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Ein Mann zum Abheben

Ein Mann zum Abheben

Titel: Ein Mann zum Abheben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wright
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    »Wenn ich gehen würde«, sagt Gerry leise, »würden meine Kinder nicht mit mir gehen.«
    Wahrscheinlich hat er Recht. Ehe ist ein Spiel, bei dem Männer und Frauen nach verschiedenen Regeln spielen. Bei dem es auch verschiedene Strafen gibt, wenn sie verlieren. Gerrys Frau würde seine Kinder behalten, und er würde zu einem Wochenendpapa werden.
    »Wenn du gehst«, er spricht noch immer mit leiser Stimme, »wenn du wirklich gehst, meine ich, was passiert dann mit uns?«

    »Nichts.« Ich mache die Autotür auf und kann ihn besser hören. Ich höre den Schmerz.
    »Nicht nichts. Wenn du Single bist, ändert sich alles.«
    »Mach dir keine Gedanken, ich würde dich nicht noch mehr brauchen.«
    »Du würdest mich vielleicht weniger brauchen.«
    Vor dem Parkplatz dekorieren ein paar alte Leute den Baum, der im Freien steht. Der Mann auf der Leiter sieht ziemlich wacklig aus. Er setzt den Stern auf die Spitze, aber er ist krumm. Die Damen, die unter ihm auf der Erde stehen, deuten mit den Fingern und reden, geben wohl Ratschläge.
    Mir wird mit Schrecken bewusst, dass Gerry Angst hat, mich zu verlieren, dass ich zu einer Frau geworden bin, die ein Mann verlieren könnte, einer Frau, die einem Mann das Herz brechen könnte. In seiner Stimme ist nicht Schmerz zu hören, sondern Furcht, und in einem dämmrigen Winkel meines Reptiliengehirns wird mir allmählich klar, dass auch Phil Angst hat. Deshalb sagte er: »Toll, du hast dreißigtausend Dollar verdient«, obwohl er genau wusste, dass es dreitausend sind. Deshalb bittet er Kelly, mich zu ihrer Maniküre mitzunehmen, deshalb geht er mit so vielen kleinen Schwertern auf mich los. Ich weiß nicht, warum es so einfach ist, die unterschwelligen Gefühle in der Stimme des Geliebten zu hören, aber so schwer, sie in der des Ehemanns zu hören. Gerry hilft mir, Phil zu verstehen, er hilft sogar, ihm zu verzeihen.
    Der Mann auf der Leiter streckt die Hand aus, um den Stern zu richten, und macht es nur noch schlimmer. Er hatte sich zu weit nach rechts geneigt, jetzt neigt er sich zu weit nach links. Die Frauen unten müssen beschlossen haben, ihm das nicht zu sagen, denn er steigt herunter.
    »Tatsache ist«, sagt Gerry, »dass du mich entweder mehr
oder weniger brauchst. Wenn du Single bist, wirst du dir einen richtigen Freund, den du ganz für dich allein hast, wünschen, und wenn ich der nicht für dich sein kann, dann gehst du zu einem anderen, der dir das geben kann.«
    »Was erwartest du, dass ich darauf sage?«
    »Sag nichts. Denk nur darüber nach, was du aufs Spiel setzt. Nicht Tory, das Geld und das Haus, denn das hast du, wie ich weiß, alles schon durchdacht. Denk über die Tatsache nach, dass du vielleicht dein ganzes Leben verlässt.«
    »Dich eingeschlossen?« Am anderen Ende der Leitung ist ein Zögern zu hören, es ist gerade lang genug, um mir meine Zukunft zu zeigen, um mir alles zu zeigen, was ich haben kann und was nicht. Ich lege meinen Kopf auf das Lenkrad. »Du willst eine verheiratete Geliebte haben«, sage ich schließlich. »Das ist sicherer. Du und ich in einem Hotelzimmer - wir sind der neue Status quo.«
    »Sag nicht so etwas. Ich werde da sein, so lange du mich haben willst.«
    Aus irgendeinem Grund fühlt sich trotz dieser Äußerung keiner von uns besser.

Kapitel 23
    Nancy fängt mich im Vorraum ab, die Arme voller Engelsflügel.
    »Du musst mir helfen. Ich gehe unter.«
    Es ist der Sonntagabend, an dem das Krippenspiel stattfindet. Ich bin gekommen, um Tory abzuliefern, und ins Chaos geraten. Zwanzig Kinder, in verschiedenen Stadien biblischer Kleidung und vollgepumpt mit süßem Gebäck, das wohlmeinende Mütter geschickt haben, jagen sich gegenseitig die Gänge des Altarbereichs hoch und runter, ihre Hirtenstäbe und Heiligenscheine aus Kleiderbügeldraht benützen sie dabei als Waffen. Außer ein paar Vätern, die den Stern von Bethlehem anbringen, sind keine Eltern in Sicht. Nancy, wie immer viel zu zuversichtlich, hat offenbar nicht genug Leute gebeten, früher zu kommen und zu helfen.
    »Trenne Jungen und Mädchen. Das bringt alle ein Stück weit runter.«
    »Belinda ist nicht da«, sagt Nancy mit leicht aufgerissenen Augen. »Ihre Eltern sind in der Stadt, deshalb habe ich ihr gesagt, sie soll sich nicht die Mühe machen …«
    »Wir schaffen es ohne Belinda.« Es überrascht mich, dass Nancy zuerst an sie gedacht hat. »Lynn wird jeden Augenblick hier sein, und ich rufe Kelly an. Willst du die Engel oder die Hirten?«

    »Ich

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