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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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etwas zögernd, »ob dies vielleicht mit dem Fotografieren zusammenhängt?«
    »Wie –?« fragte er. »Mit was –?«
    »Als ich gestern hier aus dem Haus kam, stand da so ein Affe und hat mich geknipst. Er sagte noch ganz frech: ›Danke schön, gnädige Frau!‹«
    »Du auch?« rief er verwundert. »Mir ist es genauso gegangen, als ich ins Büro ging. Hier vor unserer Haustür. Und bei mir hat er auch gesagt: ›Danke schön, Herr Direktor!‹ Aber ich hatte es eilig, und ich habe mir eigentlich nichts weiterdabei gedacht.« Plötzlich fiel ihm etwas ein. »Im Büro waren sie heute auch so komisch. Es hat unbedingt etwas in der Zeitung gestanden. Ich habe gedacht, über die Firma und allenfalls über mich, an dich habe ich mit keinem Gedanken gedacht. Verdammt noch mal!«
    »Hast du die Zeitungen durchgesehen?«
    »Alle, von der ersten bis zur letzten Seite! Es steht kein Wort von so etwas darin.«
    »So müssen wir eben bis morgen warten«, meinte sie, ruhiger als er. »Es ist nur ein Glück, daß Vater die Sache in der Hand hat. Halte dich wacker, mein Lieber!« Damit nickte sie ihm zu und ging, überließ ihn seinen Ängsten und Befürchtungen, seinen Grübeleien und Zweifeln, den Selbstvorwürfen und den Vorwürfen, die er ihr machte. Es wurde keine geruhsame Nacht.
    Neun Uhr morgens ist eine sehr frühe Stunde, um zu einem Berliner Rechtsanwalt zu gehen, wenn man nicht gerade einen Termin hat – vielleicht machten die Herren Lange und Messerschmidt darum einen so grämlichen und verkniffenen Eindruck, weil es noch so früh war. »Herr Eich ist noch nicht da«, sagte Lange. »Lesen Sie solange vielleicht dies da, Herr Siebrecht?« Er reichte Karl Siebrecht ein Zeitungsblatt.
    »Aber schreien Sie nicht!« sagte warnend Herr Messerschmidt. »Oder kennen Sie es vielleicht schon?«
    »Nein, ich kenne es nicht«, antwortete Karl Siebrecht, setzte sich und sah die Zeitung an. Es war ein kleines Blatt im Oktavformat und nannte sich »Der Gute Ruf« – er wäre nie auf den Gedanken gekommen, sich solch eine Zeitung zu kaufen. Es gab damals mehrere solcher Klatschblättchen in der Reichshauptstadt, sie nannten sich »Die Wahrheit« oder »Das Intime Blatt« oder »Der Gute Ruf«, hatten aber weder mit Wahrheit oder gutem Ruf auch nur das geringste zu tun. Karl Siebrecht wandte die Blätter eilig um, bis er auf einen kräftig blau umrandeten Artikel stieß. »Der Schwiegersohn zur linken Hand oder der Knorren am Eichenstamm« betitelte er sich.
    Es war ein selbst für dieses Blatt ungewöhnlich perfider Artikel. Er führte aus, wie ein ganz mittelloser Abenteurer – über dessen Vorleben in der nächsten Wochennummer intime Details versprochen wurden – die Tochter eines mächtigen Mannes in Berlin verführt, wie er dann den Vater erpreßt hatte, bis dieser einen Vertrag mit ihm abschließen mußte, der für den jungen Mann sehr günstig, für die Öffentlichkeit aber äußerst ungünstig war. Details würden folgen. »Schläft unser Ministerium oder will es nicht sehen?« Darauf folgten Einzelheiten über das lauschige Heim in einer sehr
passenden
Straße nahe dem Wittenbergplatz, die erlogen waren. Nicht so erlogen war die Behauptung, daß die Tochter des
eichenstämmigen
Mannes ganze Nächte in dieser Wohnung zubrachte, vermutlich mit dem Tippen jener wichtigen Korrespondenz beschäftigt, durch die der Öffentlichkeit weiteres Geld abgezapft werden sollte. »Unser nächster Artikel in dieser Reihe wird lauten: Wie komme ich zu einem Auto oder Die Erpressungen des Eichenknorrens.«
    »Nun –?« fragte Herr Lange und sah den jungen Mann grämlich an.
    »Nun –?« fragte auch Herr Messerschmidt und sah womöglich noch grämlicher aus.
    »Wo sitzen diese Kerle?« fragte Karl Siebrecht und wandte die Blätter mit zitternden Händen um. »Wo sitzt der Schandkerl, der dies geschrieben hat?«
    »Sie finden den Druckvermerk auf der letzten Seite unten«, antwortete Herr Lange. »Ich nehme an, Sie beabsichtigen, der Redaktion einen Besuch zu machen?«
    »Sie nehmen das Richtige an!« rief Karl Siebrecht mit starker Stimme. »Ich werde diesen Schmierfinken zurichten, daß er im nächsten Vierteljahr keine Feder anrührt!«
    »Es wird sich unschwer Ersatz für ihn finden«, murmelte Messerschmidt. »Berlin ist voll von solchen – Herren, die derartiges mit Wonne von sich geben, für fünf Pfennig Zeilenhonorar, nehme ich an. Sie sehen bewegten Tagen entgegen, Herr Siebrecht!«
    »Und welch wirkungsvoller Artikel in der

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