Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
wirst freilich sagen, daß dies wieder nur Karlchen ist. Es gibt einen heiklen Punkt dabei, das ist die Geldfrage. Ich werde nichts verdienen, und du weißt, ich habe keine Ersparnisse. Aber ich denke, wir werden uns mit der Zeit daran gewöhnen. Ich habe nur wenig Bedürfnisse, sehr lästig werde ich dir nicht fallen. Aus dem Ehevertrag, den ich gestern unterschreiben mußte, habe ich gesehen, daß du ein recht wohlhabendes Mädchen bist. Du wirst es kaum spüren, und ich will sehen, daß Karlchen es auch nicht spürt.« Eine Weile schwiegen sie. Dann legte er seine Hand leicht auf die ihre und sagte: »Ist das nicht ungefähr das, was dir vorschwebte, Hertha?«
    »Vielleicht«, sagte sie tonlos. Sie war sehr blaß, dunkel und unruhig sah sie ihn an. Aber sie zwang sich zur Ruhe, als sie fragte: »Das ist eine sehr plötzliche Sinnesänderung bei dir, nicht wahr, Karl? Sonst hättest du doch wohl kaum den Herrn von Senden überredet, mit dir hierherzufahren.«
    »Herr von Senden war die andere Chance. Ich muß gestehen, daß diese andere Möglichkeit, von der wir nicht reden werden, mir die liebere gewesen wäre. Aber von allem Anfang an, von jener unseligen Verhandlung bei den Anwälten an, als dein Vater die Heirat gewissermaßen erzwingen wollte, hatte ich das Gefühl, nichts konnte dich umstimmen. So habe ich von allem Anfang an diese jetzige Möglichkeit ins Auge gefaßt, wenn ich dabei auch alles getan habe, um die andere Möglichkeit vorzubereiten.« Er überlegte einen Augenblick, dann sagte er: »Als dein Vater gestern mittag zu mir kam von seiner vergeblichen Fahrt zu dir, da wußte ich schon, daß weder Senden noch ich dich überreden können.«
    »Was hat mein Vater gesagt?«
    »Er sagte, er habe nichts ausgerichtet, und ich könne nun tun und lassen, was ich wollte. Es klang etwa so, als sollte ich mich zum Teufel scheren. Er sagte auch, selbst ich könne nun nichts mehr verderben.« Er versuchte zu lächeln. »Und so bin ich hier, Hertha, wie du siehst, dein Vater hat recht behalten. Ich hoffe nur, ich habe nicht noch mehr verdorben.«
    »Nein«, sagte sie tonlos. »Das hast du nicht. Und was hast du mir sonst zu sagen? Du sprachst von dreierlei Dingen, von denen du mit mir reden wolltest.«
    »Eigentlich nur von zwei Dingen. Von dem dritten will ich nur vielleicht mit dir sprechen, Hertha. Weißt du, während der ganzen Fahrt hierher habe ich mir überlegt, was ich wohl in der Zeit tun sollte, da Herr von Senden hier drinnen mit dir sprach. Ich wußte, das Warten würde unerträglich sein.«
    »Weiter!« drängte sie. »Und was tatest du in dieser Wartezeit?«
    »Ich rechnete.«
    »Was tatest du?«
    »Ich rechnete. Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, daß dein Vater bei jener unseligen Verhandlung eine Bemerkung einschlüpfen ließ, daß er mich bei unserem Vertrag ein wenig übers Ohr gehauen hat. Er hat zwar sofort widersprochen …«
    »Weiter!« drängte sie. »Ich erinnere mich sehr gut. Weiter.«
    »Während ich also hier wartete«, fuhr er, unbeirrt durch ihre Unruhe fort, »habe ich mir den ganzen Vertrag noch einmal durchgerechnet. Ich habe alle Tarifsätze im Kopf – ich merkte gar nicht mehr, daß ich wartete. Und, Hertha«, rief er und wurde immer lebhafter, »ich habe den Punkt gefunden. Es ist eine Lücke im Vertrag. Ich bezahle auch die Leerkilometer, die wir fahren, sogar an unserem Verlust verdient dein Vater! Ich hatte eine Wut auf ihn – es war eine wahre Erlösung für mich, als der Rittmeister kam.« Er besann sich. »Freilich, jetzt, wo ich alle Geschäfte niederlegen werde, ist es sinnlos, sich noch zu ärgern. Soll er ruhig weiter an den Leerkilometern verdienen, es interessiert mich nicht mehr.«
    »Aber du wirst es deinem Nachfolger schreiben –?«
    »Dem Bremer? Ich denke gar nicht daran!«
    Sie riß ihre Hand aus der seinen und sprang vom Bett auf. »Du lügst! Du lügst!« rief sie in zorniger Erregung. »Jedes Wort, das du gesagt hast, ist gelogen. Du willst gar nicht von meinem Geld leben! Du willst die Geschäfte nicht aufgeben! Du willst meinem Vater heimzahlen, was er dir angetan hat!«
    Er war sitzen geblieben, aber er sah sie mit leuchtenden Augen an. »Selbstverständlich habe ich gelogen«, sagte er so ruhig, wie er nur konnte. »Nie würdest du mich lieben, wenn ich solch ein Kerl wäre. Kein Hund möchte ein Stück Brot von mir nehmen, wenn ich so ehrlos dächte! Und doch, Hertha«, sagte er ernst, stand auf und trat nahe an sie heran, »ist dies das

Weitere Kostenlose Bücher