Ein Mann will nach oben
Whisky bewilligen!«
»I wo!« wehrte Karl Siebrecht ab. »Ich brauche keinen Whisky, ich trinke jetzt Rheinwein. Ich fühle mich sehr behaglich.«
Nein, es sah nicht so aus, als sollten sie noch in Gang kommen. Der Wein wurde gebracht, sie stießen an auf Fräulein Maria, sie tranken, sie tranken mehrere Male, sie bestellten neu, aber die Stimmung blieb flau. Immer wieder riß die Unterhaltung ab. Die Molina geruhte nicht, von ihrem Postament herabzusteigen und zu sprechen wie ein sterblicher Mensch. Der Rittmeister war von all seinen guten Geistern verlassen, seine Plaudergabe war dahin, er war nervös und wurde immer gereizter. Karl Siebrecht blieb wortkarg. Er hatte ziemlich hastig getrunken und wünschte jetzt Senden mit seiner Schönen dorthin, wo der Pfeffer wächst. Sie waren ihm ganz egal, er hätte viel lieber allein gesessen mit Ilse Gollmer. Und auch Ilse Gollmer, die zuerst mit bestem Humor dabeigewesen war und die ihren Onkel Bodo mit seinem kleinen dummen Tanzmädchen ganz reizend gefunden hatte, begann den Mut zu verlieren. Nachdem sie zehnmal versucht hatte, aus Fräulein Kusch eine menschliche Antwort herauszulocken, und ihr zehnmal wie aus einem schlechten Sprachlehrbuchgeantwortet worden war, fing sie an, diesen Abend einfach langweilig zu finden. Sie gab Karl Siebrecht einen Stoß unter dem Tisch und flüsterte: »Jetzt müssen Sie in die Bresche, Siebrecht, sonst fange ich einfach an zu gähnen.«
»Das gnädige Fräulein langweilt sich!« petzte die Molina.
»Sie haben wie immer recht, Fräulein Kusch«, sagte Ilse Gollmer.
Der Rittmeister sah seinen Festabend, dies Debüt für Maria Molina, in Gefahr. »Was machen wir nun?« rief er. »Wir können doch nicht schon jetzt nach Haus gehen! Ich schlage eine Ortsveränderung vor. An allem ist dies gräßliche Lokal schuld!«
»Du hast dieses Lokal nicht immer gräßlich gefunden«, sagte die Molina schon wieder beleidigt.
»Nein«, antwortete Herr von Senden etwas kurz, »aber du bist heute auch nicht auf deiner Höhe, Maria. Wie ist es, ich weiß eine nette Weinstube hier in der Nähe, mit wirklich guten Weinen!«
»Ich habe einen anderen Vorschlag«, rief Karl Siebrecht.
»Stille, der Schläfer erwacht!«
»Ich schlage vor, wir trennen uns für eine Stunde, in Paare aufgeteilt. Nach einer Stunde treffen wir uns wieder, sagen wir, in der kleinen Weinstube Onkel Bodos.« Er lächelte. »Ich möchte wetten, daß wir uns nach einer solchen Trennung mit geradezu freudigen Gefühlen wiedersehen.«
»Ich weiß aber, wer jetzt mit dem Feuer spielt«, flüsterte Ilse Gollmer ihm zu. Und laut: »Ich bin sehr für den Siebrechtschen Vorschlag.«
»Was sollen wir aber in der Stunde anfangen?« fragte der Herr von Senden bedenklich.
»Was Sie wollen: sich in ein anderes Lokal setzen, in eine Bar, in fünf Bars gehen, durch die Stadt bummeln, auf die Siegessäule steigen. Meinethalben auch im Tiergarten spazierengehen oder -fahren, ich stelle meinen Wagen zur Verfügung …«
»Vielleicht ist dein Vorschlag gar nicht schlecht, mein Sohn Karl«, sagte der Rittmeister. »Wir treffen uns also um ein Uhr …« Und er nannte die Weinstube.
»Abgemacht«, sagten sie, und der Rittmeister winkte dem Kellner zum Zahlen, als Maria sehr spitz sagte: »Und nach meiner Zustimmung wird nicht gefragt, Bodo?«
Der Herr von Senden war wirklich sehr bestürzt über seine Unhöflichkeit: »Ich bitte dich tausendmal um Entschuldigung, Maria! Das durfte mir nicht passieren! Du bist nicht einverstanden? Also lassen wir es.«
»Doch, ich bin einverstanden, aber nur unter einer Bedingung –«
»Gewährt! Gewährt!«
»Daß die Paare tauschen! Ich möchte mit dem Herrn Siebrecht gehen …« Ihre Augen funkelten vor Schadenfreude.
»Das ist die Strafe«, flüsterte Ilse Gollmer wieder. »Sieb recht , sehen Sie nicht so wütend aus! Sie verraten sich ja!« Und zu Maria Molina sagte sie: »Das ist ein wirklich reizender Vorschlag! Onkel Bodo, ich weiß auch schon, wohin du mich führen mußt.«
»Wirklich, Ilse?« sagte Senden zerstreut. »Meinst du das denn auch so, Maria?«
»Aber natürlich!« sagte sie. »Wenn wir jetzt eine Stunde zusammen wären, würdest du mir doch nur Vorwürfe machen, Bodo. Ich nehme an, Herr Siebrecht wird sehr nett zu mir sein, nicht wahr?«
»Ich werde so nett zu Ihnen sein«, sagte Karl Siebrecht und hätte am liebsten vor Wut mit den Zähnen geknirscht, »daß Sie erstaunt sein werden, gnädiges Fräulein!«
»Da alle einverstanden
Weitere Kostenlose Bücher