Ein Mann - Kein Wort
weitesten.«
R AINER M ARIA R ILKE
Ich möchte die Gedanken, die ich mit dem bisher Geschriebenen deutlich machen wollte, noch einmal kurz zusammenfassen:
Mann und Frau sind von Natur aus in vielfältiger Weise verschieden. Diese Verschiedenheiten stehen mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Rollen in Verbindung. Das Anderssein ist nicht als Defizit anzusehen, sondern als Ergänzung und Bereicherung.
Die Unterschiede
innerhalb
der Gruppe der Frauen und
innerhalb
der Gruppe der Männer können größer sein als die Unterschiede
zwischen
einem Mann und einer Frau. Es gibt hier eine enorme Bandbreite an Möglichkeiten und Variationen.
Männer benutzen Sprache zum Teil auf eine andere Weise als Frauen, weil sie teilweise anders denken und mit anderen Zielen kommunizieren als Frauen. Sie betonen eher die Sachebene und blenden die Beziehungsebene eher aus.
Männern fällt es häufig schwer, Gefühle und tiefere seelische Prozesse in Worte zu fassen und sie einem anderen Menschen verbal mitzuteilen. Ihr Reaktionsprozess auf Gefühlsbotschaften ist langsamer. Frauen fällt dies meist leichter, sie artikulieren sich schneller und wortgewandter.
Männer pflegen den Austausch über seelische Befindlichkeiten und ihr persönliches Innenleben seltener und wenn, dann weniger intensiv und ausführlich als Frauen. Möglicherweise steckt dahinter ein geringeres Bedürfnis nach Austausch in diesen Fragen, möglicherweise aber auch eine größere Angst, verletzt oder infrage gestellt zu werden, Schwäche und Unsicherheit zu zeigen.
Abgesehen von ökonomischen Interessen und dem Wunsch nach Kindern liegt der Sinn einer Partnerschaft darin, einander in den wesentlichen körperlichen, geistigen und seelischen Erfahrungen und Herausforderungen des Lebens beizustehen und sich gegenseitig zu Entfaltung und seelischem Wachstum anzuregen. Dafür ist immer wieder das offene, intensive Gespräch notwendig.
Frauen sind heute aufgrund ihrer Ausbildung mehr denn je in der Lage, ihr Leben allein zu bewältigen. Der ökonomische Zwang zur Ehe fällt weg. Deswegen erwarten sie von einer Partnerschaft vor allem eine intensive Form der körperlichen, geistigen und seelischen Gemeinschaft, die sich – zumindest in wichtigen Bereichen – neben Zärtlichkeit und Sexualität auch in gegenseitigem Mitteilen und Zuhören, in Verstehen und Einfühlung manifestiert. Verweigern die Männer sich diesem Anspruch bzw. nehmen sie ihn zu wenig ernst oder messen ihm zu wenig Bedeutung bei, so sehen die Frauen die Basis der Partnerschaft nicht mehr als ausreichend gegeben an.
Wer Kommunikation wünscht, hat auch eine Verantwortung dafür, dass Kommunikation gelingt und für beide Seiten befriedigend ist. Frauen müssen lernen, in Gesprächen mit ihren Partnern nicht in Fehler zu verfallen, die das Gespräch frühzeitig zu einer zumindest aus männlicher Sicht höchst stressreichen Unternehmung machen, der sie möglichst schnell wieder entkommen möchten. Frauen sollten ihre Partner fordern, aber nicht überfordern. Dies setzt viel Geduld und Einfühlungsvermögen, aber auch Beharrlichkeit voraus.
Männer müssen erkennen, dass Gespräche über das eigene Denken, Fühlen, Befinden und Wünschen kein überflüssiger Luxus und auch kein selbstloses Opfer, sondern eine existenzielle Notwendigkeit sind, damit eine Beziehung den Abnützungsprozessen und Entfremdungstendenzen des Alltags standhalten kann. Sie müssen es als ihr Ziel ansehen, solchen Gesprächen nicht auszuweichen, sondern darin eine Herausforderung, aber auch eine Chance für ihre eigene Persönlichkeit und ihre eigene Entwicklung zu sehen.
Doch auch wenn all diese Punkte anerkannt und im Lauf der Zeit verinnerlicht werden, stellen Menschen, die in einer Partnerschaftleben, immer wieder fest, dass ihr Gesprächsbedürfnis bei unterschiedlichen Themen höchst unterschiedlich ist. Was die Frau aus ihrer Sicht für ein äußerst bedeutsames Thema ansieht, ist für den Mann möglicherweise völlig unerheblich, und was dem Mann unter Umständen unter den Nägeln brennt, erscheint der Frau als reichlich nebensächlich oder banal. Hier sollten beide lernen, dem anderen ein Stück weit entgegenzukommen, anstatt unflexibel auf dem eigenen Standpunkt zu verharren und den Partner samt seinem Anliegen zu frustrieren, ihn nicht ernst zu nehmen. Allerdings muss der Respekt beidseitig sein, sodass nicht immer nur
ein
Partner sich durchsetzt. Eine Frau sollte respektieren, dass ihr Mann
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