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Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)

Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)

Titel: Ein Meer von Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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brauchte nur mit Blicken oder Gesten seine Unzufriedenheit, seine Enttäuschung auszudrücken. Das genügte, um Kate ein schlechtes Gewissen zu bereiten und sie zur sofortigen Änderung ihres Verhaltens zu bewegen.
    Jedermann hatte Edwin Hardesty als unermüdlichen und eifrigen Menschen gekannt. Doch all sein Streben galt seinem Beruf.
    Es versetzte Kate einen Stich, dass sie im Nachhinein von ihrem Vater lediglich sagen konnte, er sei ihr gegenüber niemals böse oder zornig gewesen. Ein unerklärliches Schuldgefühl bemächtigte sich ihrer.
    Nein, sie hatte ihn niemals enttäuscht. Er hatte es ihr selbst gesagt, nachdem sie die Aufnahme in den Fachbereich für Englisch im Yale College geschafft hatte. Kate war sich des nächsten unausgesprochenen Wunsches ihres Vaters durchaus bewusst. Er hätte es als Krönung ihrer Karriere und seiner Erziehung angesehen, wenn sie innerhalb der kommenden zehn Jahre zur Leiterin dieses Bereiches aufsteigen würde.
    Ob er sich jemals klar gemacht hat, wie sehr ich ihn geliebt und wie sehr ich mich bemüht habe, seinen Idealen zu entsprechen? überlegte Kate und schloss einen Augenblick lang die Augen. Es hatte keine Gelegenheit mehr gegeben, Antwort auf diese quälenden Fragen zu erhalten. Als sie im Krankenhaus angekommen war, war ihr Vater bereits tot gewesen.
    Jetzt saß sie allein in dem kleinen Haus auf Cape Cod, in dem sie so lange mit ihrem Vater gewohnt hatte. Die Reinemachefrau kam mittwochmorgens, der Gärtner kümmerte sich samstags um den Garten. Ihr, Kate, blieb die Aufgabe überlassen, sich mit den Dokumenten zu befassen, sie zu sortieren und auszuwählen.
    Das würde nicht schwierig sein. Kate lehnte sich weiter zurück. Praktische Dinge bereiteten ihr keinerlei Probleme. Was aber sollte mit diesen Karten geschehen? Und was sollte sie mit den sorgfältig gezeichneten Plänen und den Notizbüchern beginnen, in denen viele Hinweise, Anleitungen und Informationen standen?
    Einerseits neigte Kate dazu, sie irgendwo abzulegen und zu vergessen, andererseits spürte sie, wie ihre Fantasie angeregt wurde, wie sie sich in Träumereien verlor. So wie sie die Schönheit eines Gedichtes gefangen nahm, fesselten sie auch die Aufzeichnungen ihres Vaters.
    Und er musste von der Richtigkeit seines Tuns, vom späteren Erfolg seiner Nachforschungen überzeugt gewesen sein. Kate beugte sich erneut über den Schreibtisch. Ja, zweifellos hatte ihr Vater an einen Sinn seiner Arbeit geglaubt, sonst hätte er kaum Zeit damit verschwendet zu suchen, zu kommentieren und Theorien aufzustellen. Dem Umfang der Unterlagen nach zu urteilen musste er Monate, ja Jahre damit verbracht haben, Informationen über den Verbleib eines englischen Handelsschiffes zu sammeln, das vor mehr als zweihundert Jahren vor der Küste von North Carolina untergegangen war.
    Versunkene Schätze! Ein Thema für Hollywood-Filme oder Romane. Unwillkürlich tauchte vor Kates geistigem Auge das Bild des einbeinigen Piraten aus Stevensons Roman „Schatzinsel“ auf, der besessen nach der sagenumwobenen Insel suchte.
    Insel. Diese Vorstellung zog eine weitere Erinnerung nach sich. Ocracoke. Kate hatte alle Gedanken an jenen Sommer vor vier Jahren verdrängt. Jetzt, da sie eine Entscheidung über das Erbe ihres Vaters treffen musste, kehrten Bilder aus dieser Zeit auf der Insel vor der Küste von North Carolina mit schmerzhafter Deutlichkeit zurück.
    Sie hatte gerade mit ihrer Doktorarbeit begonnen, als ihr Vater zu ihrer Überraschung ankündigte, dass er den Sommer auf Ocracoke verbringen wolle. Natürlich folgte Kate seiner Aufforderung, ihn zu begleiten. In ihrem Gepäck befanden sich eine tragbare Schreibmaschine, unzählige Bücher und stapelweise Schreibpapier. Kate hatte nicht damit gerechnet, dass weiße Sandstrände und der Ruf der Möwen sie ablenken würden. Außerdem war sie nicht darauf gefasst gewesen, sich Hals über Kopf zu verlieben.
    Kate schüttelte leicht den Kopf, während sie an ihre hoffnungslose Liebe zu Dominic Silver dachte. Sie waren so verschieden wie Tag und Nacht. Dennoch hatte sie sich, jung und unerfahren, ganz dem Zauber jenes Sommers mit ihm hingegeben.
    Sie sah Dominic wieder vor sich, wie er am Steuer des von ihrem Vater gemieteten Bootes gestanden hatte. Sie glaubte sein Lachen zu hören, sein schwarzes, vom Wind zerzaustes Haar zu fühlen. Auch erinnerte sie sich an das unbeschreiblich schöne Gefühl der Schwerelosigkeit, das sie beim gemeinsamen Tauchen in den warmen Küstengewässern

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