Ein Mann will nach oben
Woche! Wie de dir sonst beköstigst, davon reden wa noch. Ick denke, du ißt bei mir und jibst mir Kostgeld! – Hier is ooch det Mehl, Brommen, wat se Vata’n jeliehen haben!«
»Na, so eilig wär det nu ooch nich jewesen, Rieke. Det ist ja nich so bei mir, Rieke, det ick een halbet Pfund Mehl direkt entbehren tu!«
»Det weeß ick doch, Brommen. Et is nur von wejen die Ordnung.«
»Ja, ordentlich biste, Rieke!«
»Aba kieken Se sich det Mehl an, Brommen, det is een Mehl! Det ha’ ick von Tante Bertha’n mitjebracht, so’n Mehl kriejen Se nich mal bei Tamaschke!«
Und nun ergingen sich die beiden über die Vorzüge ländlichen Mehls, und dann berichtete Rieke von ihren Anschaffungen bei Tante Bertha, und Karl Siebrecht stand stumm und ein wenig verdrossen und übermüdet dabei. Vorläufig konnte er noch nirgends mitreden, es war eine zu fremde Welt. Aber er fand doch, Rieke hätte nun Schluß machen und ins Bett gehen können, sie beide hatten den Schlaf nötig. Aber damit bewies Karl Siebrecht nur, daß er wirklich ein ahnungsloser Knabe war. Man fällt nicht mit der Tür ins Haus, weder auf dem Lande noch in der großen Kaiserstadt Berlin. Rieke wußte wohl, was sich schickt, und die Brommen wußte es auch. Eine ganze Weile verging, ehe die Bromme fragte: »Und wat sagt denn der Olle dazu, Rieke? Hat er sich denn jefreut über all det jute Essen, wat du anjeschafft hast? Da habt ihr doch den janzen Winter jut von!«
»Heute noch nich, Brommen«, antwortete Rieke Busch. »Aber det kommt noch.«
Eine kleine Pause entstand, dann sagte die Brommen: »Na ja, wenn’t man kommt! Unsereener is ja Warten jewohnt, wat, Rieke?«
»Det ja. Aber manchmal wart’ man ooch umsonst, Brommen.«
»Ach nee –?« Sehr gedehnt: »Du meinst –?«
»Ja, det meen ick, Brommen. Vata will nich.«
»Ach so!« Tiefes gedankenvolles Schweigen. Dann: »Der Ernst hat mir jesagt, der Olle spinnt heute …«
»Det ooch, Brommen.«
»Det jibt sich doch, Rieke!«
»Det nich, Brommen, det nich! Der Umstand ist der: sie hat’s ihm verboten!«
»Wat hat se ihm vaboten? Mir hat se ihm vaboten?! Haste Töne, Rieke? Sich hat se doch nischt vaboten, oder –?«
»Nee, det nich! Aba, Brommen, det bild er sich doch bloß in!«
»Denn red ihm doch seine Inbildungen aus!«
»Det kann ick nich! Er sieht ihr wirklich, und er hört ihr ooch, da kann man nich gegen an reden.«
»Spricht se denn wirklich mit ihm? Nee so wat!«
»Ick weeß nich, ob er sich mit ihr unterhält, det jloobe ick eijentlich nich.«
»Wat hat se ihm denn jesagt?«
»Ick weeß ooch nich so. Det er keen Weib berühren soll oder so!«
»Nu schlägt’s dreizehn! Die spinnt wohl? Wenn der Olle spinnt, die spinnt noch zehnmal mehr. Det is doch direkt unjesund, der Mann is doch in den besten Jahren! Nee, so wat ha’ ick noch nich jehört! Uff wat die nich noch im Jrabe kommt – und gerade die!«
Und die geduldige, so müde Stimme Riekes: »Vata bild sich det doch bloß in, Brommen!«
»Det sage nich! So wat kann sich keen Mensch inbilden! Det is se, wie se leibt und lebt!«
»Na ja, Brommen, wie Se denken, Se können ja recht haben.Aba ick meine imma, wa lassen Vata erst mal zufrieden. Det se erst wieda Ruhe jibt. Der Mann is ja ganz durcheinander.«
»Da haste recht, Rieke! Den Jefallen tun wa ihr nich, det se ihn noch weiter ängstigt. Die soll man bleiben, wo se ist. Da liegt se gut. Und am Sonntag mach ick mal raus uff den Friedhof bei ihr und bring se Blumen, det besänftigt se valleicht.«
»Det tun Se man, Brommen, det is ne jute Idee. Jute Nacht, Brommen! Jute Nacht, Karl! Schlaf ooch schön, Karl!«
»Schlaf du auch schön, Rieke!«
»Hier is dein Bette, Jung!« sagte die Brommen und führte, eine Kerze in der Hand, den Karl in eine Dachkammer, unter deren schräger Decke zwei Betten standen. Das seine stand aber ganz unter der Schrägung, so daß er im Bett nicht würde aufrecht sitzen können, das sah er gleich. »Det andre Bett hat Ernst, der is noch unterwejens. Deine Sachen legst du übers Bette, det wärmt ooch noch. Det zucht hier een bißcken durch’t Dach. Na, du hast ja junget Blut, da macht det noch nischt. – Jute Nacht ooch.«
»Also denn jute Nacht, Frau Bromme!«
Das Bett war feuchtkalt. Karl Siebrecht hatte gemeint, sofort einschlafen zu können, aber nun zitterte er vor Frost. Der Wind stieß so nahe an die Schieferplatten, und unter der Decke war immer wieder ein Loch, durch das es eiskalt hereinkam, er mochte sich noch so
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