Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)
vorbeigefahren waren. Die Fische wichen Dominic aus und schwammen eilig an ihm vorbei. Er sah sich nach Kate um und konnte beruhigt sein. Sie schien keine seiner Anweisungen vergessen zu haben. Ihre Bewegungen waren sauber und akkurat.
Sie hatten sich bisher noch nicht über die Methode unterhalten, wie sie nach dem Schiff suchen sollten. Solange Kate keinen Einspruch erhob, wollte Dominic vorgehen, wie er es für richtig erachtete. Am sinnvollsten schien es ihm, im Halbkreis um die Stelle herumzuschwimmen, an der Hardesty zuletzt getaucht war, und den Halbkreis langsam immer größer zu ziehen. Auf diese Weise würden sie die „Liberty“ am leichtesten finden. Vorausgesetzt, Hardesty hatte mit seinen Vermutungen Recht.
Die Sauerstoffflaschen auf ihrem Rücken erinnerten Kate daran, dass sie den Aufenthalt auf dem Meeresboden nicht frei und unbegrenzt genießen konnte. Am liebsten wäre sie stundenlang hier unten geblieben, so herrlich fand sie das Seegras und den weichen, sandigen Boden. Übermütig streckte sie die Hand nach einem Schwarm kleiner Fische aus, die erschrocken auseinander stoben, um sich danach wieder zu einer Gruppe zu formieren.
Welch fantastische Welt! Schade, dass sie sie nicht eingehender erforschen konnte. Aber vielleicht hatte Dominic Recht mit seiner Anordnung, nur eine Stunde zu tauchen. Die zahlreichen neuen Eindrücke hätte sie sonst nicht zu verarbeiten vermocht.
Dominic entdeckte die flache, scheibenförmige Gestalt als Erster. Instinktiv griff er nach Kates Arm, um sie am Weiterschwimmen zu hindern. Es mochte zwar schön sein, den Stachelrochen dabei zu beobachten, wie er dicht über dem Boden nach Nahrung suchte, doch die Berührung mit seinem Schwanz konnte tödlich sein. Dominic schätzte die Größe dieses Rochens auf fast zwei Meter. Vorsichtig schwammen sie in großem Bogen um den imposanten Meeresbewohner herum.
Der Anblick des Rochens brachte Kate zu Bewusstsein, dass nicht alles in dieser Welt unter der Meeresoberfläche schön und traumhaft war. Es gab auch Leid und Tod. In dem Augenblick, da sie den Rochen deutlich sah, schlug das Tier mit seinem Schwanz wie mit einer Peitsche nach einem kleinen Fisch. Einmal, dann ein zweites Mal. Ein ganz natürlicher Vorgang. So war das Leben. Trotzdem wandte Kate sich rasch ab.
Nach einer Weile begegnete ihr Blick durch die Schutzmaske dem Dominics. Kate hatte erwartet, Verachtung oder sogar Belustigung über den Moment der Schwäche in Dominics Augen zu lesen. Stattdessen drückten seine Augen Wärme und Verständnis aus. Er hob die Hand und strich mit seinen Fingerspitzen zärtlich über ihre Wange, wie er es früher getan hatte, um Trost zu spenden und Kate seine Liebe zu zeigen.
Dann allerdings war der Augenblick der Vertrautheit schlagartig vorüber. Dominic drehte sich um und schwamm fort. Mit einer Handbewegung bedeutete er Kate, ihm zu folgen.
Es fiel Dominic schwer, gleichgültig zu bleiben, wenn Kate hinter ihrer Maske aus Tüchtigkeit und Förmlichkeit Anzeichen von Verletzlichkeit offenbarte. Er durfte nicht zulassen, dass sie seine Gefühle und ihn beherrschte. Was immer geschah, er musste Herr der Lage bleiben.
Dominic und Kate entdeckten keinerlei Hinweise auf ein englisches Handelsschiff. Lediglich Wrackteile eines anderen Schiffes fielen Dominic auf. Die verrosteten und mit Muscheln übersäten Metallteile stammten vermutlich von einem Unterseeboot oder einem Kriegsschiff aus dem Zweiten Weltkrieg.
Dominic beschloss weiterzusuchen, obwohl sie allein zwanzig Minuten für die Rückkehr zum Boot brauchen würden. Er wollte das Gebiet, das sie gerade untersucht hatten, ein zweites Mal auf Wracks prüfen und dann erst umkehren.
Es kam ihm vor, als suchten sie die Nadel im Heuhaufen. In den zweieinhalb Jahrhunderten, die seit dem Untergang der „Liberty“ verstrichen waren, hatte es unzählige Stürme gegeben, und auch die Meeresströmungen sowie Seebeben hatten die Lage des Wracks verändern können. Selbst wenn die Position des Schiffes zum Zeitpunkt seines Untergangs bekannt war, gehörte eine große Portion Glück neben den Berechnungen und Vermutungen dazu, das Wrack in einem Umkreis von dreißig Kilometern zu finden.
Dominic verließ sich auf sein Glück, so wie Hardesty sich wohl auf seine Berechnungen verlassen hatte. Eine Mischung aus beidem würden ihn und Kate vielleicht zur „Liberty“ führen.
Dominic schaute sich nach Kate um. Sie zeigte die gleiche Neugierde und das gleiche Interesse am Meer
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