Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
sich zustimmend. – »Nun der zweite Punkt. Es nützt uns gar nichts, wenn wir die Angriffe in dem einen Blatt abstoppen, und die Gegner laufen mit ihrem Material zum nächsten. Wir können nicht alle Schandblätter Berlins kaufen. Wir müssen den Gegner ermitteln. Haben Sie Herrn Siebrecht schon die Frage vorgelegt, wer dieser Gegner wohl ist?«
    »Doch ja. Wir sprachen gerade darüber, als Sie kamen, Herr Eich.«
    »Und wer ist es?«
    »Ich nehme an«, sagte Karl Siebrecht, »es ist der Viehhändler Engelbrecht. Derselbe Mann, Herr Eich, dessen Beteiligung wir seinerzeit zurückwiesen.«
    »So!« sagte Herr Eich. »So!« Er besann sich, blieb stehen und sah wieder den Direktor an. »Es ist sehr liebenswürdig von Ihnen, Herr Siebrecht«, meinte er, »zu sagen, daß
wir
die Beteiligung dieses Engelbrecht zurückgewiesen hätten. Erinnere ich mich recht, wies ich sie zurück, und Sie verteidigten den Mann mit Wärme.« Er sah Siebrecht an, und Siebrecht errötete. – Herr Eich nahm seine Wanderung wieder auf. »Im übrigen«, meinte er, »scheint mir das eine ungewöhnliche Rache für eine zurückgewiesene Beteiligung. Irren Sie sich auchnicht? Woraus schließen Sie, daß gerade dieser Engelbrecht der Urheber der Angriffe ist?«
    »Ich schließe es«, sagte Karl Siebrecht und empfand mit ohnmächtigem Zorn, wie seine Vergangenheit gegen ihn aufstand, wie er jedesmal dafür bestraft wurde, wenn er sich mit einem zweifelhaften Menschen einließ … »Ich schließe es aus der Überschrift des zweiten Artikels, die lautet: Wie komme ich zu einem Auto?«
    »Und wie kamen Sie zu einem Auto?« fragte Herr Eich scharf.
    »Ich bekam es als Kommissionsgebühr von Herrn Engelbrecht für ein Geschäft, das ich in seinem Auftrage abschloß.«
    »Eine ungewöhnliche Rachsucht, eine ungewöhnliche Kommissionsgebühr«, sagte Herr Eich bitter. »Ich nehme an, daß nicht alles in Ordnung ging bei diesem Geschäft, sonst würde uns wohl kaum der ›Gute Ruf‹ einen Artikel darüber versprechen können!«
    »Nein, es war keineswegs alles in Ordnung bei diesem Geschäft«, antwortete Karl Siebrecht. Er war jetzt ganz kalt und ruhig. Einen Augenblick überlegte er. Dann begann er zu erzählen. Er berichtete von dem Besuch bei Tischendorf, von dem Besuch beim Maurermeister – immer näher kam er dem Augenblick, da sich seine Hände um den Hals dieses kleinen Mannes gelegt hatten … Die Augen des Herrn Eich blickten gelblich und kühl auf ihn, diesem Mann war nicht anzusehen, was er bei dem Bericht dachte und empfand. Herr Lange hatte sich an den Schreibtisch gesetzt und den Kopf in die Hand gestützt, Herr Messerschmidt stand halb abgewandt am Fenster und spielte mit der Gardinenschnur. Schließlich hatte er auch das Schlimmste gesagt. Es kam noch die Heimfahrt, es folgte noch der Bericht über das erstaunliche Geschenk Engelbrechts, und nur in einem Punkt sagte er nicht die Wahrheit: er berichtete nichts von dem Spiel um den Lastwagen. Es kam jetzt darauf auch nicht mehr an, aber er hatte es Hertha nun einmal versprochen.
    »Schön«, sagte Herr Eich in das lange Schweigen hinein,das dem Siebrechtschen Bericht gefolgt war. »Lieblich«, fuhr er fort. »Sehr lieblich. Sie lassen es mich wirklich aufrichtig bedauern, daß ich mich für Ihren Verbleib auf dem Direktorenposten entschieden habe.« Zum ersten Mal erhitzte sich Herr Eich. »Zum Teufel, mein Herr«, sagte er erregt und ging nicht, sondern blieb stehen. »Wenn Sie schon derartig anrüchige Geschäfte machen, warum geben Sie dann nicht wenigstens Ihre Schmiergelder zurück, sobald sich die Gelegenheit dafür bietet! Das Unternehmen war gegründet, Sie hatten eine glänzende Zukunft vor sich, und Sie verweigern diesem dunklen Ehrenmann die Rückgabe eines Gegenstandes, der Ihnen auf der Seele brennen müßte! Der Teufel mag Sie verstehen, mein Herr, ich verstehe Sie nicht!«
    »Nein, Sie verstehen mich nicht, Herr Eich«, sagte Karl Siebrecht, »und Sie werden mich auch nie verstehen. Ich weiß nicht, wie Sie der Mann geworden sind, der Sie heute sind, es geht mich auch nichts an. Aber ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ich von unten gekommen bin. Ich habe mich hochkämpfen müssen, mit feinen Manieren und mit Anstand kommt man nicht hoch. Ich habe fünf Jahre Krieg mitgemacht, es roch in dieser Zeit manchmal verdammt schlecht, mein Herr Eich, für empfindliche Nasen war das nichts! Und dann habe ich die Inflation zu schmecken bekommen, und die schmeckte und roch noch

Weitere Kostenlose Bücher