Ein Mensch wie Du
bindend! Ich kann ihn nicht rückgängig machen! Der Vorverkauf hat schon begonnen, die Plakate hängen in München. Die Rundfunkstationen haben die Programme herausgegeben.«
»Sprich du mit ihm.«
»Ich werde es müssen.« Caricacci sah zerknirscht auf Corani, der ihnen den Weg nachgelaufen kam. »Wenn man ihn so sieht, ist er der große Junge geblieben. Wenn ich an die Höhle bei Epidauros denke, in der ich ihn entdeckte! Was ist aus ihm geworden!«
Francesco Corani hatte die beiden erreicht, er hakte sich bei Sandra unter und legte den anderen Arm auf Caricaccis Schulter.
»Sandra sagte vorhin zu mir, daß sie gerne wieder nach München will!« Caricacci warf einen schnellen Blick auf Sandra, der Ratlosigkeit und Frage gleichzeitig bedeuten sollte. Sie blinkerte ihm erstaunt zu. »Was hältst du davon, Caricacci?«
»Wenig … Sehr wenig!« Hilflos sah er wieder zu Sandra. »Was sollen wir in München?«
»Das frage ich mich auch!« Corani lächelte seinen Lehrer und Manager an. »Was sollen wir in München?! Wo jeder weiß, daß ich nicht nach Deutschland will!«
»Da hast du recht! Ich würde auch hier bleiben!«
Corani nickte und klopfte Caricacci auf die Schulter. »Mein Armer«, sagte er dabei mit heuchlerisch trauriger Stimme. »Was machst du nun mit den Münchner Verträgen …«
»Francesco!« Caricacci blieb ruckartig stehen, er wurde blaß.
Sandra umklammerte Coranis Arm, aber es war unnötig, denn er lachte laut und schüttelte den Kopf.
»Glaubt ihr, ich bin so weltfern, daß ich nicht merke, wie ihr seit drei Monaten mit allen Tricks versucht, mich nach München zu bekommen, weil Caricacci schon fest abgeschlossen hat?! Kinder – noch bin ich nicht soweit, daß ich meinen letzten Geist weggesungen habe!« Er faßte den Professor an den Rockaufschlägen. »Wie ist das nun? Stimmt's?!«
»Ja, Francesco.« Caricacci schluckte. »Drei Abende mit ›Troubadour‹.«
»Gauner!«
»Francesco …«
Corani winkte ab. »Schon gut! Immerhin hat sich Sandra alle Mühe gegeben, mich nach Deutschland zu bringen.«
»Du bist gemein, Liebling!« Sie stampfte auf und wandte sich schmollend ab. Corani sah von einem zum anderen. Caricacci stand in der Sonne, schwitzend, mit offenem Hemd, verlegen und den Panamahut in den Händen drehend. Sandra in einem dünnen Nylonkleid spielte die gekränkte Geliebte.
»Was soll man da tun?« sagte Corani bewußt ernst. »Am besten ist, ich trenne mich von euch allen beiden!«
»Bitte!« rief Sandra spitz, aber in ihre Augen kam ein gefährliches Leuchten. Caricacci zerknüllte seinen Hut zwischen den Fingern.
»Francesco«, sagte er bittend. »Wir können versuchen, den Vertrag wegen Krankheit zu annullieren.«
»Hm.« Corani trat auf seinen Lehrer zu und stieß ihn lachend in die Seite. »Bin ich eigentlich ein solch eingebildetes, dummes, launenhaftes Tier geworden, daß ihr alle Angst vor mir habt?! Das will ich nicht! Wir sind doch auf Gedeih und Verderben alle miteinander verbunden. Was ich bin, bin ich durch dich, Caricacci! Das vergesse ich nie! Also – wann fahren wir nach München?!«
»In sechs Tagen!« schrie Caricacci fröhlich. »Francesco, amigo mio!« Er umarmte Corani stürmisch vor allen Leuten und gab ihm einen Kuß auf die Backe. »Du bist mir nicht böse?«
»Eigentlich ja. Weil ihr mich alle wie ein Wundertier anseht und nicht wagt, ehrlich zu mir zu sein! Fresse ich euch denn?«
»Du brüllst!« sagte Sandra spitz.
»Jawohl! Ich brülle!« Und plötzlich schrie er laut: »Sandra!«
Sie fuhr herum, entsetzt, bleich werdend, in ihren Augen flatternde Angst. »Ja?!«
»Her zu mir!« Er hob die Arme. »Sofort einen Kuß!«
»Madonna mia!« sagte Caricacci und wandte sich ab. »Er ist doch verrückt!« Aber dabei lachte er, und die vielen Menschen auf der Piazzetta von Capri lachten mit und sahen auf das Paar, das sich mitten auf dem Platz küßte, als bestehe die Welt nur aus ihrer Liebe.
Nicht umsonst nennt man Capri die Insel der Liebenden …
Greta Sanden hatte in den Zeitungen gelesen, daß zum erstenmal der große Tenor Francesco Corani in Deutschland sänge. Sie hatte nie ein Bild des Sängers gesehen, und auch die Zeitungen brachten diese Nachricht im Feuilleton in einem Artikel über den Sänger, dem keine Fotografie beigegeben war.
Seit eineinhalb Jahren lebte Greta Sanden jetzt in einer kleinen Wohnung im Kölner Vorort Lindenthal. Sie war nicht mehr in dem Textilgeschäft beschäftigt und mußte nicht mehr Unterhosen und
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