinem Verhalten erlebst du als abweisend?« Er würde damit signalisieren, dass er genauer verstehen möchte, was Sie mit Ihren Worten meinen, welche Wahrnehmungen Ihrerseits dahinterstecken.
In einem
dritten Schritt
sollte er auf das Gefühl zu sprechen kommen, das sich möglicherweise hinter Ihrer Feststellung verbirgt. »Macht dich das traurig?« wäre zum Beispiel eine mögliche Frage, um näher an das eigentliche Problem heranzukommen.
Der
vierte Schritt
bestünde darin, dass Ihr Partner Stellung bezieht und mitteilt, wie er selbst sein Verhalten einschätzt (»Das ist mir gar nicht bewusst!« oder: »Ja, ich bin manchmal überfordert von deinem Wunsch nach Nähe!«).
Daraufhin könnte er Respekt vor Ihrer Wahrnehmung äußern (»Es tut mir leid, wenn du es so erlebst, ich will dich nicht verletzen!«) und Worte der Wertschätzung sagen (»Auch wenn es nicht immer so rüberkommt: Ich genieße deine Gegenwart sehr!«). Auf dieser Basis könnten sie sich ruhig und gelassen einige Zeit über das Thema unterhalten.
Abschließend
könnte er Sie fragen, was Sie sich für die Zukunft wünschen und welches konkrete Verhalten seinerseits Ihrem Wunsch am ehesten entspräche. Auf diese Weise wären Sie gezwungen, präzise zu sagen, was Sie wollen, und Ihr Partner würde sich davor schützen, von allzu diffusen Ansprüchen (»Sei doch einfach etwas liebevoller!«) überfordert zu werden und schlichtweg nicht zu wissen, was er konkret ändern soll in seinem Verhalten.
Doch nehmen wir an, Ihr Partner
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