Ein Mann zum Abheben
ich.
»Wenn es schlimm wird, kannst du es abbrechen.«
Er isst zu Mittag. Am anderen Ende der Leitung höre ich das Knirschen. Es klingt nach einem Apfel. Er denkt, ich sollte mehr Obst essen, und redet die ganze Zeit davon, dass ich nicht genug Ballaststoffe zu mir nehme. In den Büchern steht, man soll ein Safeword vereinbaren, eine Möglichkeit mitzuteilen, dass die persönlichen Grenzen erreicht sind. Nicht »Nein« oder »Stopp«, weil man das im Bett ständig sagt, selbst wenn man es nicht so meint. Meines Wissens ist »Stopp« das meistbenutzte Wort im ganzen Universum.
»Wir könnten ›Apfel‹ nehmen«, schlage ich vor. »Dieses
Wort sagt man normalerweise nicht während des Geschlechtsverkehrs.«
»Die Frucht der Verführung, sehr passend. Wir versuchen es in Miami.«
Als er anrief, machte ich eben die Betten. Ich spreche fast nie mit ihm über mein Festnetztelefon, meistens nehmen wir das Handy, und es überraschte mich, dass er mich hier, auf dieser nachverfolgbaren Leitung, anrief, dass er diese Nummer benutzte, die so leicht auf seiner Rechnung zu finden war, wenn man sich die Mühe machte. Und sollte sich jemand die Mühe machen, das Telefon neben meinem Bett abzunehmen und Sternchen 69 zu wählen, würde er ihn über die Liste der eingegangenen Anrufe erreichen. Zumindest würde er das, hätte ich es mir nicht zur Gewohnheit gemacht, unmittelbar nach dem Auflegen Kelly anzurufen. Wir treffen Vorsichtsmaßnahmen. Er versichert mir, dass die meisten nicht notwendig sind, da sich seine Frau für seine täglichen Unternehmungen nicht mehr interessiert als mein Mann für meine.
»Wegen Miami bin ich mir nicht sicher.«
»In New York sind wir übereingekommen, uns einmal im Monat zu treffen. Bis wir uns in Miami treffen, ist genau ein Monat vergangen.«
»Ich weiß.« Ich streiche einen Kissenbezug glatt, bügle ihn mit meinen Handflächen. Normalerweise ziehe ich einfach die Bettdecke hoch und verstecke das zerknitterte Betttuch darunter, aber heute entscheide ich mich aus irgendeinem Grund dafür, das Bett ordentlich zu machen. Schicht für Schicht. Wahrscheinlich hat er Recht. Als wir in New York waren, habe ich wahrscheinlich zugestimmt, dass wir uns einmal im Monat treffen, aber jetzt, wo ich zu Hause bin, ist es anders. Ein Monat vergeht schnell. Es scheint mir zu oft zu sein.
»Stimmt etwas nicht?«, will er wissen. »Was denkst du?«
»Ein einmaliges Treffen mit dir, so etwas kann schon mal passieren. Das kann man vergeben. Aber sich jeden Monat zu treffen, das ist eine Affäre.«
»Ob man es einmal oder hundertmal tut, das macht moralisch keinen Unterschied. Wenn wir sowieso in die Hölle kommen, dann können wir gleich ganz drin verschwinden.«
»Na ja, Kelly hat gesagt … Kennst du Kelly?«
»Natürlich kenne ich Kelly. Mein Gott, Elyse. Du redest die ganze Zeit von ihr.«
Ich schüttle die Bettdecke auf, sie fällt wie Schnee auf das Betttuch. »Als ich von New York zurückkam, hat Kelly gesagt: ›So, jetzt hast du dich davon befreit. Du musstest dort hin und dich davon befreien.‹«
»Hast du dich davon befreit?«
Er weiß, dass ich das nicht habe.
»Du hast eben gesagt«, er nimmt bei seiner Argumentation Fahrt auf, »du willst, dass ich dich beim nächsten Mal beherrsche. Beim nächsten Mal. Das schließt ein, dass wir uns wieder treffen.«
»Ich weiß. Aber vielleicht ist einmal im Monat zu viel.«
»Als wir in New York waren, hast du auf zweimal im Monat gedrängt.«
Hab ich das? Ich kann mich anscheinend nicht mehr an das erinnern, was ich bei unserem Treffen in New York gesagt habe.
»Willst du Miami oder nicht?«
»Du weißt, dass ich will.« Ich arrangiere die Kopfkissen so sorgfältig, wie ich es nur mache, wenn ich Besuch erwarte.
»Wir sitzen also fest?«
»Sieht so aus.« Ich trete einen Schritt zurück. Das Bett ist perfekt.
»Ich besorge die Tickets. Hast du Probleme zu erklären …«
»Wieso ich kostenlos herumfliegen kann? Ich hatte schon immer eine Kreditkarte von der Fluggesellschaft, deshalb denkt Phil, ich hätte einen Haufen Bonusmeilen.«
Was ich, wenn ich so darüber nachdenke, tatsächlich habe.
»Großartig. Und mach’ dir keine Sorgen. Einmal im Monat ein Treffen ist ideal. Zweimal wäre zu viel, das wäre so, als würden wir ständig kommen und gehen.«
»Ich weiß, das würde verdächtig aussehen, so als wären wir ein Teil des richtigen Lebens des jeweils anderen.«
»Und das darf auf keinen Fall sein.«
Mir ist nicht klar, ob
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