Ein Mann will nach oben
für Liebe hält, und was ich für Liebe halte.«
»Vielleicht hast du recht, Onkel Bodo. Hast du je einen Zweifel daran, daß du recht hast?«
»Doch, manchmal; wenn ich alt und müde bin.«
»Heute abend nicht?«
»Doch, gerade heute abend.«
»Du wirst wohl nicht Offizier bleiben können?«
»Nein, das nicht, aber ich bin schon an sich an der Grenze. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
»Und du glaubst wirklich, daß sie beim Film etwas leisten wird?«
»Ich weiß es nicht. Manchmal glaube ich, sie ist sehr begabt. Aber dann, wie heute abend wieder, verstehe ich nicht mehr, was ich gesehen habe. Dann kommt mir alles wie eingelerntes kindisches Gehopse vor. Ilse, sag, war es das? War es nur eingelerntes kindisches Gehopse?«
»Ich fürchte ja, Onkel Bodo.«
»Sie hat doch soviel Erfolg! Ihr Vertrag wird immer wieder verlängert.«
»Das Fleisch, Onkel Bodo, vergiß nicht das Fleisch.«
»Freilich, Ilse, das Fleisch …«
– – –
»Warum weinen Sie eigentlich?« fragte er böse und gereizt. »Konnten Sie irgendeine andere Haltung von uns erwarten, noch dazu nach Ihren läppischen Manieren vorhin?« Sie weinte immerfort. Er wollte nicht mehr hinhören nach diesem Weinen, das konnten sie alle! Weinen ändert nichts. Aber er hörte doch hin, und dabei fiel ihm ein, daß weder Rieke noch Gerti, noch Hertha je so geweint hatten. Sie hatten es nicht gekonnt. Sein Ärger verstärkte sich. »Vielleicht wird Herr von Senden Sie doch noch heiraten«, sagte er brutal. »Aber Sie werden schon sehen, daß nichts dabei für Sie herausschaut, nur vertane Jahre. Ich würde mir die Sache noch einmal überlegen – jetzt sind Sie wenigstens noch jung!«
»Und ich hatte gedacht, jetzt hätte ich es geschafft!« sagte sie plötzlich tonlos. »Ich dachte, ich hätte den Fuß auf der Leiter!« Eine dunkle Erinnerung kam ihm – hatte er nicht auch einmal mit diesen Worten, mit genau solchen Worten, sein Tun verteidigt, das zweifelhaft gewesen war? »Ich könnte etwas leisten«, sagte sie. »Ich fühl das. Wenn ich nur einen Filmmenschen dazu kriegte, Probeaufnahmen von mir zu machen! Dann hätte ich gesiegt, dann könntet ihr mir alle gestohlen bleiben! Aber Sie haben mich hübsch wieder in den Dreck gestoßen, Sie, gerade Sie!«
Und wieder kamen die Erinnerungen, sie bedrängten ihn. So hatte er auch einmal gedacht und gefühlt, genauso! Das war auch seine Angst gewesen, daß er im Dreck steckenbleiben könnte! Milder sagte er: »So wie Sie denken heute Zehntausende. Zehntausende glauben sich wie Sie berufen, ein großer Filmstar zu werden. Zehntausende denken, es braucht nur das Auge eines Filmmannes auf sie zu fallen, und sie haben es geschafft.«
»Aber ich, ich habe recht! Ich fühle das …«
»Wenn Sie so begabt wären, wie Sie glauben, müßte man das auch fühlen«, sagte er. »Aber man fühlt nichts bei Ihnen,gar nichts! Sie können weder tanzen noch singen! Sie haben uns die große Dame vorspielen wollen, und Sie waren einfach lächerlich in dieser Rolle! Nicht einmal als Frau fühlt man Sie, Sie sind kalt, Sie können nicht einmal lieben …«
»Halten Sie!« rief sie zornig. »Auf der Stelle halten Sie! Ich fahre nicht länger mit Ihnen!« Sie riß ihren Umhang um sich zusammen, sie griff nach der Wagentür. Sie war so zornig, daß sie in voller Fahrt aus dem Wagen gesprungen wäre. Er bremste scharf, lenkte den Wagen an die Straßenkante und hielt.
»Ich habe mir geschworen«, sagte er, »daß ich Herrn von Senden von Ihnen befreien will. Ich werde diese Heirat verhindern – mit allen Mitteln, verstehen Sie? Mit allen Mitteln!«
Sie sah ihn an, ihr geschminktes Gesicht mit den dünnen hohen Augenbrauen wirkte wie eine Maske. »Sie haben es fertiggebracht!« sagte sie. »Ich werde jetzt Bodo heiraten, nur, um mich an Ihnen zu rächen, auch wenn er keinen Pfennig hat! Und ich werde ihn quälen, und wenn es ihm schlecht geht, werde ich an Sie denken! Auf Wiedersehen!« Sie nickte ihm kurz zu und ging nach der nächsten Taxihaltestelle. Er sah noch, wie sie in ein Auto stieg und fortfuhr. Dann fuhr auch er.
114. Streit
»Nun, da seid ihr ja! Habt ihr also doch hergefunden?« sagte der Herr von Senden und lächelte seiner Maria entgegen. »Aber wo ist denn der Siebrecht? Wo hast du Karl gelassen?«
»Herr Siebrecht hatte eine kleine Panne, da bin ich ihm vorausgefahren«, log Maria Molina. »Nun, Bodo, wie war es? Habt ihr euch gut amüsiert? Du siehst so zufrieden aus, jung und strahlend!«
»Ich
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