Ein Mann wie Mr Darcy
abzubeißen. »Natürlich.« Krampfhaft versuche ich, mein Lächeln zu unterdrücken. »Muss er ja, bei so einem Namen.«
»Hmmh.«
»Und woher hast du den Spitznamen Spike?«, frage ich weiter.
»Seltsam, dass du fragst«, antwortet er unbeirrt.
»Ja, nicht?« Ich unterdrücke ein Kichern.
»Es ist ähm … der Name einer Schlacht«, antwortet er mit ausdrucksloser Miene. »Die Schlacht von Spike.«
»Ah, du meinst die berühmte Schlacht von Spike.« Ich gehe auf sein Spielchen ein.
»Du hast schon davon gehört?«, fragt er mit blitzenden Augen.
»Oh, aber sicher, in Amerika ist sie sehr bekannt.« Ich nicke ernst.
Es entsteht eine kurze Pause.
»Worum ging es dabei noch mal?«
»Ähm …« Er kneift ein Auge zusammen, als würde er scharf nachdenken. »Ich glaube, um Postkarten.«
»Ach ja, natürlich. Das hatte ich vergessen. Postkarten.«
Unsere Blicke treffen sich kurz, und unseren ernsten Mienen zum Trotz amüsieren wir uns beide köstlich.
»Wo wir gerade davon sprechen. Du hast Recht.«
»Hab ich?« Er macht ein überraschtes Gesicht.
»Ja, die ist schön.« Ich nehme ihm die Karte aus der Hand und gehe zur Kasse. Die Schlacht von Spike! Inzwischen kehre ich ihm den Rücken zu und grinse unverhohlen. Das ist das Ärgerliche an Spike. Er kann wirklich süß sein, wenn er will.
Fünfzehn
›Lieber Mr. McKenzie, tja, nun bin ich im englischen Bath, der Heimat einer unserer meistverkauften Autorinnen! Es ist toll hier. Ich wünschte, Sie wären... ‹
Moment. Ich kann doch meinem Boss nicht schreiben, ich wünschte, er wäre auch hier, oder? Denn das tue ich ja gar nicht. Auch wenn er ein netter alter Mann mit eleganten Fliegen ist und sich eigentlich nicht wie ein Chef benimmt. Ich radiere es aus und ersetze es durch
›Ihnen würde es hier auch gefallen. Ich hoffe, im Laden ist alles in Ordnung …‹
Beim Gedanken an den Laden macht sich leise Unruhe in mir breit. Diese Buchhandlung ist wie mein eigenes Kind.Vor meiner Abreise habe ich massenweise Haftnotizen geschrieben und überall aufgehängt, zusammen mit einer Liste meiner Kontaktnummern für Notfälle, aber trotzdem …
Emily, hör auf, dich verrückt zu machen. Es ist eine Buchhandlung. Was für ein Notfall soll dort passieren? Dass die Ausgaben von Behrendts Er steht einfach nicht auf dich ausverkauft sind?
Das ist tatsächlich einmal passiert, sodass ich mich mit einem ganzen Laden wutentbrannter Frauen herumschlagen musste, aber seither habe ich dafür gesorgt, dass wir das Buch stets tonnenweise auf Lager haben. Außerdem bin ich sicher, dass alles gut läuft.
Ich kaue auf meinem Kugelschreiber herum und betrachte wieder die Postkarte. Noch ziemlich leer. Mir fällt nichts ein. Mein Gott, ich weiß nie, wie man so was schreibt; ich will zwar, dass der Text witzig und spannend klingt, trotzdem endet es jedes Mal mit irgendeiner Banalität à la ›Nun bin ich im englischen Bath‹, was ziemlich offensichtlich ist, da es auf der Vorderseite abgedruckt ist. Ach, ich geb’s auf.
›Bis SEHR BALD. Liebe Grüße und Küsse Emily‹ <
»Hier, meine Liebe.«
Es ist Mittag, und ich sitze im Obergeschoss eines gemütlichen, traditionell aussehenden Cafés in einer mit Velourstapete ausgekleideten Nische. Die Kellnerin steht mit einem Teller vor mir, auf dem sich dicke, grobe Kartoffelscheiben, Kabeljau und etwas türmen, das auf der Speisekarte faszinierenderweise mit »Erbsenpüree« angegeben war.
»Fish and Chips?«
Mein Magen bejaht knurrend. »Mmm, ja bitte.«
Nachdem ich hastig die Postkarten beiseitegeschoben habe, stellt sie den Teller vor mir ab, zusammen mit einer großen Ketchup-Plastikflasche und etwas, das sich Sarson’s Vinegar nennt, und eilt davon. Ihre blickdichten Strümpfe rascheln gegen ihren Nylonunterrock. Ich atme tief ein. Allein der Duft lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen, und mit einem Mal wird mir bewusst, wie hungrig ich bin.
Hmmmm, Englands berühmtestes Gericht, Fish and Chips. Gierig begutachte ich meinen Teller, während ich Messer und Gabel aus der rosafarbenen Serviette auswickle. Tja, es wäre doch unhöflich, das Nationalgericht nicht zu probieren, oder?
Ich quetsche einen dicken Klecks Ketchup auf meinen Teller. Außerdem ist das Tolle am Urlaub, dass er in puncto Kalorien so etwas wie Freigang aus dem Gefängnis ist. Genauso wie Geld auf Flughäfen nicht wirklich Geld ist, nimmt man im Urlaub keine echten Kalorien zu sich.
Mit einem stummen Dankgebet, nicht Stella zu
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