Ein Mann zum Abheben
sie nie gekommen wäre. Doch sie stellt mir eine Menge Fragen über den Mechanismus, und sie trägt selbst
auf der Bahn Lippenstift. Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen.
Es ist witzig, wie wir auf die eine oder andere Art alle miteinander verbunden sind. Belinda sagt immer »alle im selben Boot«, und wir anderen tauschen Blicke, wenn sie diese Redewendung gebraucht. Wir glauben eigentlich nicht, dass wir uns in demselben lecken Ruderboot befinden wie sie, aber es ist was dran. Jede Veränderung in mir scheint die anderen aus dem Lot zu bringen. Ich gleite ein paar Zentimeter nach links, und plötzlich bewegt sich auch die Welt unter ihren Füßen. Auf der einen Seite hatten sie meine Jammerei alle miteinander satt. Als hätte ich diese Krankheit schon so lange, dass ich inzwischen entweder geheilt sein müsste oder den Anstand besitzen sollte zu sterben. Das ist die eine Seite. Auf der anderen bauen sie auf meine schlechte Ehe, um sich in Bezug auf ihre eigenen besser zu fühlen. Wenn ich bereit bin, die Wütende zu sein, dann müssen sie es nicht sein. Doch wo bleiben sie, wenn ich glücklich bin?
Wenn sie mich fragen, behaupte ich, dass ich dank der Eheberatung lerne, kleine Gesten zu machen, von denen ich weiß, dass Phil sich darüber freut. Morgens brühe ich in meiner neuen Cappuccino-Maschine koffeinfreien Kaffee auf, weil er den lieber mag. (Und um es einmal zu sagen, er hatte ganz Recht - der Grund, warum es nicht geschäumt hatte, war, dass ich zu viel Milch benutzt hatte.) Ich trage Blau, weil ihm diese Farbe gefällt. Ich lege seinen Bademantel auf dem Bett bereit, wenn er duscht, und am Morgen die Zeitung neben seine Müslischüssel - den Sportteil bereits aufgeschlagen. Einmal in der Woche schlafen wir miteinander. Wie Jeff wiederholt betonte, wünschte sich Phil in Wirklichkeit nichts weiter als Freundlichkeit von mir, und als ich aus New York zurückkam, stellte ich plötzlich fest, dass ich sie ihm geben kann. Kaffee … Zeitung … Bademantel
… Sex. Ich kann ihm all diese kleinen Dinge geben, die sich zu Freundlichkeit summieren. Es stellt sich heraus, dass es recht einfach ist, eine Ehe zu retten. Alles, was man tun muss, ist aufhören, sich darüber Sorgen zu machen.
Die Tatsache, dass ich nicht mehr herummotze, hat die anderen Frauen allerdings total ins Schlingern gebracht. Kelly gibt jetzt zu, wie schroff Mark in seiner Kritik sein kann, dass er nie da ist und dass er, wenn er heimkommt, zu viel trinkt.
Nancy sagt jetzt: »Na ja, ihr wisst ja alle, wie er sein kann …«, wenn sie von Jeff spricht.
Doch Belinda überrascht mich am meisten, ausgerechnet Belinda, die die rechtmäßige Nachfolgerin auf meinen Titel als »Unzufriedene Ehefrau« zu sein scheint.
»Phil und ich verstehen uns gut«, erzähle ich den Frauen, genauso gut könnte ich einer Herde Bullen mit einer roten Flagge zuwinken.
Belinda platzt sofort heraus: »Warum benimmt sich Michael, als würde er mir einen Gefallen tun, wenn er auf die Kinder aufpasst? Es sind seine Kinder genauso wie meine, aber wann immer ich für fünf Minuten aus der Tür gehe, führt er sich auf, als würde er mir einen großen Gefallen tun.«
»Wenigstens kommt er nach Hause«, wirft Kelly ein.
Belinda meint, sie sollte sich vielleicht eine Arbeit suchen, aber sie hat nur knapp zwei Jahre College absolviert, und die einzige Arbeit, die sie bekommen würde, wäre ein Drecksjob. Nancy hat angefangen, Highschool-Kindern Nachhilfe in Mathe zu geben, vielleicht könnte auch Belinda so etwas machen. Nicht Mathe natürlich, weil Belinda in Mathe total schlecht ist, aber irgendetwas in dieser Richtung und in Teilzeit. Sie will nicht verbittert wie ihre Mutter enden. Kelly schlägt vor, dass wir, während wir walken, alles aufzählen,
was Belinda gut kann, allerdings habe ich den Verdacht, dass das gar nichts bringen wird. Frauen wie Belinda bekommen nie Jobs, die irgendetwas mit ihren Fähigkeiten zu tun haben. Belinda steht sehr nah vor der gefährlichsten aller Fragen: »Und was ist mit mir?«. In ihrem Fall graut mir davor. Es handelt sich dabei um die Kartoffelchips unter den Gedanken, man macht die Tüte besser gar nicht erst auf.
»Ich bitte doch schließlich nicht um etwas Unmögliches«, sagt Belinda.
»Die Lösung heißt Balance«, sagt Nancy. »Zeit für die Kinder, für deinen Mann, das Ehrenamt und vielleicht einen Job, und du brauchst noch ein bisschen Zeit für dich selbst.«
Belinda gibt sich gar nicht erst die
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