Ein Mann zum Abheben
Vierundzwanzigjährigen?«
»Soweit ich das beurteilen kann, gut.«
»Warum glaubst du, verlassen Männer manchmal ihre Frauen wegen ihrer Freundinnen und manchmal nicht?«
»Keine Ahnung.«
»Die Sache ist die: Wenn ein alleinstehendes Mädchen mit einem verheirateten Mann ins Bett geht, sagen ihr alle, sie soll nicht so dumm sein, der verheiratete Mann wird nie seine Frau verlassen. Aber wenn eine Frau nicht rund um die Uhr, sieben Tage die Woche an ihrer Ehe arbeitet, sagen dieselben Leute: ›Pass lieber auf, er wird dich noch wegen einer anderen verlassen.‹ Egal wie, die Frau scheint immer die Gelinkte zu sein. Aber was, glaubst du, ist wahrscheinlicher: Bleibt der Mann bei der Frau, an die er gewöhnt ist, oder geht er zu der Freundin, die ihn erregt?«
»Ich nehme an, dass beides eintreten kann. Wenn wir von mir sprechen, dann geht der Mann zu der Freundin, die ihn erregt.«
»Ich wollte nicht deine Gefühle verletzen.«
»Das hast du nicht. Meine Gefühle kann man nicht mehr verletzen. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. Was, glaubst du, würde passieren, wenn die Ehefrau sich wie eine Geliebte benimmt?«
»Die Ehefrau kann nie die Geliebte sein.«
»Nie?«
»Zumindest nicht für ihren eigenen Ehemann.« Ich stehe auf und mustere den Gummiboden unter mir. »Ich weiß nicht, ob hier irgendwas wirken wird.«
Lynn zuckt die Schultern. »Mir ist klar, dass du nicht ich
bist, dass wir völlig verschiedene Menschen sind, aber ich kann einfach den Gedanken nicht loswerden, dass ich mit dem, was ich unternommen habe, um meine Ehe zu retten, letztlich alles kaputt gemacht habe. Du warst … ich habe immer gedacht, wenn eine Frau tatsächlich ihren Ehemann dazu bringen kann, sich aufzusetzen und Notiz von ihr zu nehmen, dann bist du das. Als Phil zu mir gesagt hat: ›Sie ist unberechenbar‹, hat er so stolz geklungen.«
Das ist das zweite Mal, dass sie mir erzählt, Phil hätte mich als unberechenbar bezeichnet. Warum hängt sich Lynn an dem einzigen Satz auf, den Phil jemals zu ihr gesagt hat? Vielleicht liegt es daran, dass Phil so selten spricht, dass alles, was er sagt, großen Eindruck macht. Ich habe mir das schon oft gedacht: Wenn er etwas sagte, hatte es mehr Gewicht, als wenn andere Leute sprachen.
»Ich habe das auch immer von dir geglaubt. Ich habe deine Ehe für die beste von uns allen gehalten.«
Sie lacht kurz auf. »Und warum?«
»Weiß ich nicht. Du bist so intelligent.«
»Das bist du auch.«
»Da haben wir’s, und wir sind die beiden Ersten, die im Regen stehen. Offensichtlich macht ein hoher IQ eine Frau untauglich für die Ehe.«
»Das glaubst du nicht wirklich.«
»Sicher doch. Intelligenz hat keiner von uns auch nur ein Fitzelchen Gutes gebracht. Das heißt doch nur, dass sie, wären wir aus Die Frauen von Stepford , eine Woche länger brauchen würden, um uns zu klonen.« Ich höre mit dem Schrubben auf und drehe mich zu Lynn um. »Soll ich dir ein Geheimnis verraten?«
Sie sprüht mit dem Rücken zu mir die Türgriffe ein. »Weiß ich nicht.«
»Ich bin glücklich.«
»Na, das sind Neuigkeiten.«
»Erzähl’s niemandem.«
»Dein Geheimnis ist bei mir sicher.« Lynn schaut auf die Uhr. »Du musst nicht den ganzen Tag bleiben, ganz bestimmt nicht. Ich lege jetzt selber eine Pause ein.«
»Sollen wir zu Qdoba’s gehen?«
»Ich bringe mein Mittagessen jetzt immer mit. Es ist im Kühlschrank.«
Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl. Eine Erinnerung daran, dass sie sich die Kosten, die das Haus verursacht hat, nicht leisten konnte, dass sie ausgezogen ist und jetzt in einer Wohnung wohnt. Dass man erst letzte Woche eine außerordentliche Sitzung einberufen hat, um dafür zu sorgen, dass sie im Fall einer Arbeitsunfähigkeit versichert ist, bevor sie aufs Gerüst klettert und die Kirchenmauern streicht. Eine Erinnerung daran, dass Belinda einmal den Tränen nah zum Walken kam, weil sie gesehen hatte, wie Lynn an der Straße mit einem Greifer Müll eingesammelt hat.
Das Schweigen hält an. Ich klettere aus dem Laufgitter, werfe die Schwämme und das Scheuerpad in den Korb. Schließlich sagt Lynn: »Was glaubst du, schenkt Phil dir zu Weihnachten?«
»Ich weiß es schon. Einen Gasgrill.«
»Ich hab gedacht, er ist der große Grillmeister?«
»Das ist er. Aber der alte Grill ist endgültig zusammengebrochen, also hat er einen abgefahrenen neuen gekauft und eine Schleife drum gebunden.«
»Er schenkt dir etwas, das er selber benutzen will? Bist du nicht sauer
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