Ein Mann zum Abheben
göttlichen Zustand. Heute ist es anders. Ich bearbeite den Ton, aber er bearbeitet nicht mich. Mein Kopf dreht sich vor lauter Logistik. Um zehn gute Töpfe zu bekommen, muss ich fünfzehn herstellen, für jeden Topf brauche ich mindestens zehn Stunden, wir haben Dezember, den Monat im Jahr, wo am meisten los ist. Ganz
zu schweigen davon, dass ich Lynn versprochen habe, ihr beim Streichen der Sonntagsschule zu helfen. Vielleicht sollte ich versuchen, dem zu entkommen.
Irgendwann öffnet sich die Tür zur Küche, und Phil sagt sanft: »Du arbeitest aber lange.«
»Du glaubst es nicht. Ich habe einen Auftrag bekommen. Mrs Chapman aus Charleston will dreißig Töpfe haben.« Der Himmel weiß warum, aber ich kann mich nicht zurückhalten, das Nächste zu sagen: »Sie zahlt hundert Dollar pro Stück.«
»Wow. Das sind dreißigtausend Dollar.«
»Nein. Nein, das sind dreitausend Dollar.«
»Das ist immer noch gut. Ich nehme an, wir holen uns etwas zum Abendessen.«
»Das war ein komischer Fehler.«
»Du weißt doch, dass ich noch nie gut mit Nullen war. Willst du Thailändisch?«
»Thailändisch ist okay.« Ich stehe auf. Mein Rücken tut weh, und mir wird bewusst, dass ich stundenlang in derselben gekrümmten Stellung verbracht habe. »Kannst du einen Abstecher machen, wenn du schon unterwegs bist, und Tory holen? Sie ist bei Kelly.«
Er nickt und geht zu seinem geparkten Auto. »Einmal grünes Curry und einmal gelbes?«
»Bestens.« Ich schneide den Ton durch und suche nach Luftlöchern. Sie sind klein, aber heimtückisch. Dieser Hügel scheint gut durchgeknetet zu sein, aber man kann nie wissen. Ich schneide ihn aus einem anderen Winkel und dann noch einem anderen. »Phil?«
Er dreht sich um. »Ja?«
»Du musst mir sagen, dass du stolz auf mich bist. Ich brauch das.«
Er zögert, und mir wird klar, dass er drauf und dran ist,
mich zu fragen, ob ich jedes Mal stolz auf ihn bin, wenn er eine Wurzelbehandlung macht. Er könnte darauf hinweisen, dass ich nicht jedes Mal in Beifall ausbreche, wenn er 3 000 oder 30 000 Dollar nach Hause bringt. Das wäre nur fair.
Stattdessen öffnet er einfach die Autotür.
»Natürlich bin ich stolz auf dich.«
»Ich bin stolz auf mich. Ich habe etwas losgelassen, und Phil und ich haben eine Art Gleichgewichtszustand erreicht.«
Lynn wirft Spielzeug in einen schwarzen Müllsack. »Was hast du losgelassen?«
»Ich weiß nicht. Aber egal, was ich verloren habe, es war eindeutig nicht sonderlich wichtig. Uns geht’s besser, wenn ich nicht vollständig da bin.«
»Meinst du, es würde etwas bringen, wenn wir alles in die Spülmaschine geben?«
»Ja, das meiste ist Plastik. Ich frage mich, wann das Zeug zuletzt einer sterilisiert hat.«
»Ich würde mal raten, nie …« Lynn zieht an einem Sack das Zugband zu und holt einen anderen. »Für dich ist das alles in Ordnung so?«
»Jeff behauptet, man kann nicht erwarten, dass ein einziger Mann einem alles geben kann.«
»Das sagt Jeff?«
»Das sagt doch jeder. Das ist ein gängiger Ratschlag bei jeder Eheberatung. Du akzeptierst einen Mann so, wie er ist, und dann suchst du nach Wegen, die Löcher zu füllen. So wie du früher gejoggt bist.«
»Du hast ja gesehen, wie gut das funktioniert hat.« Lynn macht eine Pause, löst das Band aus ihren Haaren und schüttelt sie. Ich habe ihr ein Weihnachtsgeschenk mitgebracht, das ungeöffnet auf dem kleinen Tisch im Raum für
die Kleinkinder steht. Darin befindet sich ein Paar Stretchhandschuhe - schwarz-graues Fischgrätmuster, ein Muster, das mir elegant und dezent vorkam, das Richtige für Lynn. »Weißt du«, sagt sie, »damals, als ich zum ersten Mal gewähltes Mitglied im Kirchengemeinderat war, sind Phil und ich eines Tages sehr früh dort gewesen … nur wir beide waren da, und Phil hat angefangen von dir zu reden. Ich weiß nicht mehr, was für eine Geschichte er erzählt hat, aber am Schluss sagte er: ›Elyse ist ein unberechenbarer Mensch.‹< Und er klang stolz.«
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Phil so etwas sagt, aber okay. Lynn hat die Regale abgestaubt und fängt an, sie mit Desinfektionsmittel abzuwischen. Sie sieht finster aus, oder vielleicht kommt das auch nur von den Dämpfen.
»Weiß du, was Andy mir an dem Tag gesagt hat, an dem er gegangen ist? Er hat gesagt, dass etwas an mir nicht mehr da ist.«
»Hatte er irgendeine Idee, was das gewesen sein soll?«
»Er hat gesagt … das ist so abartig. Er hat dieselben Worte benutzt wie du eben, er hat
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