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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zöllner mit ›Hollodrihoh!‹, erzählten durch das heruntergekurbelte Fenster Witze aus dem Urlaub und benahmen sich ganz so, wie sich eben Männer benehmen, die allein – fern der Ehefrau – einen zünftigen Ausflug gemacht haben.
    Wer kontrolliert da schon die Papiere?
    Plötzke und Kaufmann hatten immer freie Fahrt.
    In Rosenheim erwartete sie der Kraftfahrzeugmeister Eduard Simmering, taxierte den Schlitten, blätterte das Geld bar in die offenen Hände, fuhr den Wagen in eine Lackierhalle – und der Fall war erledigt. So kam es, daß die ›Zwillinge‹ ihr Interesse an rollenden Untersätzen immer weiter ausdehnten und nun auch in Bregenz nach einem Objekt Ausschau hielten.
    »Keine großen, dicken Brummer«, hatte Eduard Simmering gesagt. »Die gängige Mittelklasse, die geht immer weg. Bei den stinkfeinen Brummern fällt man auf. Laßt es euch gesagt sein … lieber drei Opel als einen Mercedes.«
    Diese Lehre war gut, und Plötzke und Kaufmann dachten daran, als sie in der Nacht vor dem Motel am Bodensee, etwas außerhalb von Bregenz, den grünen Kombiwagen stehen sahen.
    »Das ist er!« sagte Plötzke und klopfte auf die Rücktür. »Jahrgang 1967. Gut erhalten.«
    Kaufmann drückte das Gesicht gegen die Rückscheibe. »Die haben die ganze Campingausrüstung drin!«
    »Zusätzlicher Verdienst. Mach auf, Willi.«
    Kaufmann suchte in einem umfangreichen Schlüsselbund den richtigen Schlüssel. Er probierte dreimal, der vierte ließ sich drehen.
    Um sie herum war eine warme, dunkle Nacht. Am Bodenseeufer klatschten die Wellen gegen einen hölzernen Landesteg, der zum Motel gehörte und an dem zwei Motorboote vertäut lagen. Ein einschläferndes Geräusch. Frieden der Natur. Eine Nacht für Liebespaare, aber auch die schliefen bereits erschöpft … es war zwei Uhr, der Tiefpunkt menschlichen Ausruhens.
    »Beeilung!« zischte Kaufmann. Er öffnete die andere Tür, Plötzke kletterte hinter das Lenkrad und schob den Schlüssel ins Zündschloß.
    »Wie sieht's aus?« fragte er, bevor er den Schlüssel umdrehte.
    »Im Hotel alles dunkel. Fahr schon ab, Theo!«
    Er drehte sich nach hinten und klopfte mit dem Knöchel der rechten Hand an die lange Kiste. Ein satter Ton.
    »Die ist gerammelt voll. Daß die blöden Hunde auch das ganze Gepäck draußen lassen …«
    Der Motor sprang an. Fast zu laut in dieser stillen Nacht, es war wie eine Explosion. Aber Plötzke hatte sich daran gewöhnt. Man soll nicht glauben, wie fest Menschen schlafen können und wie wenig das Anlassen eines Motors sie zu wecken vermag. Selbst wenn's der eigene Wagen ist.
    Langsam ließ er den Kombi vom Hotelparkplatz wegrollen, ohne Licht, ein schwarzer Schatten in einer schwarzen Nacht. Erst auf der Uferstraße gab er mehr Gas und schaltete die Scheinwerfer ein. Kaufmann holte aus seiner Aktentasche zwei zerknitterte Strandmützen.
    »Die Rivieramasche –«, lachte er. »Außerdem sind die Bübchen vom Zoll um diese Zeit froh, wenn sie pennen können …«
    Von Bregenz bis zur deutschen Grenze sind es kaum fünf Kilometer. Plötzke bremste schon wieder, als der Motor erst begann, richtig warm zu werden … das Zollgebäude tauchte auf, von hohen Bogenlampen beleuchtet, auf österreichischer Seite war niemand zu sehen, sie rollten durch, durchfuhren den schmalen Streifen Niemandsland und näherten sich im Schritt-Tempo der deutschen Zollstation. Ein einsamer, mißmutiger, grün uniformierter Beamter sah ihnen entgegen. Er stand unter dem vorstrebenden Dach und sehnte den Morgen, die Ablösung herbei.
    »Schau, Nummer 2«, sagte Plötzke grinsend.
    Kaufmann nickte, schob die zerbeulte Strandmütze weit in den Nacken und beugte sich aus dem Fenster.
    »Halli – hallo!« brüllte er. »Da sind wir. Heim zur Mami! O mia bella gracia, dein Bett war wunderschön … Herr General, melde gehorsam: Zwei Ehemänner auf der Rückfahrt von Alassio! Kein Schnaps, kein Vino, keine Zigaretten, nur ein leeres Rückenmark. Halli – hallo …«
    Plötzke hielt an. Immer höflich sein bei deutschen Beamten, das haben sie gern, das honorieren sie.
    Sie hatten sich nicht getäuscht. Der Zöllner grinste matt, winkte die Straße hinunter und legte einen Finger an den Mützenschirm.
    Freie Fahrt.
    In bestimmten Situationen verstehen sich Männer auf Anhieb.
    Plötzke gab Gas und sauste los. Geschafft! Sechshundert Eierchen für den Wagen, für die Campingkiste vielleicht noch einmal hundert. Und übermorgen war man bereits wieder in Innsbruck. Für einen

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