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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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stärker als die alte Kameradschaft. »Nein«,sagte er. »Ich will keinen Krieg mehr führen. Das alles hilft gar nichts. Es muß endlich Friede sein –«
    »Aber ist das ein Friede?« fragte Dumala. »Nennst du das einen Frieden, mein Sohn? Es hilft alles nichts, und wenn es uns auch gar nicht schmeckt, wir müssen weiterkämpfen, bis wir den richtigen Frieden haben!«
    »Erst einmal müssen wir arbeiten«, antwortete Karl Siebrecht. »Wir haben zu lange gekämpft, wir müssen erst wieder arbeiten lernen!«
    Dumala sah den jungen Mann starr an, dann sagte er: »Überleg dir die Sache noch einmal, mein Sohn. Wir brauchen dich einfach. Du bist einer von unseren sichersten Fahrern, du darfst uns nicht sitzenlassen!« – Karl Siebrecht schwieg. – »Ich verspreche, es ist das letzte Mal, daß ich zu dir komme!« – Karl Siebrecht schwieg. – »Gott verdamm mich noch einmal!« sagte Dumala, aber ohne seine Stimme zu erheben. »Willst du einen alten Kameraden in der Tinte lassen? Soll ich vor dir auf die Knie fallen, du feiges Aas?!«
    »Nein!« sagte Karl Siebrecht. »Nein. Ich tue es nicht. Ich kann es nicht mehr.«
    Der Dicke sah ihn so schrecklich an, daß Siebrecht unwillkürlich die Hand hob. Er glaubte schon, Dumala wollte ihn ins Gesicht schlagen. Aber der Mann mit dem steifen schwarzen Hut bohrte nur die Hände in die Taschen. Er ging glatt an Siebrecht vorüber, über den Hof fort, zum Tor. Aus dem Tor hinaus –Karl Siebrecht starrte ihm nach. Gott sei Dank, dachte er. Und gleich wieder: Was bin ich für ein Lump! Einen Kameraden im Stich lassen, bloß, weil ich zufällig ein Lastauto habe! Das geht doch nicht! Die Gestalt im steifen schwarzen Hut war verschwunden, nie wieder würde sie zurückkommen. Er hatte sich von ihr gelöst, wie er sich von Rieke lösen wollte – nur aus Ichsucht.
    Ich kann doch nicht! sagte er sich. So werde ich doch auch nicht frei … Und plötzlich merkte er, daß er lief. Er lief über den Hof, den Weg, den Dumala gegangen, er lief auf dieStraße, immer weiter laufend, hielt er nach dem schwarzen Hut Ausschau – »Dumala!« keuchte er. »Dumala! Ich mach doch mit! Aber nehmen Sie mich sofort mit, sonst überlege ich es mir doch wieder anders! Gleich oder nie!«
    »Schön!« sagte Dumala und schob seinen Arm fest in den seines jungen Begleiters. »In einer Stunde sind wir unterwegs …«
    Und Rieke wartete umsonst auf Karl Siebrecht an diesem Abend … Und Kalli Flau fragte umsonst nach dem Freund am nächsten Tage … Gelb gestrichen mit der Inschrift »Bahn hofs-Eildienst Siebrecht & Niemand« stand der Lastwagen auf dem Hof des Malermeisters und niemand fragte nach ihm … Und sooft auch das Telefon in der Eichschen Wohnung klingelte, der erwartete Anruf für das Fräulein blieb aus …
    Aber in der vierten Nacht nach jenem Besuch Dumalas auf dem Fuhrhof gab es eine kurze Schießerei an einem Übergang vom besetzten ins unbesetzte Gebiet. Der große schwarze Personenwagen, der schon folgsam gehalten hatte, um sich der Durchsuchung durch die französischen Posten zu unterwerfen, kam plötzlich wieder in Fahrt, fuhr eine Barriere in Trümmern, die überraschten Posten schossen zu spät …
    »Das ging ja glänzend!« sagte Dumala zufrieden – da fing der Wagen an zu schlingern, streifte krachend gegen einen Baum. »Hast du was abgekriegt, Sohn?« schrie Dumala und griff ins Steuer. Aber sein Fahrer antwortete nicht.

82. Der Mann mit dem Traum

    Es war Juni. In sanftem Grün lag das Land zu den Füßen der beiden, die am Saume eines Waldes lagen. Mit Wäldern und Feldern zog es sich dahin, als tanzte es sacht unter diesem blauseidenen Himmel, der wie ein Hochzeitszelt war. Von den Wiesen im Grunde drang das Wetzgeräusch der Sensen zu ihnen empor, weiterhin sahen sie am weißlichen Band der Straße den Hof liegen, von dem sie emporgestiegen waren.
    »Was für ein schönes Land, dieses Westfalen!« sagte der Mann und drückte leise die Hand des Mädchens, die er mit der seinen umschlossen hielt! »Was für ein herrlicher Tag!«
    Sie erwiderte den Druck nicht. Auch sie sah hinaus in das Land, die Straße entlang, aber als suchte sie etwas, als erwarte sie jemand. Dann wandte sie ihm voll ihren Blick zu, der nicht lächelte wie der seine, und sagte: »Und du willst von alldem fortgehen! Es ist dein letzter Tag!«
    »Ja, es ist unser letzter Tag«, antwortete er sanft, und wieder drückte er ihre Hand.
    Diesmal erwiderte sie den Druck, sie drückte seine Hand so stark, daß es

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