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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Regenplane mitgeben für die Koffer.«
    »Schön! Hast du viel Stunk mit denen?«
    »Es geht! Dem schlimmsten Schreier habe ich heute einen über den Döz gegeben.«
    »Hast du recht gemacht«, sagte Wagenseil und betrachtete den Jungen nachdenklich. »Weißt du was?« rief er mit einem plötzlichen Aufflammen, »du müßtest was Amtliches haben, dann lassen sie dich eher in Ruhe!«
    »Wieso was Amtliches? Ich bin doch nichts Amtliches!«
    Aber Wagenseil war von seinem Einfall begeistert. »Du mußt einen langen grünen Mantel kriegen, bis an die Hacken. Mit blanken Knöppen. Und dann eine grüne Mütze mit dem Messingschild ›Berliner Gepäckbeförderung‹. Mensch, Karl, das ist eine Idee. Pyramidal siehst du dann aus. Dann rührt dich keiner mehr an.«
    »Ich lasse mich doch nicht als Affe ausstaffieren!«, rief Karl Siebrecht entrüstet. »Ich bin doch kein Kintopp-Portier. Ausgeschlossen, Franz! Das Geld spare lieber. So ein Zeug ziehe ich nie an.«
    »Na, höre mal, Karl«, sagte Wagenseil, aber seine Stimme klang ziemlich drohend, »wir wollen hier jetzt ganz ruhig reden, wir wollen uns hier nicht streiten! Das ist eine ganz erstklassige Idee, sage ich dir. Du verstehst bloß nichts von Reklame. Aber Reklame ist das halbe Leben!«
    »Ja, ja, ja«, sagte Karl Siebrecht gelangweilt – gleich würde es wieder den unvermeidlichen Krach geben. »Wir wollen lieber gar nicht mehr davon reden, Franz. Ich ziehe solch Zeug doch nicht an!«
    »Du ziehst das Zeug doch an!«
    »Dann kaufe mir doch lieber einen Sattel und setze mich ganz rot auf den einen Gaul, und auf den anderen setzt du eine Meerkatze, die kann Becken schlagen – wenn Reklame, dann Reklame!«
    »Einen alten Sattel habe ich noch irgendwo liegen«, sagte der Fuhrherr nachdenklich. »Das wäre noch nicht mal das Dümmste …«
    »Höre mal, Franz«, rief Karl entsetzt. »Wollen wir nun einreelles Fuhruntemehmen aufmachen, oder wollen wir Zirkus spielen? Die Leute wollen ihre Koffer von einem Bahnhof zum andern gebracht haben, und zwar reell …«
    »Reell!« schrie Wagenseil und sprang auf. »Sagst du mir in meinem eigenen Stall, daß ich nicht reell bin –?! Auf der Stelle machst du, daß du aus meinem Stall kommst, oder ich werfe dich achtkantig hinaus!« Und er warf schon, aber nur einen Putzstriegel, der harmlos gegen die Wand fuhr.
    »Du hast wieder deinen Vogel, Franz«, sagte Karl Siebrecht unter der Stalltür. »Aber das Schöne bei dir ist, Franz, daß du alle Tage einen anderen Vogel hast –«
    Er sprang zur Seite, und der Wasserguß aus dem Stalleimer klatschte wirkungslos an ihm vorbei auf den dunklen Hof.
    »Daß du dich nicht wieder auf meinem Hof blicken läßt, du miserabler Klopphengst, du!« brüllte Wagenseil in höchster Wut. »Mir eins fünfundneunzig anzubieten – ’ner Nutte gibt man mehr!«
    »Gute Nacht, Franz, und auf Wiedersehen!« rief Karl, da war er schon auf dem Hof.
    Er ging an dem Büro vorbei, das Fenster öffnete sich. »Du, hör mal, Siebrecht!«
    »Ja –?«
    »Es hat ein Herr nach dir gefragt, vor einer Stunde etwa. Du möchtest auf ihn warten, er käme noch mal vorbei.«
    »Was denn für ein Herr? Wie hieß er denn?«
    »Weiß ich nicht. Da hätte ich viel zu tun, wenn ich mir alle Namen merken wollte von denen, die hier vorbeikommen!« Das säuerliche Fräulein empörte sich. »Aber du kannst es machen, wie du willst, von mir aus!«
    »Dann werde ich zu Ihnen hereinkommen, hier im Dunkeln wartet es sich auch nicht schön.«
    »Na, komm schon rein!« Und als Karl Siebrecht im Büro war: »Hat er dich wieder mal rausgeschmissen?«
    »Ja.« Karl Siebrecht war noch bei dem Herrn, der nach ihm gefragt hatte: »Sah er vielleicht wie ein Matrose aus?«
    »Weiß ich nicht. War schon halb duster, als er kam. Und nun halte den Mund, ich muß hier rechnen.«
    Gute zehn Minuten herrschte tiefes Schweigen auf dem Büro. Dann kam Herr Wagenseil reinstolziert, den Jungen beachtete er nicht: »Sie, Karline«, brummte er das Fräulein an. »Telefonieren Sie mal mit meiner Ollen! Ich komme heute nicht zum Abendessen. Ich begieße mir die Nase für eins fünfundneunzig!«
    Das Fräulein reagierte nicht, das Fräulein rechnete.
    Mit erhobener Stimme sprach der Chef: »Haben Sie Schmalz in den Ohren, Sie Essigkruke, Sie! Meine Olle sollen Sie anrufen! Und sagen Sie ihr gleich, ich bin schon weg, sonst quasselt die mir auch noch die Ohren voll!«
    »Erstens bin ich weder ’ne Karline noch ’ne Essigkruke, zweitens ist Ihre Frau

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