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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Karl«, meinte Kalli. »Er wird ja sagen und weiter hinter unserem Rücken hetzen. Er ist und bleibt ein hinterhältiger Hund – das bist du, Kiesow!«
    »Ich bin jetzt gewiß ehrlich!«
    »Das bist du nie! Und weil du das nicht bist, gibst du uns jetzt als Pfand deinen Ausweis als Dienstmann. Den behalten wir so lange, bis wir gesehen haben, du meinst es wirklich ehrlich!«
    »Jungens, den kann ich euch doch nicht geben, den brauche ich doch! Und ich habe ihn auch gar nicht bei mir.«
    »Du hast eben nach deiner Brusttasche gefaßt, da sitzt er! Nein, Kalli, nimm ihn nicht mit Gewalt, er muß ihn freiwillig hergeben, er kann ja noch mal eine Tracht Prügel haben, wenn ihm das lieber ist.«
    »Und das nennst du freiwillig, Siebrecht?!«
    »Gib schon her, Kiesow, danke schön. Ich werde ihn dir gut aufbewahren, aber nicht auf meinem Leibe! Nächtliche Überfälle sind nutzlos! Auf Wiedersehen, Kiesow, morgen früh am Schwedenzug! – Los, Kalli, ich freue mich auf zu Hause. Und nun erzähle mir vor allen Dingen: wie war das mit der roten Mütze?«
    Der weite Weg nach der Wiesenstraße wurde beiden nicht lang, so viel hatten sie einander zu erzählen. Sie gingen Arm in Arm – zuerst, weil Karl Siebrecht doch noch ein bißchen wacklig auf den Beinen war, dann, weil es ihnen gut gefiel. Karl Siebrecht sah ein, wie unrecht er dem Freund getan hatte, aber auch Kalli Flau gab zu, daß der Freund in manchem recht hatte.
    »Was wahr ist, muß wahr sein, Karle«, sagte er. »Unbequem bist du oft für uns mit deinem ewigen Hecheln und Feintun. Aber recht hast du wahrscheinlich. Ich glaube jetzt wirklich, du kitzelst uns noch hoch.«
    »Glaubst du das wirklich?« fragte Karl Siebrecht erfreut. »Glaubst du jetzt auch, daß der Fuhrbetrieb klappen wird?«
    »Bombensicher!« sagte Kalli Flau mit Überzeugung.
    Dann kamen sie in die Wiesenstraße. Es war lange nachzehn Uhr. Über der nie abreißenden Näherei saß Rieke Busch, hob den Kopf und rief Kalli ungnädig an: »Wieso kommste denn so spät, Kalli? Det janze Essen is een Matsch! Det mach lieba nich noch eenmal! Haste wat von Karlen jesehen? Wie jeht denn sein Jeschäft? Hat er meine Stullen jejessen? Wie war er denn jestimmt?«
    »Ach, der Hammel!« sagte Kalli Flau wegwerfend. »Der kann mir ja im Mondschein begegnen! Der und sein feines Getue! Der soll mir noch mal kommen!«
    Er stolzierte mit steifen Armen in der Küche auf und ab wie ein streitsüchtiger Hahn – und Riekes Augen wurden immer größer und ängstlicher.
    Aber ehe sie noch etwas hatte sagen können, ging die Tür auf, und herein polterte Karl Siebrecht und schrie: »Kommst du hier raus, Kalli –?! Kommst du gleich runter auf den Hof –?! Das möchtest du, dich hier bei der Rieke verkriechen, du feiger Kerl –!«
    Und auch er stolzierte wie ein kriegerischer Hahn in der Küche, er sah wahrhaft schrecklich aus mit seinem blau und blutig geschlagenen Gesicht, dem zerrissenen Hemdkragen und den von Straßendreck beschmutzten Kleidern …
    Die Jungen sahen auf Rieke. Ihr immer starrer werdendes Gesicht machte ihnen tiefen Spaß, sie hatten sich so königlich auf diese »Überraschung« gefreut.
    »Ach, Rieke –!« rief Karl Siebrecht schließlich, er konnte sich nicht mehr halten, er brach in Lachen aus. Und auch Kalli Flau platzte los.
    »Ihr habt euch jekloppt?!« rief Rieke in tiefstem Schmerz. »Nu is allet hin –!« Und sie schlug die Hände vors Gesicht und brach in ein lautes jammervolles Weinen aus.
    Den Jungen blieb das Lachen in der Kehle stecken, ihr dummer Scherz sah plötzlich gar nicht mehr scherzhaft aus.
    »Rieke!« rief Karl Siebrecht, lief zu ihr hin und umfaßte sie. »Weine nur nicht! Es war doch bloß Scherz, Rieke! Wir haben uns ausgesöhnt, Rieke!«
    Und Kalli Flau von der anderen Seite: »Aber Rieke! Wirhaben uns doch nicht gekloppt. Wirklich nicht. Der Karl und ich …«
    Sie riß sich los von ihnen, sie schrie zornig weinend den Kalli an: »Du hast ihn vertrimmt, ick seh det doch! Schäm dir wat! Zwei Jahre älta biste und hast viel mehr Kräfte wie der! Und du vakloppst ihn, wo de mir extra vasprochen hast, uff ’n uffzupassen!«
    »Rieke! Rieke!« rief Karl Siebrecht. »So höre doch, er hat mich nicht geschlagen! Der Kiesow hat mich geschlagen, der hat mich überfallen, und ohne Kalli läge ich jetzt auf einer Unfallwache! Kalli hat mich rausgekloppt. Kalli hat auf mich aufgepaßt, genau, wie er dir versprochen hat!«
    »Is det wahr?!« rief sie, und ihre Tränen liefen

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