Ein Mann wie Mr Darcy
Jetzt fühle mich wie ein richtig schlechter Mensch.Vielleicht sollte ich mich entschuldigen, vielleicht …
In einer einzigen fließenden Bewegung nimmt John einen letzten Zug von seiner Zigarette, drückt sie mit dem Absatz aus und stürzt sich auf mich.
Oh Gott. Das passiert nicht wirklich. Es kann gar nicht sein, dass das passiert.
Es passiert.
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarre ich. Alles scheint wie in Zeitlupe abzulaufen. Ich sehe, wie er sich mit geschlossenen Augen, offenem Mund und heraushängender Zunge vorbeugt, was mir verrät, dass er meine Freundlichkeit mit einer Einladung verwechselt hat. Glücklicherweise (oder sollte ich eher sagen unglücklicherweise?) habe ich im letzten Jahr schon so viele schlechte Verabredungen hinter mich gebracht, dass meine Reflexe erstklassig funktionieren. Im letzten Moment komme ich zu mir und schaffe es gerade noch, ihm auszuweichen.
Seine Lippen schlittern über meine Wange, ehe er mir einen schlabberigen Kuss aufs Ohr drückt.
Eugghhh. Ich schubse ihn brüsk weg. Aber auch das ist noch schwierig genug, weil sein Arm wie ein Schraubstock um meine Hüfte liegt.
Wir fahren auseinander und stehen uns auf dem Bürgersteig gegenüber.
»In diesem Fall ist es wohl besser, ich nehme mir ein Taxi nach Hause«, erklärt er knapp und stopft sich die Hände in die Taschen seiner sorgfältig gebügelten Hose.
»Ja, ich auch«, antworte ich zittrig und lege mein speichelgetränktes Ohr mit dem Ärmel trocken.
Schweigen.Wir stehen beide am Bordstein und versuchen, ein Taxi anzuhalten. Endlich, nach einigen qualvollen Minuten, taucht der vertraute Anblick eines gelben Taxis mit eingeschaltetem Licht auf dem Dach auf. Es hält an, und ich strecke mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung die Hand nach dem Türgriff aus, aber John kommt mir zuvor. Ich bin angenehm überrascht. Immerhin! Doch ein bisschen Kavalier.
Vor Freude schenke ich ihm das erste aufrichtige Lächeln des heutigen Abends, als er die Tür öffnet.Vielleicht habe ich ihm Unrecht getan.Vielleicht ist er doch nicht so übel.
Ohne zu zögern springt er hinein und knallt die Tür zu.
»Okay, danke für den schönen Abend«, sagt er durch das geöffnete Wagenfenster. »Schöne Feiertage!«
»Hey -«, brülle ich ihm hinterher, als ich meine Stimme wiedergefunden habe. »Hey, du hast mir gerade mein Taxi -«
Doch in diesem Moment fährt der Wagen auch schon mit quietschenden Reifen davon.
Ich bleibe auf dem schmuddeligen Bürgersteig zurück, sehe den Rücklichtern nach, wie sie im Verkehr verschwinden, und spüre, wie mich trotz meiner Wut Traurigkeit überkommt. Unvermittelt brennen Tränen in meinen Augen, und ich blinzle sie wütend weg.Was ist nur in mich gefahren? Das ist doch lächerlich. Der Typ war ein totaler Schwachkopf. Ich bin nicht traurig. Es geht mir gut, sogar ganz hervorragend.
Mit einem entschlossenen Schniefen schiebe ich die Hände in die Taschen und stapfe los in Richtung U-Bahn.
»Du hättest die Polizei rufen sollen.«
Es ist der nächste Morgen, und ich bin bei McKenzie’s, einer kleinen Buchhandlung in Familienbesitz, wo ich Geschäftsführerin bin. Ich sehe zu Stella, meiner Assistentin, auf, die auf der Leiter steht und Bücherregale auffüllt.
»Warum? Weil er mir das Taxi vor der Nase weggeschnappt hat?« Mit einem resignierten Lächeln reiche ich ihr einen Stapel Bücher. »Bitte, Officer, mein Bekannter hat mir das Taxi vor der Nase weggeschnappt, das heißt, er ist kein Kavalier. Verhaften Sie ihn.«
»Nein, deswegen doch nicht.« Sie stemmt eine Hand in die Hüfte und macht ein angewidertes Gesicht. »Wegen der gebügelten Hosen!«
Stella und ich haben uns bei einem Bewerbungsgespräch kennen gelernt, zu dem ich sie, überwältigt von ihren umfassenden Literaturkenntnissen, eingeladen hatte. Zumindest hatte ich das erwartet, nachdem ich ihren beeindruckenden Lebenslauf gelesen hatte. Nach fünf Minuten stellte sich jedoch heraus, dass sich Dichtung nicht unbedingt auf Bücherregale beschränken muss. Stella kam frisch von der Modeschule und hatte nicht die leiseste Ahnung von Büchern. Sie hielt einen Thesaurus für einen Dinosaurier und gestand schließlich, das Einzige, was sie je lese, sei ihr Horoskop.
Nun ja, zumindest war sie ehrlich, »und Ehrlichkeit ist sehr wichtig«, erklärte ich Mr. McKenzie, dem Eigentümer, als Rechtfertigung dafür, dass ich sie eingestellt hatte.
In Wahrheit war sie das kleinste von verschiedenen Übeln. Mit ihrem
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