Ein Mann von Ehre
wieder vor sich zu haben. „Ich bin daran gewohnt, dass Sheba mich vor Freude anspringt. So, Sheba, das reicht jetzt! Sei brav und mach Platz!“
Zu Rosalyns Verblüffung gehorchte der Hund sofort.
„Du meine Güte! Wie kommt das?“, wunderte sich Rosalyn. „Normalerweise reagiert sie nicht auf meine Befehle.“
„Ich glaube, Jared hat ihr das beigebracht“, erwiderte Damian lächelnd. „Jedenfalls hat er sich noch vorhin sehr viel mit ihr befasst. Er hat mir übrigens erzählt, dass er Sie gestern Nacht im Park traf.“
„Das stimmt“, bestätigte Rosalyn und wunderte sich, dass der Junge das Mr. Wrexham berichtet hatte. „Ich war der Meinung, Sie würden es nicht billigen, dass er sich zu so später Stunde noch im Freien aufhielt, noch dazu allein, und da ich es etwas unklug fand, ihn ohne Schutz heimgehen zu lassen, habe ich ihm den Hund mitgegeben.“
„Das war sehr umsichtig von Ihnen“, sagte Damian höflich. „Er ist jedoch reifer, als Sie vermutlich denken. Auch wenn ich es nicht gern sehe, dass er sich so spät noch außer Haus herumtreibt, meine ich jedoch, er brauche wie jedes Kind seines Alters Abwechslung und die Möglichkeit, etwas auf eigene Faust zu unternehmen. Im Übrigen weiß ich nicht nur von ihm, dass er in der Nacht auf Ihrem Grundstück war. Auch Rajib hat mir das mitgeteilt. Sie werden sich über sein Verhalten gewundert haben. Daher bin ich heute hergekommen, um Sie zu beruhigen. Er hat nur auf ihn aufgepasst, und das ärgert den Jungen.“
„Das kann ich mir vorstellen“, meinte Rosalyn schmunzelnd. „Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, Sir, wenn ich Sie nicht ins Haus bitte, aber hier draußen können wir uns ungezwungener unterhalten, als wenn meine Cousine bei uns wäre.“
„Meine arme Diana!“, erwiderte Damian schmunzelnd. „Sie sollten die Möglichkeit haben, so zu leben, wie es Ihnen genehm ist, sei es nun im Olymp oder auf Erden. Sie sind nicht dafür geschaffen, ständig beaufsichtigt zu werden. Ich glaube, Häuslichkeit finden Sie nicht sonderlich erstrebenswert.“
Im Stillen gab Rosalyn Mr. Wrexham recht und fragte sich, wie er das herausbekommen haben mochte. Dennoch bedachte sie ihn mit einem strengen Blick, sah ihn grinsen und überlegte, ob er nie ernst sein könne.
„Es liegt mir fern, den Eindruck der Aufdringlichkeit zu erwecken, aber ich wüsste gern etwas mehr über Ihren Schützling. Gestern Nacht hat er einen starken Eindruck auf mich gemacht.“
„Ja, er ist ein bemerkenswertes Kind“, stimmte Damian zu. „Bitte nehmen Sie es mir jedoch nicht übel, wenn ich mich aus Gründen, die ich Ihnen nicht erklären kann, nicht weiter über ihn äußere.“
„Sein Vater muss sehr vermögend sein“, sagte Rosalyn unbeirrt. „Ich vermute, er ist ein hochstehender, bedeutender Mann.“
„Wie scharfsinnig Sie sind! Das ist ein Charakterzug, den ich selten bei Frauen vorgefunden habe“, erwiderte Damian und schaute verschmitzt lächelnd Miss Eastleigh an. „Nein, widersprechen Sie mir nicht. Bestimmt haben alle Frauen viele Tugenden, doch ich hatte leider nie das Glück, diese zu entdecken.“
„Sie sind boshaft, Sir“, stellte Rosalyn belustigt fest. „Ich sollte Sie tadeln, bezweifele indes, ob das viel Sinn hätte. Gewiss kennen Sie Ihre Fehler sehr gut.“
„Das ist ein Punkt, zu dem ich mich vorsichtshalber nicht äußern möchte“, erwiderte Damian schmunzelnd. „Doch kommen wir auf den Vater meines Schützlings zurück. Ich kann Ihnen nicht sagen, um wen es sich handelt und welche gesellschaftliche Stellung er hat. Vor einiger Zeit hat er entschieden, für seinen Sohn sei es sicherer, einige Monate in diesem Land zu verbringen. Da ich seit Langem mit ihm befreundet bin und aus geschäftlichen Gründen herkommen musste, bat er mich, den Jungen mitzunehmen. Auf diese Weise konnte ich das Kind einer Umgebung entziehen, die ihm nicht sonderlich freundlich gesonnen ist.“
„Er hat mir erzählt, er sei im Haus seines Vaters nicht mehr erwünscht“, warf Rosalyn ein.
Damian verengte die Augen. „Hat er Ihnen dafür einen Grund genannt?“
„Nein, keinen spezifischen“, antwortete Rosalyn. „Er erwähnte lediglich, seit dem Tod seiner Mutter im vergangenen Jahr habe sich viel verändert.“
Rosalyn war nicht sicher, ob sie Erleichterung in Mr. Wrexhams Augen aufflackern sah.
„Das ist leider zutreffend“, bestätigte Damian. „Sein Vater hat eine ziemlich junge und hübsche Frau geheiratet, was zwischen ihr und
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