Ein Mann will nach oben
zweifelsohne ersetzbar, gerade wenn gegen ihn persönlich schwere Bedenken vorliegen. Und diese Bedenken liegen hier vor. Ich habe die Frage heute nacht leidenschaftslos erwogen –«
Herr Eich blieb stehen. Die Gesichter der Anwälte waren sehr lang geworden, keine Spur von Lächeln lag noch darauf. Karl Siebrecht aber fühlte, wie sein Herz heftig pochte. Dann überwand er sich: »Ich bin selbstverständlich bereit, zurückzutreten, wenn es die Interessen des Betriebs erfordern.«
»Wenn ich zu dem Ergebnis gekommen bin«, fuhr Herr Eich fort, »daß Herr Siebrecht auf seinem Posten bleiben soll, so haben mich dabei keinerlei persönliche Sympathien bestimmt.« Er sprach ganz, als habe er das Angebot des jungen Direktors eben nicht gehört. »Es haben mich allein praktische Gründe geleitet. Herr Siebrecht ist tüchtig, er hat gute Arbeit geleistet, und er ist Fachmann. Sein Betrieb befindet sich zur Zeit im Aufbau, die Lage ist nicht ganz einfach –« Wieder blieb Herr Eich stehen. Sein Auge, das, wie Karl Siebrecht eben sah, heute auch gelblich war, ruhte nachdenklich auf dem jungen Direktor. Dem war zumute wie einem zum Tode Verurteilten, der in letzter Minute begnadigt worden ist. Auch die Gesichter der Anwälte hatten sich erhellt. »Nun ist jeder Mensch ersetzbar, auch der tüchtigste, sogar der Herr Direktor Siebrecht.« Herr Eich schlenderte jetzt nur. »Über raschend hat sich noch in der Nacht ein Ersatz für Herrn Siebrecht geboten, ein Mann, der auch fachkundig ist und der ein tüchtiger Kaufmann zu sein scheint …«
Bremer! schoß es Karl Siebrecht durch den Kopf. Er warf einen hastigen Blick auf Hertha, aber Hertha saß unbeweglichin ihrem Sessel, der breite Rand ihres Hutes verbarg ihr Gesicht bis zum Kinn.
»Ich habe das Angebot abgelehnt«, fuhr Herr Eich fort, »weil der Charakter des Bewerbers mir nicht einwandfrei schien. Herr Siebrecht bleibt auf seinem Posten, also haben wir ihn zu stützen und zu verteidigen. Ich bitte mir aber dabei aus, Herr Siebrecht«, redete Herr Eich den jungen Direktor nun zum ersten Mal selbst an, »daß alle persönlichen Aktionen von Ihrer Seite unterbleiben. Prügeleien und derartige Scherze wünsche ich nicht. Alles liegt von nun an in den Händen der Herren Lange und Messerschmidt, an die Sie sich auch bei jedem neuen Zwischenfall zu wenden haben.«
»Ich bin einverstanden«, sagte Karl Siebrecht.
»Es sind nun meines Erachtens drei Dinge zu erledigen«, fuhr Herr Eich fort. »Wenn ich irgend etwas übersehe, bitte ich, mich zu korrigieren, meine Herren!« – Die Gesichter der Anwälte drückten den felsenfesten Glauben aus, daß Herr Eich nichts übersehen könne. – »Zum ersten ist das Erscheinen weiterer Artikel in diesem Blatt zu verhindern. Haben Sie deswegen schon verhandelt, meine Herren?«
»Wir verhandeln mit solchen Herren nie direkt, Herr Eich«, sagte Herr Lange vorsichtig. »Wir haben einen Ruf zu wahren. Wir haben einen anderen Anwalt beauftragt, und dieser Herr hat sich sofort mit der Gegenseite in Verbindung gesetzt. Trotz der späten Nachtstunde konnte er noch verhandeln. Ich möchte sagen, Herr Eich, er hat auf der anderen Seite eine gewisse Willigkeit gefunden. Die Sache wird sich regeln lassen, immerhin wird sie teuer werden, sehr teuer, fürchte ich, Herr Eich.«
»Ich bewillige blanko jede Summe«, sagte Herr Eich rasch, »die Ihnen billig erscheint. Ich verlange völliges Schweigen über dieses Thema, keine albernen Widerrufe, keine spitzfindigen Erklärungen, sondern Schweigen, nur Schweigen.«
»Das wird sich machen lassen, Herr Eich«, sagte Herr Lange. »Es ist, wie gesagt, nur eine Geldfrage.«
»Der erste Punkt ist also erledigt. Wir kommen nun zum zweiten Punkt –«
»Die Fotos, Vater!« ließ sich plötzlich die Stimme Herthas vernehmen.
»Wie –? Die Fotos? Richtig, die Fotos! Schön, sehr schön«, sagte Herr Eich und warf einen etwas helleren Blick in die Ecke zu seiner Tochter. »Diese jungen Leute haben sich nämlich vor einem gewissen Haus in der Passauer Straße auch noch fotografieren lassen, wie mir heute nacht meine Tochter sagte«, erklärte Herr Eich den Anwälten. »Der Fotograf wird dafür gesorgt haben, daß die Hausnummer schön deutlich über ihren Häuptern sichtbar ist. Also, Herr Lange, Herr Messerschmidt, bei den Verhandlungen mit diesen Herren ist die Hergabe der Platte und sämtlicher Abzüge zur Bedingung zu machen. Überhaupt allen Materials, das vorhanden ist.« – Die Herren verbeugten
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