Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
Jetzt, nach diesem Musikstück, kommt Maria!«
    »Schön«, sagte Karl Siebrecht in der Eichschen Manier. »Sehr schön!« Aber plötzlich fand er es wirklich schön, daß er hier saß. Hatte es nun der Zauberer gemacht oder der Whisky mit seinem verdammten Kreosotgeschmack, er fand es schön. Er saß da, zurückgelehnt, eine angenehme Wärme erfüllte ihn, er nickte dem Rittmeister zu und sagte noch einmal: »Das war wirklich ein sehr guter Zauberer. Wenn er nur nicht so selbstgefällig aussehen wollte!«
    »Ach, Siebrecht!« lachte Ilse Gollmer. »Wenn Sie wüßten, wie Sie manchmal aussehen, wenn Sie mit Vater Ihren Burgunder trinken, und ich leichtsinniges Mädchen störe euch ernste Männer mit meinen Tändeleien! Früher waren Sie viel netter!«
    »Wann denn früher? Ich weiß nichts von früher.«
    »Erinnern Sie sich denn an eine gewisse Handttasche nicht mehr?«
    »Keine Ahnung! Was war mit der Handtasche?«
    »Sie wurde getreten! Und das Bild haben Sie auch vergessen?«
    »Was für ein Bild? Was war los mit dem Bild?«
    »Es wurde zerrissen! Aber Sie lügen ja, Sie erinnern sich sehr gut!«
    »Keine blasse Ahnung! Erzählen Sie doch!«
    »Es war im Tiergarten … Aber nein, ich denke nicht daran, Ihnen etwas zu erzählen, was Sie sehr gut wissen. Erzählen Sie mir lieber, wie Sie die Bekanntschaft Ihrer Frau gemacht haben!«
    »Davon gibt es nichts zu erzählen!«
    »Natürlich gibt es das! Mich haben schon viele Taxichauffeure nach Haus gefahren, aber noch nie habe ich einen dabei so kennengelernt, daß ich ihn hätte heiraten mögen. Es ist etwas ungewöhnlich, geben Sie das zu!«
    »Es ist gar nicht ungewöhnlich«, antwortete Karl Siebrecht vergnügt. »Die Dame Hertha hatte ihre Handtasche im Auto vergessen, ich brachte sie ihr am nächsten Tag, wir kamen ins Gespräch und so weiter, und so weiter.«
    »Mit den Handtaschen scheinen Sie es zu haben!« lachte Ilse Gollmer.
    »Nicht immer tun sie solche Wunderwirkung! Sie habe ich nicht geheiratet!«
    »Leider nicht!« entfuhr es Ilse Gollmer. Sie wurde rot und lachte doch schon wieder. »Ich wollte nur Ihr Gesicht sehen, wenn ich das sage. Selbstgefällig ist gar kein Ausdruck dafür!«
    »So, nun noch unseren zweiten Whisky«, meinte der Herr von Senden, der mit der Miene eines wohlwollenden Vaters dem Geplänkel der jungen Leute gefolgt war. »Und dann kommt Maria!«
    »Bestellen Sie bitte noch einen Whisky!« bat Karl Siebrecht, nachdem er getrunken hatte. »Heute zum ersten Mal in meinem Leben schmeckt mir dies Zeug.«
    »Gerne!« sagte Herr von Senden. »Aber trinke nur nicht zu hastig, du wirst nicht viel vertragen.«
    »Ich vertrage alles!« prahlte Karl Siebrecht und sah Ilse Gollmer herausfordernd an. »Natürlich habe ich Ihnen nicht die wahre Geschichte erzählt, wie ich meine Frau kennenlernte!«
    »Und natürlich habe ich das gewußt!«
    »Pssst! Da ist Maria!« flüsterte der Herr von Senden, und sie sahen alle drei zur Bühne.
    Die Musik spielte schnell und hart eine Art Tango. Auf der Bühne stand ein großes, helles Mädchen –: Viel Fleisch, viel zuviel Fleisch zu sehen, dachte Karl Siebrecht. Das große Mädchen war als Baby zurechtgemacht, trug zu Wadenstrümpfen nur ein sehr kurzes Röckchen und über der Brust etwas Leichtes wie einen Schleier, im Haar aber eine große Schleife wie ein Schulkind. Sie hatte einen Teddybären im Arm, der mit dummen Glasaugen in das Publikum zu sehen schien, und während sie diesen Bären an sich drückte, sang sie ein wenig grell ein paar törichte Zeilen, daß dieser Teddybär ihr ein und alles wär, ihr kleiner Mann, mit ihm gehe sie ins Bett, mit ihm wache sie auf: »Mein kleiner Teddybär gefällt mir gar so sehr …« Und sie fing an zu tanzen …
    »Schade!« sagte der Rittmeister wieder sehr nervös. »Ge rade in diesem Tanz ist sie nicht ganz so gut.«
    »Sie sieht reizend aus, Onkel Bodo«, meinte Ilse Gollmer. »Natürlich!« stimmte Karl Siebrecht etwas töricht zu.
    »Sie
ist
reizend!« sagte Herr von Senden, ein wenig verstimmt durch dieses törichte Lob. »Und sie tanzt auch gut.«
    »Selbstverständlich!« sagte Ilse Gollmer, nun nicht weniger töricht als ihr Begleiter.
    Karl Siebrecht betrachtete, bequem in einem Sessel sitzend, die kindlich-kindische Hopserei.
    Genau wie erwartet, dachte er. Schade, der Zauberer hätte gern noch ein wenig auf der Bühne bleiben können, der war wirklich gut! Wir waren schon so hübsch in Stimmung …
    Dann blieb das Mädchen auf der Bühne stehen,

Weitere Kostenlose Bücher