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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ihren Sohn wie eine leidende Königin. Sie ließ sich auf die Wange küssen und zeigte dann auf einen Stuhl.
    »Setz dich, Robert …« Bob blieb stehen, die Hände in den Hosentaschen. »Ein Verhör? Mach dich nicht lächerlich, Mama.«
    »Herr Adams war wieder hier …«
    »Motten haben die Angewohnheit, herumzufliegen.«
    »Er ist ein Vater, wie dein Vater einer war.«
    »O Himmel, soll ich niederknien und beten?«
    »Er hat mir schauerliche Dinge erzählt. Ich kann sie nicht glauben.«
    »Das ist gut, Mama. Glaube sie einfach nicht. Das ist besser als jede Beruhigungstablette.«
    »Aber er spricht so logisch.«
    »Mama!« Bobs Augenbrauen zogen sich zusammen. »Kümmere dich nicht um Logik, sondern um deinen Blutdruck.«
    Mathilde Barreis hob ruckartig den Kopf. Irgend etwas in ihr rief den Rest der Kämpfernatur auf, mit der sie in den Jahren nach dem Krieg ihrem Mann geholfen hatte. Nach dem Tod Barreis' erlosch dieser Geist. Sie wurde zu einem Denkmal des Reichtums. Jetzt aber spürte sie, daß sie etwas tun mußte. »Wie sprichst du mit mir?« sagte sie laut. »Dein Vater hätte dir dafür eine Ohrfeige gegeben.«
    »Meinen Vater habe ich umgebracht.«
    »Was hast du?« fragte Mathilde Barreis atemlos.
    »Vor einer halben Stunde, Mama. Umgebracht! Zerrissen, was von ihm übriggeblieben war: die Bestimmungen, nach denen wir alle zu leben haben. Die Barreis-Bibel! Die zehn Gebote von Vredenhausen! Vielleicht hätte ich ihn wirklich umgebracht, wenn er jetzt noch lebte!«
    Das war der Augenblick, in dem Mathilde Barreis über sich hinauswuchs, aber gleichzeitig auch ihren tiefsten Fall erlebte. Sie schnellte hoch und schlug zu. Voll traf sie Bob im Gesicht, mit der flachen Hand. Es klatschte, wie wenn man einem Pferd auf die Kruppe schlägt. Im gleichen Augenblick aber schlug Bob zurück … mitleidlos, ohne Skrupel, kalt bis ins Herz. Er traf seine Mutter mit der Faust an die Stirn und rührte sich nicht, als sie umkippte und auf den Teppich rollte. Blut sickerte ihr aus der Nase und rann hinunter zum Mund.
    Ohne ein Zeichen der Bewegung stieg Bob über sie hinweg und verließ das Zimmer.
    Er fühlte sich im Recht. Er war geschlagen worden. Man schlägt einen Bob Barreis nicht, auch nicht die eigene Mutter. Er war nicht mehr das Kind, das sich duckte, das man ohrfeigen konnte, das man übers Knie legte und dem man den Hintern verdrosch, was ihm schon mit zehn Jahren ein prickelndes Lustgefühl verschaffte, so daß er sich oft von Renate Peters verhauen ließ und einmal sogar – mit vierzehn Jahren – seine Hose benetzte, was aber niemand merkte.
    In der Diele traf er auf den Gärtner, der die ersten Blumen in einer Vase arrangierte.
    »Ihren Wagen, Herr Barreis?« fragte er.
    »Ja, den kleinen roten.«
    »Ist wie immer aufgetankt, Herr Barreis …«
    Zehn Minuten später fuhr Bob nach Vredenhausen zum Café Himmelmacher. Mathilde Barreis lag noch immer ohnmächtig auf dem Boden und atmete kaum. Renate Peters fand sie erst eine halbe Stunde später und glaubte an einen Schwächeanfall.
    Mathilde Barreis widersprach nicht und schwieg. Aber sie war in dieser halben Stunde eine alte Frau geworden …
    Ettore Laparesi und Don Emilio empfingen Bob und Tschocky in Mezzana wie eine zurückgebrachte Heiligenfigur. Der ganze Clan der Laparesis geleitete sie ins Dorf, und weil Ettore Bürgermeister war, und ein sozialistischer dazu, gab er ein Fest für die Freunde aus Germania, opferte einen Hammel, den Tschocky später mit dem zehnfachen Preis bezahlte, briet ihn nach guter alter Räuberart am Spieß und ließ den schweren, dunkelroten Wein kreisen, diese purpurne, eingefangene Sonne Siziliens.
    »Amici –«, sagte er nach dem Fest, als Don Emilio bereits schwankend weggegangen war, um vor Mitternacht noch, ein Gebet unter dem Altar zu sprechen. »Ich habe einen neuen Toten.«
    »Das klappt ja wie das Brötchenbacken«, sagte Tschocky fröhlich. »Wo denn?«
    »Wieder in Primolano. Dieses Mal ist's ein Frolini. Der Schwager. Hängt sich in die alte Sache ein, und bumm … da liegt er. Kopfschuß. Die Duccis waren schon immer gute Schützen. Aber die Frolinis sind ein Gaunerpack. Sie verlangen sechzigtausend Lire. Ich habe alles versucht, aber mit ihnen ist nicht zu handeln. Sie meinen, der Tote sei einen Meter achtzig groß, der Ducci aber wäre nur einen Meter sechzig gewesen. Mehr Länge, mehr Lire … so eine Gesellschaft sind die Frolinis. Man kann einfach mit ihnen nicht handeln …«
    Tschocky war bereit, auch

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