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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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der Bär schmiegte sich an ihre Wange, mit der einen Hand hielt sie ihn, mit der anderen lüftete sie den Rock. Das Publikum klatschte, aber nicht gerade begeistert.
    »Reizend!« sagte Ilse Gollmer. »Wirklich ganz entzückend, Onkel Bodo.«
    »Sie wirkt tatsächlich wie ein Kind!« erklärte Karl Siebrecht und kam sich ungewöhnlich dämlich vor.
    »Ich danke euch sehr«, sagte der Rittmeister. »Es ist sehr liebenswürdig von euch, aber ich muß gestehen, daß ich Maria noch nie so schwach gefunden habe. Wahrscheinlich hat sie gesehen, daß ich hier Gäste habe, und das hat sie befangen gemacht. Würdet ihr mich entschuldigen? Ich möchte hinter die Bühne gehen und sie beruhigen.«
    »Bitte, bitte«, sagten beide. »Das ist doch ganz selbstverständlich!«
    Einen Augenblick sahen sie schweigend dem etwas überstürzten Abgang des Herrn von Senden nach. Dann blickte Ilse Gollmer Karl Siebrecht an. Sie lächelte. »Armer Onkel Bodo!« sagte sie. »Er wird kein leichtes Leben bekommen!«
    »Wenn er sie wenigstens nicht heiraten wollte!« seufzte Karl Siebrecht.
    »Ach, heiraten«, meinte Ilse Gollmer. »Warum soll er sie eigentlich nicht heiraten, wenn’s ihm Spaß macht? Heiraten ändert doch nichts!«
    »Finden Sie, Ilse?« fragte er.
    Sie lachte. »Jetzt trinken Sie ein Glas von meinem Rheinwein mit, Sie haben Whisky genug getrunken. Sie werden schon wieder ganz schwer und trübe! Was war das denn für eine Geschichte mit Ihrer Frau?«
    »Ich werde sie Ihnen nie erzählen! Ihr Wohl, Ilse!«
    »Kommen Sie, seien wir ganz gewöhnlich, und stoßen Sie mit mir an! – Das hat schön geklingelt, wie? – Also jetzt die Geschichte!«
    »Nie!«
    »Wollen wir wetten, daß Sie mir die Geschichte doch erzählen werden? Heute abend noch!«
    »Darauf gehe ich jede Wette ein!«
    »Ich auch! Um was wollen wir wetten?«
    »Eine Schachtel Konfekt!« schlug er vor.
    »Welch seltener Einfall!« spottete sie. »Dann werde ich Ihnen also eine Kiste Zigarren schenken müssen, ganz, wie wenn ich mit Vater wette. Ein Vorschlag, würdig eines älteren, gesetzten Herrn.«
    »Schlagen Sie etwas anderes vor!«
    »Das möchten Sie! Schlagen Sie doch etwas anderes vor!«
    »Ich weiß nichts …«
    »Doch, Sie wissen etwas. Ich sehe es Ihnen ja an, daß Sie etwas wissen!«
    »Nichts!«
    »Doch! Aber Sie sind ein Feigling! Wollen wir also um einen Kuß wetten?«
    »Ja! – Nein. – Ilse, ich finde, wir spielen verdammt mit dem Feuer. Wir sitzen hier erst eine halbe Stunde.«
    »Und der Abend ist noch lang. Oh, wie so richtig! Ich schlage Ihnen noch eine Wette vor, mein älterer, vorsichtiger Herr!«
    »Nämlich –?«
    »Daß noch keine Stunde vergangen sein wird, und Sie selbst werden mir diese Wette um einen Kuß vorschlagen!«
    »Diese Wette gehe ich nicht ein. Ich halte es für sehr möglich, daß ich sie verlieren würde.«
    »Dann bekämen Sie also einen Kuß von mir – fürchten Sie sich sehr davor?«
    »Ja, davor fürchte ich mich.«
    Sie schwiegen beide, auch sie war ernst geworden. Dann sagte sie: »Wovor haben Sie Angst? Man darf doch auch einmal spielen?«
    »Ich habe nie spielen können, Ilse.« Er sah auf, als erwachte er. »Ich würde jetzt auf der Stelle gehen«, sagte er fast zornig, »wenn ich nicht diesen verdammten Scheck in der Tasche hätte!«
    Wieder lachte er zornig. »Der Herr von Senden mobilisiert sein Vermögen, um es dieser jungen Dame zu Füßen zu legen; herabregnen lassen will er es auf sie, Danae, Sie wissen … Ich wollte es verhindern, ich konnte es, denn wir haben kein Geld in der Firma, um Herrn von Senden auszubezahlen, aber meine Frau war anderer Ansicht. Sie ist der Ansicht, daß man Herrn von Senden nicht daran hindern darf, sein Geld aus dem Fenster zu schmeißen. Im Gegenteil, man soll es noch fördern!« Er starrte Ilse unwillig an, aber er sah sie gar nicht. »Darum sitze ich noch hier, weil ich nicht weiß, was ich tun soll. Ich muß ihm den Scheck geben und bringe es doch nicht über mich.«
    »Zeigen Sie mir den Scheck!« sagte sie. – Er reichte ihn ihr. – »Sechzigtausend«, sagte sie. »Auch mir scheint das etwas reichlich für diese kleine Verehrerin von Teddybären.« Sie faltete den Scheck und steckte ihn in ihre Handtasche. »Wir werden ja sehen …« sagte sie nachdenklich.
    »Sie haben den Scheck eingesteckt, Fräulein Ilse«, monierte er.
    »Ja, ich habe ihn eingesteckt. Ich nehme ihn in Verwahrung, nur für heute abend. Sie sind heute abend nicht in der richtigen Stimmung, um

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