Ein Mann zum Abheben
hätte sich seine Show für die Männer aufheben sollen.
»Schau dir deine Hände an«, wirft Belinda plötzlich ein. »Deine und Nancys Hände sehen fast identisch aus.«
Sie hat Recht. Die Töpferscheibe hat mir Arbeitshände eingebracht, unter den kurzgeschnittenen Nägeln hat sich auf Dauer dunkelblaue Glasur eingegraben, und meine Handflächen fühlen sich immer trocken und staubig an, egal mit wie viel Lotion ich sie einreibe. Auch Nancys sehen so aus, mit lauter Farbspritzern und rot und rau von den ganzen Lösungsmitteln. Unsere Hände wirken, als hätten wir unser ganzes Leben damit verbracht, Dinge aus dem Schmutz zu klauben - was wir auf gewisse Weise wohl auch tun.
»Kelly hat tolle Hände«, sagt Phil, und auch er hat Recht. Kellys Hände sind immer makellos manikürt und in einer Art von Mona-Lisa-Haltung gebogen.
»Dank meines Salons«, erklärt Kelly.
»Ich verstehe nicht, warum Elyse nicht zur Maniküre geht«, bemerkt Phil. »Es sind die kleinen Details, die eine Frau sexy machen, aber das scheint ihr nicht klar zu sein. Du musst mir versprechen, dass du ihr das nächste Mal, wenn du zur Maniküre gehst, eins über den Schädel haust und sie mitnimmst.«
»Das wäre ziemlich sinnlos«, ich zerre seine Arme von meiner Taille, »bedenkt man, womit ich den Lebensunterhalt verdiene.«
Ich verdiene gar keinen Lebensunterhalt, und jeder, der hier steht, weiß das, allen voran Phil. Ich fürchte, dass er noch etwas sagt, aber angesichts meines Tonfalls hält er sich zurück. Er küsst mich auf den Kopf und lässt das Thema fallen.
»Wo sitzt wer?«, fragt Nancy. »Wie ich sehe, habt ihr zwei Tische.«
»Wir haben nicht genug vom guten Porzellan, um an einem zu sitzen«, antwortet Phil. »Unmittelbar bevor ihr gekommen seid, haben Elyse und ich gesagt, dass wir bis zum nächsten Jahr unbedingt etwas dagegen unternehmen müssen.«
»Ich mag das mit den zwei Tischen«, gibt Kelly zurück. »Es macht die Unterhaltung lebendiger.«
»Ganz abgesehen davon«, Lynn leert ihr Glas, »dass es das problematische Dilemma der Gastgeberin löst, wo sie die arme, bedauernswerte Geschiedene hinsetzen soll.«
Lässig hebt Nancy die Champagnerflasche hoch, als wollte sie das Etikett lesen und stellt sie dann auf der anderen Seite der Spüle und damit außerhalb von Lynns Reichweite
ab. Kelly sieht mich mit ihrer dank Botox nur halbwegs in Falten gelegten Stirn an, als wollte sie sagen, dass vielleicht ein turbulenter Abend vor uns liegt.
»Du sitzt bei mir im Wohnzimmer«, erkläre ich Lynn. »Zwischen uns setze ich Jeff, weil ich den Verdacht habe, dass er genug für zwei Männer redet.«
»Oh, unbedingt«, bestätigt Nancy. »Du und Lynn, ihr beide könnt ihn in der Mitte spalten und habt trotzdem noch genug Mann für jede von euch.«
Was ich zu Phil gesagt hatte, war nicht ganz richtig. Ich habe nicht alle Paare aufgeteilt. Kelly und Mark sitzen zusammen in dem formellen Porzellanzimmer, während ich mit dem redseligen Jeff, der durchgeknallten Lynn und dem so goldig verwirrten Michael im Esszimmer sitze. Kelly muss dadurch mit Mark und Phil fertigwerden, ist dem aber ganz bestimmt gewachsen. Sie ist die perfekte Ersatzgastgeberin und in der Lage, selbst zwei langweilige Männer wie faszinierende Gesprächspartner erscheinen zu lassen. Ich kann aus dem anderen Zimmer ihr hohes klirrendes Lachen hören, und eine flüchtige Sekunde lang frage ich mich, wieso um alles in der Welt wir beide mit unseren Männern einen schlechten Fang gemacht haben. Jeff erzählt einen langen, weitschweifigen Witz über ein Ehepaar, das sich in Therapie befindet. Meiner Meinung nach ist er ein bisschen deplatziert, aber Michael und Lynn lachen sich tot. Ich sperre meine Ohren weit auf, um die Unterhaltung am Porzellantisch mitzuhören, bekomme aber nur noch das allerletzte Ende von Kellys Bemerkung mit, etwas wie: »Ich habe sie auf dem Kochsender gesehen …«
Wahrscheinlich bezieht sie sich auf die Suppe, die die beiden Frauen aus Honduras eben hereinbringen. Sie ist ziemlich aufwendig, besteht aus einer Mischung aus zwei unterschiedlichen
Suppenarten im Yin-Yang-Muster, einer Kombination aus Kellys gerösteter Hummercremesuppe mit Kürbis und einer sämigen Suppe aus weißem Mais. Sie ist so köstlich, dass geradezu ein Raunen durch die Reihen geht, als sie serviert wird. Ich lehne mich auf meinem Stuhl zurück und entspanne allmählich. Es wird ein gelungenes Fest. Die Tische kommen gut an, und der Baum sieht toll aus.
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