Ein Meer von Leidenschaft (German Edition)
sah ihr in die Augen. „Du bist nur noch nicht soweit, es dir einzugestehen.“
„Lass mich in Ruhe, Dominic.“ Ihre Stimme zitterte leicht, sie konnte es nicht verhindern. „Lass mich in Ruhe“, bat sie noch einmal.
Dominic musste sich überwinden, Kate nicht zu schütteln, sie nicht zu drängen, endlich zu gestehen, dass sie vor vier Jahren gegangen war, weil ihr Vater es so gewollt hatte. Sie sollte ihm sagen, dass sie nicht die Kraft gehabt hatte, sich gegen den Mann aufzulehnen, von dem sie nach seinen Vorstellungen geformt worden war.
Er ließ ihre Hände los und wandte sich ab. „Also gut“, meinte er leichthin und ging zum Steuer. „Der Sommer fängt erst an.“ Er warf den Motor an und schaute Kate in die Augen. „Wir wissen beide, was solch ein Sommer bringen kann.“
6. KAPITEL
„D as Wichtigste, was du beim Umgang mit Joy beachten musst, ist die Tatsache, dass sie einen ausgeprägten eigenen Willen besitzt“, erklärte Linda und fing in letzter Minute eine Vase auf, die nach einem Stoß von Joy umzufallen drohte.
Kate beobachtete, wie die pausbäckige, schwarzhaarige Joy auf einen Ohrensessel kletterte, um ihr Spiegelbild in einem ovalen Spiegel zu bewundern. In den vergangenen fünfzehn Minuten, seit Kate Lindas Haus betreten hatte, war Joy keine Sekunde lang ruhig geblieben. Sie war flink und erstaunlich behände. In ihren Augen lag eine wilde Entschlossenheit, ihren Dickkopf auf die eine oder andere Weise durchzusetzen. Dominic hatte Recht gehabt. Seine Nichte war ihm tatsächlich in vielerlei Hinsicht ähnlich.
„Ja, das ist unverkennbar“, antwortete Kate. „Wo nimmst du nur die Energie her, ein Restaurant und einen Haushalt zu führen und nebenbei diesen Wirbelwind zu beaufsichtigen?“
„Von Vitaminen“, offenbarte Linda. „Von unzähligen Vitaminen. Joy, lass die Finger vom Spiegel!“
„Joy!“ rief das Kind aus und schnitt sich Gesichter im Spiegel. „Schön, schön, schön.“
„Das Selbstbewusstsein der Silvers“, meinte Linda trocken. „Es kommt immer wieder durch.“
Kate lachte und sah zu, wie Joy rückwärts von dem Sessel herunterkletterte und auf ihrem mit Windeln gepolsterten Hosenboden landete. Mit wenigen Handstreichen zerstörte die Kleine einen Turm aus Holzklötzen, den sie erst vor wenigen Minuten aufgebaut hatte.
„Sie ist wirklich hübsch“, sagte Kate. „Und wenn sie es selber weiß, zeigt das nur, wie klug sie obendrein ist.“
„An dieser Klugheit zweifle ich besonders dann, wenn sie Zahnpasta nicht zum Zähneputzen benutzt, sondern eine ganze Tube auf dem Boden des Badezimmers verteilt.“ Seufzend lehnte sich Linda im Sofa zurück. Sie genoss es, die Montagnachmittage mit ihrer Tochter verbringen zu können. Es waren die einzigen Stunden, in denen das Restaurant nicht ihre Zeit beanspruchte. „Du bist jetzt schon seit einer Woche auf Ocracoke, und wir hatten noch keine Gelegenheit, ausführlich miteinander zu reden.“
„Du bist sehr beschäftigt.“ Kate beugte sich vor, um über Joys schwarzes Haar zu streichen.
„Du auch …“
Kate hörte die Frage aus Lindas Worten heraus und lächelte. „Du vermutest, dass ich nicht zum Fischen und Sonnenbaden auf die Insel gekommen bin, stimmt’s?“
„Also gut, warum soll ich länger taktvoll um den heißen Brei herumschleichen, wenn ich vor Neugierde platze“, gestand Linda. „Was machst du mit Dominic denn den lieben langen Tag draußen auf dem Meer?“
„Wir suchen nach einem Schatz“, entgegnete Kate wahrheitsgemäß.
„Ach so.“ Ohne sonderlich erstaunt zu sein, nahm Linda diese Mitteilung zur Kenntnis. „Den Piratenschatz.“ Sie rettete die aufkeimenden Blüten eines Veilchens vor den neugierigen Tastversuchen ihrer Tochter und gab Joy eine Gummi-Ente. „Mein Großvater weiß noch Geschichten von diesem sagenumwobenen Schatz zu erzählen. Er sollte angeblich das Lösegeld für einen König sein. Ich habe mir immer vorgestellt, dass er irgendwo an Land vergraben ist.“
„Wir suchen nicht den Piratenschatz“, sagte Kate. Sie kannte die unzähligen Geschichten, die entlang der Küste kursierten und besonders hier auf Ocracoke, die als Pirateninsel aus früheren Zeiten bekannt war. Im Gegensatz zu den Recherchen ihres Vaters hielt sie die Geschichten für Hirngespinste. „Mein Vater hat Nachforschungen nach dem Verbleib eines englischen Handelsschiffes angestellt, das im achtzehnten Jahrhundert vor der Küste gesunken ist.“
„Dein Vater?“ Linda staunte. Den
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