Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)
exakt angefertigte Zeichnung. Obwohl es keineswegs sein Metier gewesen war, hatte Hardesty eine derart präzise Seekarte gezeichnet, dass sich jeder Seemann nach ihr hätte richten können. Zusätzlich zu den Linien der Längen- und Breitengrade fanden sich fein gestrichelte Linien, die unterschiedliche Meerestiefen markierten.
„Sechsundsiebzig Grad Nord und fünfunddreißig Grad Ost“, murmelte Kate vor sich hin. „Das ist das Gebiet, in dem nach den Recherchen Vaters die ,Liberty‘ untergegangen sein muss. Also südöstlich von Ocracoke.“
Die Wassertiefe in diesem Bereich würde keine mit Blei beschwerten Stiefel und Helme erforderlich machen. Eine normale Ausrüstung reichte also durchaus.
Kate warf einen letzten Blick auf das große schwarze X, mit dem ihr Vater die Stelle gekennzeichnet hatte, bevor sie die Karte sorgfältig wieder zusammenfaltete. Sie verspürte Aufregung und Abenteuerlust.
In diesem Moment hörte sie am Geräusch des Motors, dass die Geschwindigkeit des Bootes gedrosselt wurde. Gleich darauf schaltete Dominic den Motor ganz ab. Kate stand auf und stieg die Treppe hoch.
Dominic überprüfte die Sauerstoffflaschen, obwohl er das jedes Mal auch schon vor dem Verlassen des Hafens tat.
„Wir gehen hier hinunter“, sagte er zu Kate und erhob sich aus seiner gebückten Stellung. „Wir befinden uns etwa eine halbe Meile von der Stelle entfernt, an der dein Vater im letzten Sommer getaucht ist.“
Mit einer raschen, geschickten Bewegung zog er sein T-Shirt über den Kopf. Sekundenlang konnte Kate ihren Blick nicht von seinem muskulösen, braun gebrannten Oberkörper lösen. Als Dominic nun seine Jeans abstreifte, unter der eine knappe Badehose zum Vorschein kam, wandte sie sich abrupt um und bereitete sich ebenfalls auf das Tauchen vor.
Ihr Herz klopfte wild, und ihr Hals war völlig ausgetrocknet. Kate sagte sich, dass es die Vorfreude auf das Tauchen sein müsse, die sie derart nervös machte, und nicht Dominics fester schlanker Körper. Sie interessierte sich nur für Dominics Kenntnisse und seine Erfahrung. Und er dachte nur an sein Honorar und an seinen Anteil am Fund. So sollte es jedenfalls sein.
Kate entledigte sich ihrer Hose und ihrer Bluse. Darunter trug sie bereits den eng anliegenden Taucheranzug, der ihre langen Beine gut zur Geltung brachte.
Dominic zwang sich, nicht zu ihr hinüberzuschauen. Sie waren auf Schatzsuche, nur das zählte. Während er in seinen Taucheranzug schlüpfte, ging ihm der Gedanke durch den Kopf, dass manche Schätze unwiederbringlich verloren waren. Er presste seine Lippen fest aufeinander und sah nun doch zu Kate, die gerade die Nadeln aus ihrem Haar zog. Weich und schwer fiel es ihr über die Schultern. Dominics Herz krampfte sich zusammen. Mit einem energischen Ruck verschloss er den Reißverschluss seines Anzuges.
„Wir gehen heute eine Stunde lang hinunter“, bestimmte er.
„Aber …“
„Eine Stunde ist mehr als genug“, unterbrach er ihren Einwand und hob eine Sauerstoffflasche hoch. „Du bist seit vier Jahren nicht mehr getaucht.“
Er half Kate beim Anlegen der Gurte. Sie zog sie stramm, jedoch nicht zu fest.
„Das habe ich dir doch gar nicht gesagt“, bemerkte sie verwundert.
„Nein, aber du hättest mir ganz bestimmt erzählt, wenn es nicht so wäre.“
Als Kate nun verwirrt schwieg, lächelte Dominic in sich hinein und befestigte das Gurtwerk seiner eigenen Ausrüstung. Danach kletterte er auf die Leiter und stieg hinab.
Er reinigte seine Tauchermaske und spülte sie mit Meerwasser aus. Anschließend setzte er sie auf und ließ sich ins Meer fallen.
Es dauerte nicht lange, bis Kate neben ihm im Wasser war. Er wartete einen Augenblick, um sich zu vergewissern, dass ihr nicht schwindlig wurde und sie nicht vergaß zu atmen. Dann schwamm er voran in größere Tiefen.
Während Kate durch das Wasser glitt, erfüllte sie die gleiche Begeisterung wie beim ersten Mal. Welch unglaubliches Gefühl der Freiheit, im Meer tauchen zu können und dabei normal zu atmen!
Sie schaute zu den Sonnenstrahlen auf, die durch die Wasseroberfläche drangen, und hielt eine Hand hoch, um das Spiel von Licht und Schatten zu beobachten. Es faszinierte sie sehr, und fast hätte ihr dieses Erlebnis der Wiederbegegnung mit dem Meer genügt. Doch dann besann sie sich und schwamm weiter hinter Dominic her.
Dominic blickte einem Schwarm Heringsfischen entgegen und überlegte, ob dieser wohl in den Netzen des Fischerbootes landen würde, an dem sie
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