Ein Mann zum Abheben
ein besorgter Gastgeber. Wenn es nach ihm ginge, würden wir jede Woche Leute einladen.
»Es sieht alles ganz toll aus«, sagt Kelly, als wir in die Küche kommen. Sie war nach Hause gegangen, um sich umzuziehen, und mir war gar nicht aufgefallen, dass sie inzwischen wieder da ist. Sie trägt einen langen grauen Seidenrock und ein preiselbeerfarbenes Wickeltop. Unwillkürlich werfe ich einen Blick in den Spiegel, der sich neben dem Telefon befindet. Meine Haare sind noch nass, und mein Gesicht sieht fleckig und matt aus. »Die anderen Frauen sind im Anmarsch«, fügt sie hinzu, als Phil an uns vorbei nach draußen fegt, um die Lichter anzumachen. »Nancy hat gerade auf der Straße eingeparkt, als ich hereingekommen bin.«
»Na toll. Schau dir meine Haare an.«
»Geh und mach dich fertig. Ich manage hier alles. Sie sind nur herübergekommen, um das Essen zu bringen - die Jungs kommen mindestens eine Stunde später. Soll ich eine Flasche Champagner aufmachen?«
Ich nicke und eile in mein Badezimmer. Mein Föhn ist laut, erst als ich ihn ausschalte, kann ich die Stimmen in der Küche hören, das Klirren von Gläsern und Tellern, den gedämpften Knall eines Sektkorkens und Kellys Stimme: »Ah … was für ein feierliches Geräusch.« Ich starre mein Spiegelbild an. Meine Haare sind gut geworden, und das silberfarbene Kleid mit den Spaghettiträgern steht mir. Ich beeile mich mit dem Make-up, und dabei fällt mein Blick auf das Telefon, das neben dem Waschtisch liegt. Die Frauen scheinen beschäftigt zu sein. Vielleicht habe ich Zeit, Gerry anzurufen. Nein, 18 Uhr 30 an einem Freitagabend ist das gegen die Spielregeln, außerdem besteht die
Möglichkeit, dass ich noch trauriger werde, wenn ich mit ihm spreche.
»Es sind die Feiertage«, erkläre ich meinem Spiegelbild. »Die bringen einen immer durcheinander.« Schließlich durchquere ich das Schlafzimmer, nehme den Stapel flacher, identisch verpackter Päckchen mit und gehe in die Küche.
»Bescherung«, rufe ich vielleicht ein bisschen zu laut. »Ihr erratet nie mein diesjähriges Thema.«
»Wir haben eben Lynns neue Handschuhe bewundert.« Kelly reicht mir ein Champagnerglas.
»Es tut mir leid, dass ich nicht einfallsreicher bin«, entschuldige ich mich, während die Frauen anfangen, an ihren Päckchen herumzuziehen. Trotz der äußerlichen Einheitlichkeit der Geschenke hatte ich bei der Auswahl von jedem Paar Handschuhe die Persönlichkeit der jeweiligen Frau im Kopf. Kellys sind aus Kalbsleder, sie waren die weitaus teuersten und spiegeln ihren Status als uneingeschränkt beste Freundin wider. Nancys sind aus weißem Mohair, der so zart wie Schneeflocken wirkt, und Belindas wildlederne in leuchtendem Rosa fand ich genau wie sie ein bisschen schrullig. Naiv passt nicht mehr so richtig zu ihr.
Ich habe die Handschuhe mit meiner neuen Kreditkarte bezahlt. Sie lautet auf meinen Mädchennamen, und ihre Eröffnung war ein Stück weit eine Realitätsprüfung. Als Ehefrau von Dr. Philipp Bearden habe ich eine Handvoll Gold- und Platinkreditkarten, mit denen ich, nimmt man alle zusammen, auf den Mond oder wenigstens durchs ganze Nobelkaufhaus Neiman Marcus kommen könnte. Als Elyse Morrison, geschieden und Teilzeit-Töpferin, habe ich Anspruch auf einen Kreditrahmen von 2500 Dollar. Die Handschuhe allerdings sind der Hit. Die Frauen stehen hinter meiner Arbeitsinsel, reichen sie herum und probieren alle anderen aus. Lynn hat ihre schwarz-grauen mit dem
Fischgrätmuster aus ihrer Manteltasche gezogen und bleibt stehen, um sich unterwegs Champagner nachzuschenken.
»Die sind so hübsch«, sagt Belinda. »Manchmal glaube ich, du kennst mich besser, als ich es selber tue. Können wir irgendwann gemeinsam einkaufen gehen?«
Nancy schaut auf.
»Sobald ich die Töpfe ausgeliefert habe, fahren wir beide zu den Outlets hinunter. Großes Ehrenwort.«
»Vielleicht können wir alle zusammen fahren«, schlägt Kelly vor.
Phil kommt vom Anschalten der Beleuchtung herein und stellt sich direkt hinter mich. Er steht so dicht an mir, dass ich einen Moment lang glaube, er hat vor, die Knie zu beugen, damit ich auch in die Knie gehen muss und wir wie in diesem dummen Schulhofspiel zusammen einknicken. Aber stattdessen umarmt er mich - in einer großen demonstrativen Umarmung umschlingt er meine Taille, um unsren Gästen zu zeigen, wie glücklich wir verheiratet sind. In diesem Haushalt gibt es keine Probleme, Punkt. Phil hat nie kapiert, wie viel Frauen miteinander reden. Er
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