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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Klingelknopf, und diesmal ließ er ihn gleich darauf. Wenn man einmal zu etwas entschlossen ist, soll man nicht nachgeben. Hier an der Pforte des Paradieses kehrte er nicht wieder um! Die Klingel schnarrte, schnarrte, schnarrte – endlos!
    Plötzlich ging die Tür auf, und eine zornige Mädchenstimme schalt: »Was fällt Ihnen denn ein?! Was soll denn diese Klingelei?! Denken Sie, ich sitze auf meinen Ohren –?« Und in höchstem Erstaunen: »Du lieber Gott! Nein, wie ist denn so was bloß möglich?! Der Handtaschentreter!« Das Erkennen war gegenseitig gewesen, sie starrten sich beide in größter Verblüffung an, das Mädchen aus dem Tiergarten mit den Korkzieherlocken und der junge Mann, der auf ihrer Handtasche herumgetrampelt hatte.
    »Das Fräulein mit dem Bruder!« sagte er verblüfft und ließ seinen Hut fallen.
    »Da!« rief sie, »da haben Sie schon wieder was hingeschmissen! Nun trampeln Sie bitte auch darauf herum. Sie können ruhig einmal auf Ihren eigenen Sachen herumtrampeln!« Sie besann sich. »Wie haben Sie das denn rausgekriegt, daß ich hier wohne? Das ist doch, gelinde gesagt, eine Unverschämtheit,mir so nachzuspionieren!« Sie warf vor Entrüstung die Locken zurück, und sofort fielen sie wieder nach vorn, stießen leicht pendelnd gegen die Wange. Heute trug sie keinen Hut, dafür hatte sie eine große bunte Schürze um – er hielt sie für eines der Mädchen hier in der Villa.
    »Eigentlich wollte ich Herrn Gollmer besuchen«, erklärte er und bückte sich nach seinem Hut. Er zögerte, dann überwand er sich und trampelte auf den Hut. »Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden mit mir, Fräulein?«
    »Was sind Sie bloß für ein Mensch!« rief sie. »Auf den schönen Hut zu treten! Geben Sie ihn mir mal her!« Sie nahm ihn aus seinen Händen, bog ihn zurecht und klopfte ihn ab. »Vor Ihnen muß man ja Angst kriegen!«
    »Sie haben es doch so gewollt, Fräulein!«
    »Wenn Sie alles tun wollen, was ich sage? Da haben Sie ihn – es ist ihm noch besser gegangen als meinem armen Bild!«
    »Ihrem Herrn Bruder geht es gut, Fräulein?«
    Sie sah ihn empört an, dann warf sie einen raschen Blick in die große Halle. »Schämen Sie sich!« sagte sie und wurde rot. »Ich hoffe, Sie erzählen Herrn Gollmer nichts von meinem – Bruder. Was wollen Sie überhaupt von Herrn Gollmer?«
    »Ich möchte – ich will – ich habe etwas Geschäftliches mit ihm zu besprechen!«
    »Und da kommen Sie hierher?! Hier redet Vater nie über Geschäfte! Das ist ganz nutzlos, er hört Sie gar nicht erst an, er schmeißt Sie auf der Stelle raus!« Sie sah ihn strafend an.
    Ihr Vater … Der große Automobilkaufmann Gollmer war ihr Vater! Wenn das kein Wink des Himmels war! »Fräulein«, bat er, »Fräulein, machen Sie es möglich, daß Ihr Vater mich anhört. Tun Sie es mir zuliebe! Es hängt für mich so viel davon ab, einfach alles! Wenn er mich nur anhört, alles andere ist meine Sache! Aber das müssen Sie möglich machen, bitte, bitte!«
    Wenn Karl Siebrecht einen Augenblick über sich nachgedacht hätte, wäre es ihm doch aufgefallen, wie leicht ihm bei diesem Mädchen das Bitten fiel, ihm, der sonst nie bitten konnte. Aber er hatte jetzt nicht die geringste Zeit, über sichnachzudenken. Daß er sie hier getroffen hatte, daß sie hier vor ihm stand – und so gut anzusehen, ach, so gut anzusehen! Und daß er etwas mit ihr zu reden hatte, schon das zweite Mal, als er sie sah, hatte er ein Geheimnis mit ihr. Schon darum mußte es mit diesem Kaufmann Gollmer etwas werden, um sie öfter sehen zu können! Bitte, bitte! hatte er gesagt.
    »Sie sind aber wirklich komisch!« sagte sie. »Erst schütten Sie mir meine Handtasche aus und trampeln darauf herum, dann zerreißen Sie mir meine Bilder, dann klingeln Sie Sturm wie ein Einbrecher –«
    »Einbrecher klingeln doch nicht, Fräulein!«
    »Dann haben Sie wie ein Räuber geklingelt!«
    »Räuber klingeln auch nicht!«
    »Natürlich, Sie müssen immer recht haben! Und da verlangen Sie noch, daß ich mich mit Ihnen gegen Vater verbünde – komisch finde ich das!«
    »Ich verlange es doch nicht, ich bitte Sie darum.« Und er sah sie wirklich sehr bittend an.
    »Vater ist heute sehr schlechter Laune«, meinte sie, ein wenig milder. »Seit zwei Stunden wartet er schon auf den Gärtner. Verstehen Sie was von Gärtnerei?«
    »Kohl und Mohrrüben kann ich unterscheiden.«
    »Also versuchen Sie es«, sagte sie entschlossen. »Aber ich habe mit der Sache nichts zu tun. Gehen Sie

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