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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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verhandeln – wenn Sie uns Referenzen beibringen können …«
    Dieser Nachsatz befestigt Karl Siebrechts Haltung. »Nein«, sagte er entschlossen. »Ich muß mit Ihrem Chef selbst reden. Wollen Sie mir nicht seine Privatwohnung sagen, wenn er nicht hier ist?«
    »Das ist leider nicht möglich. Herr Gollmer wünscht in seiner Villa mit nichts Geschäftlichem gestört zu werden. Wenn Sie sich nicht entschließen können, mir zu sagen, was Sie auf dem Herzen haben –« Der Prokurist machte eine bedauernde Handbewegung.
    »Nein, danke. Ich muß mit Ihrem Chef selbst reden.«
    »Dann bedaure ich außerordentlich …«
    Karl Siebrecht stand wieder auf der Straße. Im Mittagslicht dieses Maitages sahen die gewaltigen Linden schon herrlich grün aus. Aber eine Ecke weiter war noch ein anderes Automobilgeschäft, er erinnerte sich gut, eine amerikanische Firma. Ob er es dort einmal versuchte? Mit der Engländerin hatte er alles in allem keine schlechten Erfahrungen gemacht. Aber er hatte sich nun einmal gerade diesen Laden in den Kopf gesetzt. Schon ganz im Anfang, als ihm zuerst in der Autodroschke der Gedanke an Autos gekommen war, war gerade dieser Laden schattenhaft vor ihm aufgetaucht. Sein Blick fiel auf ein kleines Firmenschild an der Tür. Es war klein, nicht breiter als ein Lineal und nicht länger als eine Hand, »In haber Ernst Gollmer« stand darauf. Ernst Gollmer – unbekannten Wohnortes. Ernst Gollmer – Schlüssel zum Autoparadies, aber nicht auffindbar. Ernst Gollmer – nur einmal dieWoche ortsanwesend. Ernst Gollmer – nicht mit dem Verkauf zu belästigen … Aber, wenn man auch die Adresse von diesem Herrn Gollmer verweigerte, sollte es denkbar sein, daß dieser Inhaber der größten Automobilvertretung Berlins in seiner Villa ohne Telefon war? Es war undenkbar! Und alle Telefoninhaber standen in einem Verzeichnis! Karl Siebrecht sah sich um. Schräg gegenüber lag das Café Bauer, auch eine Stätte, die er noch nie betreten hatte! Jetzt betrat er sie – voller Entschluß!
    Er fand das Telefonbuch auf einem Tischchen. Er blätterte und sah sofort, was der backenbärtige Prokurist durchaus nicht hatte erzählen wollen: »Gollmer, Ernst, Kaufmann. Grunewald, Königsallee 27.« Grunewald – das war beinahe eine Landpartie, er kam heute noch ins Grüne, er würde noch mehr Laub sehen als das der alten Linden!
    Karl Siebrecht fuhr mit der Elektrischen und dann fuhr er mit einem Pferdeomnibus, der ihn am Hause seines Freundes, des fernen Herrn von Senden, vorüberführte. Er sah hoch: all die grünen Jalousien waren herabgelassen, er winkte ihnen fast übermütig zu. Herr von Senden, der gerne geholfen hätte, weilte unerreichbar fern in Vorpommern, Herr Ernst Gollmer, der vermutlich gar nicht gerne half, wohnte erreichbar in Grunewald, und das war besser! Wieder eine Elektrische – und dann zum Schluß noch ein zweiter Pferdeomnibus, dessen Pferdchen in der Maiensonne immer langsamer der Endhaltestelle am Ringbahnhof Halensee entgegenzuckelten. Der runde Lackhut des Omnibuskutschers warf wahre Blitze in dieser Sonne, und ganz behaglich schlenderte Karl Siebrecht, die Hände auf dem Rücken, nun über die große Eisenbahnbrücke, blieb auch einen Augenblick stehen und sah zu den Geleisen hinab, auf denen ein Güterzug rangierte. Mit ein paar jauchzenden, kreischenden Kindern hüllte ihn der Dampf der Lokomotive plötzlich in eine weiße Wolke – der Dampf verging, und alles war wieder Sonne, Mai und blauer Himmel!
    Königsallee – die Tür zum schmalen Vorgarten der großenroten Villa stand offen. Er ging hindurch, stieg ein paar Stufen hinauf und drückte – nun doch mit arg klopfendem Herzen – auf einen Klingelknopf. Er hörte die Klingel schnarren. Vorsorglich nahm er schon jetzt den Hut ab, um es nachher bloß nicht zu vergessen.
    Die Klingel hatte geschnarrt, aber nichts erfolgte. Eine ganze Weile wartete er geduldig, dann faßte er zum zweiten Mal Mut und drückte wieder auf den Knopf. Wieder schnarrte die Klingel gehorsam, und wieder hörte niemand auf ihren Ruf. Er sah sich argwöhnisch um. Diesem Herrn Gollmer, der sich in seinem eigenen prunkvollen Geschäft verleugnen ließ, war allerlei zuzutrauen: vielleicht gab es hier geheime Beobachtungsfenster, durch die unerwünschte Besucher sofort erkannt wurden. Aber die Villa sah aus wie jede Villa eines reichen Mannes, von irgendwelchen Heimlichkeiten war nichts zu entdecken. Zum dritten Mal legte Karl Siebrecht den Finger auf den

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