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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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auf eine Karte gesetzt. Er hatte sie damals alle geblufft. Und er hatte gewonnen! Auch sie durfte nie erfahren, wieviel für ihn jetzt auf dem Spiel stand, wie wenig er ihr entgegenzusetzen hatte …
    Die Treppe war zu Ende, und hier wagte er nicht, noch ein Streichholz anzubrennen. Dunkel ahnte er links ein Fenster, es mußte hier ein Gang sein. Er bückte sich und fühlte mit den Fingerspitzen, wie der Läufer lief. Auf diesem Läufer ging er vorsichtig weiter, die Hände tastend ausgestreckt, die Augen zur Erde. Ihre Tür mußte links sein. Da sah er schon den matten Lichtschimmer am Boden, er hob die Hand suchend zur Klinke. Wenn ihre Tür abgeschlossen war, konnte er nur hinuntergehen und fortfahren. Ein Verhandeln durch die Tür war unmöglich. Er drückte auf die Klinke, die Tür öffnete sich, er trat ein. »Guten Abend, Hertha«, sagte er. »Da bin ich.«
    Sie stand völlig angekleidet mitten im Zimmer und drehte sich langsam zu ihm um. Keinen Augenblick war sie erschrocken oder nur überrascht. »Da bist du!« sagte sie. »Ich habe es eigentlich nicht anders erwartet. Aber jedes Reden ist zwecklos. Ich tue es doch nicht.«
    »Wir werden auch nicht mehr darüber reden. Ich bin so zu dir gekommen.«
    »Was heißt das: du bist so zu mir gekommen?«
    »Ich bin zu dir gekommen, um bei dir zu bleiben, so lange du mich haben willst.«
    »Und die Hochzeit?«
    »Laß die Hochzeit! Sie war eine Idee deines Vaters.«
    Sie sah ihn aufmerksam an. »Und dein Geschäft?« fragte sie.
    »Ich weiß noch nicht«, antwortete er. »Vielleicht gehe ich später dorthin zurück, wenn es dann noch Zweck hat. Ich weiß es noch nicht, vorläufig möchte ich bei dir bleiben.«
    Wieder sah sie ihn prüfend an. »Du hast dich sehr verändert, Karl – deinen Worten nach …«
    »Das ist möglich. Die letzten Tage waren nicht ganz einfach für mich.«
    »Ich glaube dir nicht«, sagte sie etwas lebhafter. »Ich fühle, du belügst mich. Du hast nicht die Wahrheit gesagt, weder über die Heirat noch über das Geschäft. Du willst mich –« Sie brach ab. »Was ist das?« fragte sie.
    Ein betäubendes Knattern war auf der Straße laut geworden, schwoll an und entfernte sich rasch. »Das ist der Rittmeister, der nach Berlin zurückfährt«, sagte er gleichgültig. »Der Motor war wohl kalt geworden. So, jetzt ist es wieder still. Er ist fort.«
    »Er ist fort«, sagte sie rascher, »und du bleibst hier?«
    »Ja, ich bleibe hier.« Er faßte sie bei der Hand. »Komm, Hertha, setze dich hierher zu mir auf das Bett und laß uns miteinander reden.«
    »Wir wollen also doch miteinander reden?«
    »Aber wir wollen nicht
davon
reden. Wir wollen von zweierlei reden, vielleicht sogar von dreierlei. Zuerst möchte ich mit dir über das sprechen, was du dem Rittmeister gesagt hast. Du meinst, du könntest eines Tages meine Liebe verlieren – und das ist auch der Grund gewesen, daß du dich mir so oft entzogen hast, nicht wahr?«
    Sie nickte langsam mit dem Kopf. »Ja, davor habe ich Angst, immer.«
    »Wenn ich den Herrn von Senden recht verstanden habe, hat es keinen Sinn, dir zu versichern, daß du meine Liebe nie verlieren wirst. Du weißt, daß alle Gefühle wandelbarsind, und so glaubst du, auch meine Liebe könne sich wandeln.«
    »Ich weiß es. Nur keine Bindungen. Liebe verträgt keine Bindung.«
    »Ich fühle, daß ich dich immer lieben werde.«
    »Ja, jetzt fühlst du so!«
    »Eben, aber ich kann nur vom Jetzt reden wie du auch. Beide wissen wir nichts über die Zukunft. Aber worüber ich reden kann, das ist das, wozu ich mich entschlossen habe …«
    »Und wozu hast du dich entschlossen?«
    »Bei dir zu bleiben! Ich habe in Berlin alles stehen-und liegenlassen; wie es eben ist. Ich werde denen einen höflichen Brief schreiben, daß sie nicht mehr mit mir zu rechnen haben. Ein Nachfolger ist auch schon da, du weißt, jener Bremer, vor dem du mich einmal gewarnt hast, ein tüchtiger Mann. Ich werde mich um nichts mehr kümmern.«
    »Aber was wirst du
dann
tun, Karl?«
    Er merkte, sie wurde unruhig. Er sagte: »Ich werde eben für dich da sein. Das heißt«, fügte er rasch hinzu, als er Unbehagen auf ihrem Gesicht sah, »ich will nicht etwa immer bei dir herumsitzen. Du sollst dich ganz frei fühlen. Nur, wenn du mich brauchst, werde ich immer da sein, ich werde nur auf dich zu warten haben.« Er machte eine Pause. Er sah, das Unbehagen hatte sich bei ihr verstärkt. Er führte einen weiteren Schlag: »Ich will ganz offen zu dir sein, du

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