Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)
besondere Gemeinschaft.
Vielleicht würde es Dominic gefallen, Tag für Tag auf dem Wasser zu arbeiten, überlegte Kate. Aber nein, er bevorzugte die Einsamkeit und suchte nur selten das Zusammensein mit anderen. Bei manchen Gelegenheiten, so wie der jetzigen, verstand Kate ihn sehr gut.
5. KAPITEL
E twa eine Stunde nach ihrem Aufbruch ging Kate nach vorn zu Dominic. Sie glaubte, sich nun ganz in der Gewalt zu haben.
„Das Meer ist so wundervoll wie früher“, sagte sie.
„Es ändert sich kaum“, erwiderte Dominic.
Gemeinsam beobachteten sie die Möwen, die in der Hoffnung auf leichte Beute um das Fischerboot kreisten.
„In diesem Jahr haben die Fischer keinen Grund zur Klage“, bemerkte Dominic.
„Bist du häufig auf Fischfang gewesen?“
„Hin und wieder.“
„Auf Muschelsuche?“
Dominic lächelte. Er sah Kate vor sich, wie sie mit bis zu den Knien aufgerollten Jeans im Wasser stand und nach seiner Anleitung den Sand nach Muscheln umgrub. „Ja, auch.“
„Ich habe oft versucht, mir vorzustellen, wie die Insel im Winter sein mag.“
„Ruhig.“
Kate akzeptierte seine knappe Antwort mit einem Kopfnicken. „Ich habe mich auch oft gefragt, was du im Winter treibst.“
Dominic warf ihr sofort einen forschenden Seitenblick zu. „Tatsächlich?“
Vielleicht war es nicht richtig gewesen, dieses Thema anzuschneiden. Nun blieb Kate nichts anderes übrig als zu antworten. „Es wäre dumm von mir zu behaupten, dass ich in all den Jahren nicht an die Insel oder an dich gedacht hätte, Dominic. Du hast immer meine Neugierde erweckt.“
Dominic lachte. Es war typisch für Kate, die Dinge so auszudrücken. „Du warst neugierig, weil fast alle deine Fragen unbeantwortet blieben. Du denkst zu sehr in den Kategorien einer Lehrerin, Kate.“
„Bietet das Leben nicht mehrere Antworten auf eine Frage?“ konterte Kate. „Vielleicht sind zwei oder drei Antworten möglich, aber nur eine einzige ist richtig.“
„Nein, nur eine einzige ist falsch“, behauptete Dominic.
Er bemerkte den nachdenklichen Ausdruck in ihren Augen. Sie wog jetzt das Für und Wider seiner Behauptung gegeneinander ab. Bevor sie ihre Meinung kundtat, würde sie das Problem aus allen möglichen Blickwinkeln betrachten.
„Du hast dich nicht verändert“, sagte er leise.
„Das habe ich anfangs auch von dir gedacht. Wir haben beide Unrecht. Keiner von uns ist der Alte geblieben. Das ist auch ganz natürlich.“ Sie wich seinem Blick aus und schaute über das Meer. „Oh, sieh mal!“ rief sie plötzlich aus und legte impulsiv die Hand auf seinen Arm. „Delfine.“
Es waren ein Dutzend oder mehr dieser Tiere, die aus dem Wasser schossen und wieder untertauchten. Fasziniert sah Kate ihnen zu. Sie beneidete die Tiere um ihre Freiheit.
„Ist es nicht wundervoll?“ flüsterte sie. „Teil zu sein von Luft und Meer. Fast hätte ich es vergessen.“
„Was?“ Dominic ließ sie nicht aus den Augen. „Was hättest du beinahe vergessen?“
Kate wandte ihm das Gesicht voll zu. Erst jetzt bemerkte sie, wie dicht sie nebeneinander standen. Sie war Dominic unwillkürlich näher gekommen, als sie die Delfine entdeckt hatte. Sein Gesicht, sein Mund befanden sich nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. Sie spürte die Wärme seiner Haut unter ihren Fingerspitzen. Die Bedeutung seiner Worte lastete schwer auf ihr.
Kate zog ihre Hand zurück und trat einen Schritt zur Seite. „Alles, was nötig war“, erwiderte sie und fügte dann hinzu: „Ich würde mir gern die Seekarten meines Vaters noch mal anschauen. Hast du sie mitgebracht?“
„Deine Aktentasche ist in der Kabine.“ Dominic blickte nun starr geradeaus und hielt das Steuerruder fest umkrampft. „Ich nehme an, dass du allein hinunterfindest.“
Ohne zu antworten ging Kate zu der kurzen, steilen Treppe, die hinabführte.
In der Kabine befanden sich zwei schmale Liegen, deren Decken ordentlich und straff gespannt waren. Außerdem gab es eine Kombüse, und obwohl Kate wusste, dass sie die komplette Einrichtung säuberlich geordnet vorfinden würde, schaute sie nach. Der schmale Raum war rationell ausgenutzt worden.
Auch die Kabine weckte Erinnerungen. Kate sah sich und Dominic in enger Umarmung auf einer der Liegen, während das Boot sanft schaukelte und leise Jazzmusik aus dem Radio erklang.
Hastig griff Kate nach ihrer Aktentasche und öffnete sie. Sie holte vorsichtig eine Karte heraus, breitete sie auf einer der Liegen aus und vertiefte sich in die von ihrem Vater
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